K A P I T E L 23 - Für immer verlassen

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"Und du wirst nie die schöne Stille erleben! Denn meine schmerzhaften Erinnerungen frischt du bei jedem Auftreten auf ..."

Mein Körper war plötzlich wie gelähmt. Ich hielt den Atem an und schloss kurz die Augen. Was meinte Okan mit meine schmerzhaften Erinnerungen frischt du bei jedem Auftreten auf?
Ich wandte mich zu Okan, der mit vollen Augen auf den Boden blickte.
"Okan - ich verstehe dich nicht!", sagte ich und suchte sein Blick.
"Verstehe mich nicht, hör mir nur zu. Vergiss mich einfach. Lösch mich aus deinem Gedächtnis.", meinte er und schaute mich an. Seine Stimme war brüchig. Ich wusste, dass er Hilfe brauchte! Er war schwach und wurde immer schwächer ...
"Lebe wohl Eylem!", sagte er zuletzt und drehte sich um. Er kann nicht einfach gehen! Er konnte nicht so gehen! Jeder Schritt, der ihn von mir wegführte, ließ mein Herz mehr brechen. War es so einfach Abschied zu nehmen?
"Okan!", rief ich und lief ihm hinterher.
"Du kannst nicht einfach gehen!", schrie ich. Tränen verließen meine brennenden Augen. Er ging einfach!
"Okan!", rief ich erneut und rannte ihm hinterher.
"Gitme! (Geh nicht!)", forderte ich und packte ihn fest.
Er drehte sich um und blickte mich an. Vielleicht das letzte mal! Vielleicht würde ich nie wieder mehr in diese wunderschönen Augen blicken!
"Gidemezsin! (Du kannst nicht gehen!)", sagte ich. Er nahm meine Hand und nahm sie in seine. Sie waren eiskalt. Kurz zuckte ich zusammen.
"Ben elim kadar soğuğum. (Ich bin so kalt wie meine Hand.) Seni de üşütmek istemiyorum. (Ich will dich auch nicht frieren lassen.)", sagte er und ließ meine rechte Hand wieder los. Ich wollte irgendetwas machen und ihn abhalten! Doch er drehte sich um und ging. Mit Fragezeichen in meinem Kopf, die er hinterlassen hatte, ging er.

Lange schaute ich ihm hinterher. Ich wollte mich umdrehen und in seine Arme springen. Ihn so fest halten, dass er nie wieder mehr ging!
"Vielleicht war deine Hand die einzige, die mein Herz erwärmte!", rief ich und atmete tief ein und aus. Ohne lange nachzudenken, machte ich mich fort und drehte mich kein einziges mal um. Obwohl ich mich so sehr nach ihn sehnte, ging ich mit schnellen Schritten weiter.

Mein Herz zog sich zusammen. Wird Okan wirklich gehen? War alles umsonst? Desto mehr ich daran dachte, desto mehr machte ich mich verrückt. Tief atmete ich ein und versuchte mein Atem zu regulieren. Ich blinzelte die Tränen weg und schloss die Augen. Ich musste ihn aufhalten! Er hat mich für immer verlassen ...

Dienstag
In ein paar Tagen war die große Prüfung und ich verstand immer noch nichts! Ich würde so durchfallen!
Verzweifelt grub ich mein Gesicht in die Hände und stützte meine Ellenbogen am Tisch. Ich zog die Bücher vor mir zur Seite und legte mein Kopf auf den Tisch. Mein Blick ruhte auf einem Bücherregal. Müde schloss ich die Augen zu. Seit zwei Tagen waren meine Gedanken nur bei Okan. Er ging mir nicht aus dem Kopf ... Ich muss ihn aber vergessen. So kann es nicht weitergehen, ich muss-

"Ist hier frei?", hörte ich auf einmal von hinten und wurde von meinen Gedanken weggerissen. Sofort drehte ich mich um und erblickte einen großen jungen Mann. Onur?
"Äh, ja", gab ich verträumt von mir und fing schnell an meine Bücher wegzuräumen.
"Ist nicht nötig.", meinte er und setzte sich lächelnd hin. Verlegen lächelte ich ihm zurück. Er hatte keine Bücher und Lernmaterialien bei sich. Wieso war er dann zur Bibliothek gekommen?
"Hast du Zeit?", fragte er.
"Ja"
"Können wir reden?", fragte er dann.
"Ja ...", gab ich unsicher von mir. Worüber wollte er mit mir reden?
"Tut mir leid, dass ich dich beim Lernen unterbreche, es ist aber wichtig.", meinte er.
"Ich wollte ehe gleich zusammenpacken."
Ich war immer noch verwirrt. Was wollte er sagen? Wie hatte er mich gefunden? Was war so wichtig?
"Gut ... Können wir aber ein einem ruhigen Ort? Wäre besser, wenn wir unter vier Augen reden ...", meinte er und schaute sich um.War es so geheim?
"Na gut.", stimme ich mürrisch zu und fing an meine Sachen einzupacken.
Als ich fertig war, standen wir auf und machten uns fort. Es fühlte sich seltsam an, Onur nach so langer Zeit wieder zu sehen und neben ihm zu sein. Vor allem wegen unserer Bekanntschaft ...
"Hast du ein Laptop dabei?", fragte er.
"Nein"
Was hatte er mit einem Laptop vor?
"Wir können in meinem Auto reden, ist gleich da vorne am Straßenrand.", schlug er vor, als wir draußen ankamen.
"Okay, wenn es so geheim ist ...", stimmte ich verwirrt zu.
Ein leichter Regen hatte angefangen und die Sonne schien schwach am Himmel. Tief atmete ich die frische Luft ein.

Onur entriegelte sein Mercedes und öffnete mir die Türe. Dankend setzte ich mich ins Auto rein.
"Also, um was geht es?", fragte ich, nachdem sich Onur auch reingesetzt hatte.
"Ich will mich zwar nicht in deine Angelegenheiten einmischen, doch ich habe aber etwas gefunden, dass dir, oder vielleicht uns weiterhelfen könnte.", meinte er und holte etwas aus seiner Jackentasche raus. Ein kleiner Papierumschlag? Was war darin?
"Hier sind die Aufnahmen der Tiefgarage.", sagte er plötzlich und holte eine CD raus.
Entgeistert schaute ich die CD an und hielt die Luft an. Hatte er das gerade ernst gemeint?
"Wie bist du ... daran gekommen?", fragte ich verwundert.
"Wenn man sich bemüht, findet man es auch. Ich habe mit dem Sicherheitsbeauftragten gesprochen und mit bisschen Geld habe ich es dann bekommen.", meinte er und lächelte. Wow! Er hat ernsthaft die Aufnahmen gefunden!
Onur steckte sich zur Rückbank und griff nach seinem Laptop. Er lud sein MacBook hoch und schob die CD ein.
"Warst du bei der Polizei?", fragte er und wandte sich zu mir.
"Nein"
"Wieso?", fragte er darauf verwirrt.
"Ich ... weiß nicht. Ich hatte Angst. Und Beweise gab es ja auch nicht."
"Jetzt aber schon.", meinte er, worauf ich nickte.
"Ich bin gespannt. Ich hoffe wir sehen den Täter. Die Aufnahmen habe ich erst heute Morgen bekommen und wollte sie mit dir anschauen.", sagte er und gab sein Passwort ein.
"Oder willst du es alleine anschauen?", fragte er.
"Nein, lieber nicht. Danke Onur! Wirklich! Du hättest dich gar nicht so bemühen müssen.", sicherte ich.
"Bitte. Der kriminelle Typ muss gefangen werden und dafür werde ich mein Bestes geben. Er könnte auch andere Verletzten und das muss ein Ende finden.", sagte er und schaute gespannt auf das Bildschirm.
"Bist du bereit?", fragte er.
"Ja", gab ich unsicher von mir. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Ich war aufgeregt und alles spielte sich vor meinen Augen wieder.

"Ich sehe nichts, das blendet.", beschwerte ich mich und rückte näher an das Bildschirm.
"So besser?", fragte er und drehte sein Laptop in meine Richtung. Ich nickte und schaute gespannt weiter.
In den ersten Sekunden war niemand zu sehen und alles war still. Doch dann fuhr ein schwarzes Auto in das Parkhaus ein.
"Warte!", sagte ich und drückte auf stopp.
"Man sieht das Kennzeichen!", machte ich Onur aufmerksam. Er zoomte an das Auto und versuchte die Zahlen zu entziffern.
"S ... DM ... 236", konnte er herauslesen. Sofort notierte ich mir das. Ich drückte weiter und schaute aufmerksam zu. Der Mann fuhr weiter und parkte im Untergeschoss.
Danach stieg er aus und fing an zu telefonieren. Sofort stoppte Onur und zoomte auf sein Gesicht. Doch man sah sein Gesicht nicht deutlich.
"Wir wissen ja wie er aussieht, aber wir brauchen aber ein Beweisbild!", regte ich mich auf.
"Ja. Er muss aber ein Amateur sein. Niemand würde ein Verbrechen an einem Ort begehen, indem es Kameras gibt.", meinte Onur drückte wieder auf Start. Er hatte Recht ...

Womöglich wusste der Typ von den Kameras und hatte eine Cap aufgezogen.
"Das hat er bestimmt mit Absicht gemacht! Alles war bestimmt geplant!", sagte ich und wurde langsam wütend. Wer war dieser Typ und was wollte er von mir? War das einer von Emirs Männern? Oder hatte er uns doch angelogen?
Der Verbrecher lief hoch auf das zweite Stockwerk, wo ich geparkt hatte. Ich hielt die Luft an. Alles spielte sich vor meinen Augen wieder.
"Alles in Ordnung?", fragte Onur und wandte sich zu mir. Ich blickte zu ihm und nickte. Mir war garnicht aufgefallen wie nah wir uns gekommen waren und wich nach hinten.

Der Mann wartete eine Weile bis ich kam. Und den Rest weiß ich ja ...
"Das reicht.", sagte ich und drückte auf stopp. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Meine Augen füllten sich langsam. Nicht jetzt!
"Lass uns zur Polizei gehen.", bat Onur und klappte sein Laptop zu.
"Ich fühle mich noch nicht bereit!", gab ich zittrig von mir wieder.
"Verstehe. Benachrichtige mich, wenn du dich bereit fühlst."
"Außerdem haben wir kein Beweis außer das Kennzeichen! Es könnte auch ein gestohlenes Auto sein!"
"Könnte möglich sein, du musst aber zur Polizei. Es könnte weitergehen!", warnte er mich. Ja, es könnte weitergehen! Onur wusste nicht mal von Emirs Bestechungen ...

"Ich, gehe lieber.", sagte ich und wollte gehen.
"Warte. Ich gebe dir meine Nummer, damit du mich jederzeit anrufen, wenn du bereit bist.", hielt er mich auf.
Bevor ich ging, tauschten wir noch unsere Nummern aus.
"Danke Onur, aber du brauchst das ganze gar nicht zu machen.", sagte ich zuletzt und stieg aus.
Ich hatte schon genug um den Ohren, da will ich Onur auch nicht mit einziehen ...
Werden wir den Täter finden?

1541 Wörter

Fortsetzung folgt

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt