K A P I T E L 46 - Herzstillstand

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Wer hätte gedacht, dass der unbesiegbare Emir Sönmez einen Schwachpunkt hat? Ich hatte es letztendlich gefunden. Sie war Einsamkeit. Bittere Einsamkeit.
Langsam fanden sich die Puzzleteile in meinem Kopf zusammen.
Emir und Okan - waren wahrscheinlich zwei enge Freunde. Doch Emir hat den Krieg angezettelt und ist nun vereinsamt. Sein bester Freund ist weg. Ich weiß zwar nicht was zwischen ihnen passiert ist, doch Emir will Okan hassen. Er verabscheut ihn so sehr, doch vermisst ihn unheimlich. Würde er Okan umbringen wollen, könnte er das sofort tun. Doch er kann es nicht. Denn ein Teil von Emir hängt noch an seiner alten Freundschaft.
Emir ist kein gefühlsloser Mensch, er benutzt das nur als Maske, um stark auszusehen.

„Also Miss Gürsoy, ich gehe dann. Gute Besserung.", verabschiedete sich Emir und näherte sich der Türe.
„Emir", rief ich, bevor er ging. Aufmerksam drehte er sich zu mir um.
„Warum hast du den Weg gewählt gefühllos zu sein, anstatt die Probleme zu lösen?", fragte ich. Damit hätte er nicht gerechnet.
„Es gibt nichts zu lösen! Außerdem bin ich nicht gefühllos!", warf er vor.
„Ich sage dir nur eins. Einsamkeit tut weh."
„Einsamkeit?", fragte er skeptisch. Fast schon wütend.
„Ich brauche keine Analyse Psychologin. Geh und kümmere dich um dein eigenes Ding!", sagte er und verließ abrupt das Zimmer.
Du bist verdammt einsam Emir ...

Am Vormittag

Heute verließ ich endlich das Krankenhaus. Ich war froh, dass ich nach Hause gehen durfte.
Didem half mir beim Einpacken, während sich meine Eltern um das Papierkram kümmerten.
„Du darfst zwar nach Hause gehen, aber du musst dich ausruhen. Vergiss es nicht.", warnte mich Didem.
„Jaa, werde ich schon machen. Meine Hand tut noch weh, ich kann in dem Zustand nichts Großes machen."
„Eigentlich muss ich dir etwas sagen.", wandte sich plötzlich Didem zu mir.
„Was?", fragte ich verwirrt. Sie sah ernst aus. Kurz schaute sie sich um.
„Gestern ... ist Okan gekommen.", sagte sie auf einmal.
„Was?!"
Hatte ich richtig gehört? Okan ist gekommen? W-wer hat es ihm gesagt? Wo hat er vom Unfall erfahren? Er wollte mich sehen?
„Mama hat ihn aber weggeschickt.", fügte sie hinzu. Was?
Sie hat ihn weggeschickt ...
„Wieso ist er gekommen? Wollte er etwas sagen?", fragte ich voller Aufregung. Ein Lächeln hatte sich auf meinem Gesicht gebildet.
„Ich weiß nicht! Er wollte dich aber unbedingt sehen und war ziemlich besorgt.", sagte sie.

Jegliche Gefühle stürmten durch meinem Kopf.
Hat sich Okan Sorgen um mich gemacht? Wieso hat er mich aber so verletzt? Musste ich mich unbedingt dem Tod nähern, um wichtig zu sein?
„Wir können gehen.", betrat meine Mutter das Zimmer und riss mich von meinen Gedanken weg.
Ich nickte und stand auf.

Als ich zu Hause ankam, ging ich schnell duschen und räumte danach mein Zimmer auf. Ich musste mich ablenken. Mein Kopf war bei Okan geblieben. Er wollte mich sehen. Was wollte er mir sagen?
„Eylem?", hörte ich meine Mutter das Zimmer betreten. Mit einer Tasse näherte sie sich mir. Ich stapelte die Bücher auf dem Schreibtisch aufeinander und wandte mich dann zu ihr. 
„Das ist für dich.", legte sie lächelnd die heise Schokolade auf dem Tisch ab. Hmm, es roch lecker. Ich nahm ein Schluck bedankte mich.
„Ruhe dich aus, du hast gehört, was der Arzt gesagt hat.", erinnerte sie mich.
„Ich lag schon tagelang im Krankenhaus!", klagte ich und setzte mich hin.
„Dein Zimmer ist ordentlich genug.", meinte sie und setzte sich zu mir. Ich konnte die Müdigkeit und Trauer in ihren Augen erkennen.
„Was ist los? Du bist plötzlich so still geworden?", fragte sie verwirrt. Meine Mutter bemerkte alles ...
„Ist Okan gekommen?", sprach ich direkt das Thema an.
„Das hat dir Didem gesagt, oder?", stand sie auf.
„Ja!", bestätigte ich.
Enttäuscht schaute sie mich an.
„Okan hat dir nur geschadet! Er darf nicht in deine Nähe! Jemandem, der als Mörder bezeichnet wird, kann ich nicht meine Tochter anvertrauen ...", sagte sie.
„Du kennst ihn nicht!", sicherte ich.
„Das will ich auch nicht! Ich will nur, dass er sich von dir fern hält!", forderte sie. Tränen füllten sich in meinen Augen.
„Ich will meine Tochter nicht verlieren! Das Thema ist hier beendet!", sagte sie zuletzt und ging.

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt