K A P I T E L 53 - Schmerzhaft schöne Leere

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„Was sagt er Okan! Stimmt das?", wandte ich mich schockiert und wutentbrannt zu ihm. Meine Sicht wurde verschwommener. Tränen sammelten sich in meinen Augen.
„Okan sag was!", forderte ich. Doch er blickte nur leer in die Ferne.

Es fühle sich so an, als ob alles um mich stehen würde. Die Zeit, mein Atem, mein Herz - alles war stehen geblieben. Ich konnte nur eins spüren. Und zwar einen Schmerz auf meiner linken Brusthälfte. Tief atmete ich ein. Dieser Schmerz in mir verging nicht. Ich war nicht mehr fähig zu reden. Ein Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet.
Befand ich mich in der Realität? Hatte ich richtig gehört?
Nein. Nein! Okan kann nicht gehen!
„Schweig nicht! Sag das Emir verdammt nochmal gelogen hat!", löste ich mich aus der Starre und packte Okan am Oberarm.
Ich suchte sein Blick, doch er schaute immer noch in die Ferne.
„Es - tut mir leid Eylem ... Ich-"
„Dir tut es leid? Das ist alles, was du sagst?! Und mir tut es weh!", unterbrach ich ihn tränenerfüllt.
Verdammt! Er darf nicht gehen!
„Ich hatte an dich geglaubt! Wieso hast du mir Hoffnungen gemacht, wenn du abziehen wolltest!", schluchzte ich und drückte ihn weg von mir.
Was sollte er auch sagen? Was kann in so einer Situation sagen? Was konnte man sagen, wenn man jemandem im Stich lässt?

Ich wischte die Tränen weg und drehte mich um. Meine Seele brannte! Alles in mir brannte! Okan wollte also von Anfang an gehen. Warum ist er dann noch hier geblieben? Er hatte mir immer wieder gesagt, dass er gehen will. Wieso habe ich das die ganze Zeit überhört? Warum hat er mich aber in den letzten Tagen so gut behandelt? Ich fand keine Worte für ihn ...
„Eylem! Es gibt Dinge, wovon du nicht weißt!", rief er. Seine Schritte näherten sich.
Dann sollte er mir davon erzählen!
Im nächsten Moment spürte ich seine Hand auf meiner Schulter. Abrupt drehte ich mich zu Okan.
„Sakın bir daha konuşma bana! Yoksa seni kırarım! Git! (Wehe du sprichst mich noch einmal an! Sonst verletze ich dich! Geh!)", warnte ich ihn. Tränenerfüllt blickte er mich an. Wie bedenkenlos konnte ich sein? Wie konnte ich Okan vertrauen? Wie konnte ich jemandem trauen, der seine Gefühle verloren hat? Ich hasste die Liebe! Ich wollte mein Herz rausreißen ... Noch nie hatte ich so ein Schmerz gespürt. Jede Zelle in mir schien sich abzuschalten. Es fühlte sich so an, als ob ich von meiner Seele getrennt wurde.
„Bir dakika dinle beni! Böyle öğrenmeni istemezdim! Ama diyemedim sana, gerçekten- (Hör mir einen Moment zu! Ich wollte nicht, dass du es auf dieser Weiße erfuhrst! Doch ich konnte es dir nicht sagen, wirklich-)"
„Yolun açık olsun, tamam mı? Nerede mutlu olacaksan orada ol! Ve benden uzak ol! (Ich wünsche dir noch ein schönes Leben, okay? Sei dort glücklich, wo du glücklich sein wirst! Und sei fern von mir!"), waren meine letzte Worte, bevor ich mich umdrehte.
Es tat so weh! Oh Gott! Ich konnte nicht mehr atmen ...

Der Schmerz machte mich taub. Ich nahm nichts mehr in meiner Umgebung war. Mit schnellen Schritten entfernte ich mich von der Universität. Mit einer tiefen Atmung unterdrückte ich meine Schluchzer. Okan gehe nicht! würde ich so gerne sagen, doch wer konnte ihn noch von seiner Entscheidung abhalten?

Auf einer Parkbank ließ ich mich nieder. Ich konnte nicht mehr weiter. Meine Seele brannte so sehr!
Du hast dich selber ins Feuer geschmissen. Beschuldige keinen dafür. Wer mit dem Feuer spielt, muss mit den Verbrennungen rechnen. Wer sich die Liebe zutraut, muss mit den Tiefen rechnen.
Ich konnte die Tränen nicht mehr aufhalten. Sie liefen mein Gesicht runter.
Meine Mutter hatte von Anfang an Recht. Wie konnte ich glauben, dass ich Okan kenne? Wer bin ich und wer ist er? Ich bin ein Nichts in seiner Welt. Warum war er dann die letzten Tage so nett zu mir? Wollte er mir als Abschiedsgeschenk eine große Wunde hinterlassen?

Das Klingeln meines Handys riss mich von meinen Gedanken weg. Wer rief mich an? Als ich mein Handy aus meiner Jackentasche holte, sah ich, dass mich Onur anrief. Was wollte er jetzt von mir? Ich ignorierte seinen Anruf und packte mein Handy in meine Tasche.
Müde grub ich mein Gesicht in die Hände. Die Tränen kamen wieder.
Ich hasse dich Okan!
Ich hasse dich verdammt nochmal!
Ich hasse es, dass ich dich liebe!
Ich hasse mich!

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt