K A P I T E L 59 - Unser Wendepunkt

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Eylem
Das letzte mal laß ich meine Aufschriebe durch und ging sicher, dass ich alle Aufgaben Richtig gelöst hatte. Mein Herz raste immer noch. Ich war nervös wegen der Prüfung. Die Tage waren so schnell vergangen, dass es schon Freitag war. Tief atmete ich durch und verließ meinen Platz. Danach übergab ich der Aufsicht meine Prüfung und verließ den Saal.

Ich fühlte mich so erleichtert. Im Flur traf ich auf meine Freunde, die auf mich warteten.
„Das ging schnell Eylem.", meinte Demet.
„Ich hoffe, dass ich nicht durchfalle!"
„Das wirst du schon nicht! In den letzten Tagen haben wir wie besessen gelernt! Kopf hoch!", versuchte mich Esra aufzumuntern. Zusammen gingen wir Richtung Ausgang.
„Ich bin so müde und ich muss bei der Eröffnung der Boutique auftreten.".
„Ich würde dich gerne begleiten. Aber wie du weißt kann ich heute nicht kommen.", sagte Esra.
„Ist schon in Ordnung. Ich werde nicht alleine sein. Didem ist da, meine Cousinen kommen, Onur ist auch da."
„Onur?", fragte Demet verwundert.
„Habe ich da etwas verpasst?", meinte sie danach.
„Nein, wir sind nur gute Freunde. Dadurch, dass unsere Mütter zusammen arbeiten, sehen wir uns öfter.", erklärte ich. Rasch zog sie die Braue in die Höhe.
„Zwischen Onur und mir ist nichts.", sicherte ich.
„Ich muss aber sagen, dass er gut aussieht. Gut aussehend und nett. Eine seltene Kombination.", meinte Esra.
„Habt ihr nichts besseres zu tun?", fragte ich. Sie sind so albern.
„Der Liebe werde ich mich nicht mehr nähern.", sicherte ich.

Draußen verabschiedeten wir uns und trennten die Wege. Ich ging zu meinem Auto und fuhr los. Es war 12:08. Während der Prüfung hatte ich mein Zeitgefühl verloren. Ich war jetzt schon müde. Wie sollte ich den Tag bestehen?
Ich wollte nicht nachhause gehen. Anstatt abzubiegen, fuhr ich auf der Autobahn weiter. Ich war in Gedanken versunken.
Mein Kopf machte nichts mehr mit. Ich wollte auf stopp drücken, doch es gab keine Taste. Das Leben ging weiter. Die Lücke in mir wurde immer größer. Die Lücke, die mir Okan geöffnet hatte. Man sagt, dass die Zeit Wunden heilt. Doch mir öffnete die Zeit Wunden. Diese Stille zerriss meine Seele.

Nach zwanzig Minuten blieb der Wagen stehen. Und zwar am Hügel.
Ich stieg aus und blieb kurz stehen. Genau da vorne hatte ich Okan umarmt.
Langsam ging ich auf die Stelle zu. Als ich die Augen schloss spürte ich beinahe die Umarmung. Wie werde ich mich an Okans Fehlen gewöhnen? Ich weiß nicht mal, wann er gehen wird. Er wird einfach still verschwinden! Als ob wir uns nie begegnet seien. Wie soll ich das aushalten? Ich weiß nicht, ob ich ihn je vergessen werde. Ich weiß nur, dass er mir die schmerzhafteste Wunde meines Lebens hinterlassen wird!

Ich schloss wieder die Augen auf und blickte die Aussicht an. Meine Sicht wurde immer verschwommener, bis ich eine Träne verlor. Es tat so verdammt weh!
Im nächsten Moment fing mein Handy an zu klingeln. Es müsste meine Mutter sein. Auf dem Bildschirm erschien wie vermutet ihre Nummer. Tief atmete ich ein, bevor ich ran ging.
„Eylem wo bist du? Wir warten auf dich.", kam mir ihre hektische Stimme entgegen.
„Ich bin auf dem Weg. Bin gleich da.", sagte ich.
„Gut. Beeil dich bitte. Wie war deine Prüfung?"
„Ganz in Ordnung. Zuhause können wir reden. Bis gleich.", beendete ich das Gespräch.
„Bis gleich.", legte sie auf.
Das letzte mal schaute ich mich um.
Ah Okan, ich wünschte wir wären uns nie begegnet. Ich wünschte...

Als ich den Treppenhaus hoch stieg, hörte ich schon Stimmen aus unserer Wohnung. Meine Tanten waren schon gekommen. Als ich im zweiten Stockwerk ankam, schloss ich die Haustüre auf und betrat die Wohnung.
Ich zog meine Jacke aus und hing sie auf. Danach ging ich ins Wohnzimmer und begrüßte alle.
„Gehe dich schnell vorbereiten.", bat mich meine Mutter. Ich nickte und verließ wieder das Wohnzimmer.
„Eylem?", hörte ich plötzlich im Flur.
Meine Cousine Derya war gekommen.
„Derya!", drehte ich mich um und wurde in eine Umarmung gezogen. Wir hatten uns nach der Hochzeit nicht mehr mehr gesehen.
„Du siehst gut aus! Wie es scheint geht es dir gut mit Serkan.", teilte ich mit.
„Da hast du Recht. Doch was ist mit dir los? Du wirkst so müde und kraftlos.", war ihr aufgefallen. Kurz hielt ich inne.
„Die Prüfungszeit hat mich bisschen strapaziert.", log ich.
„Du musst dich wieder stärken! Du musst nächste Woche Samstag mit den anderen zu uns kommen. Ich habe alle Cousins und Cousinen eingeladen."
„Gute Idee. Mal schauen, was du alles drauf hast.", sagte ich und lachte. Ich erinnere mich noch gut, als wir zusammen Pizza backen wollten und es in die Hose ging. Sie hatte vergessen die Pizza aus dem Ofen zu holen und am Ende hatte es sich zu Kohle verwandelt.

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt