K A P I T E L 57 - Tickende Zeitbombe

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Im nächsten Moment legte sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter. Erschrocken drehte ich mich um. Doch es erschreckte mich mehr zu sehen, wer gekommen war...

Lange blickten wir uns an. Ich täuschte mich nicht. Was ich sah, entsprach der Wahrheit.
„Das Schicksal lässt uns immer wieder Treffen Frau Gürsoy, nicht wahr?", wurde die Stille unterbrochen. Ich schluckte, bevor ich irgendein Wort rausbrach. Wut und Angst stieg mir hoch.
„Nimm deine Hand runter Emir! Was suchst du hier? Verfolgst du mich, oder was?"
„Nicht so barsch Eylem! Ich will doch nur mit dir reden. Das ist reiner Zufall. Wie es scheint fandest du auch keine Ruhe zuhause... Meine Zeit ist außerdem zu kostbar, um dich zu verfolgen.", meinte er und lief um die Bank. Neben mir nahm er platz. Ich verstand ihn nicht! Jetzt verhielt er sich so, als ob wir Freunde seien.
„Glaub mir, du bist der letzte, den ich gerade sehen will.", sicherte ich.
„Schade! Ich wollte noch mit dir die ganze Nacht verbringen! Wir könnten feiern gehen. Ich single, du single-"
„Wovon redest du?!", unterbrach ich ihn genervt. Sein Gerede nervte mich nur! Wieso musste er mir jetzt begegnen?
„Verstehst du nichts von Ironie? Bleib ganz cool. Wie ich.", sagte er und lachte. Wie ich.
„Sag mal, was ist dein Problem! Was willst du noch von mir? Bist du high, oder woher kommt die Aufrichtigkeit?"
„Lass deine Wut nicht an mir raus! Und ich bin clean. Naja, Seit heute..."
Seit heute? Berauscht er sich jetzt, oder was? Ich wusste gar nicht, dass Emir so kaputt wegen der Trennung mit Ilayda geworden ist. Er tat mir auch irgendwie leid.
„Hast du keine Freunde, mit denen du reden kannst? Ich bin der letzte Mensch, der mit dir reden will.", sagte ich. Kurz blieb er mit dem Blick an einem Punkt hängen.
„Mein Privatleben geht dich nichts an.", gab er kalt von sich.
„Das habe ich auch nicht behauptet. Aber findest du es auch nicht sinnlos, dass du dich mit mir unterhältst? Mit deiner Gegnerin?", fragte ich.
„Du bist nicht mehr meine Gegnerin. Das hast du dem lieben Okan zu verdanken. Er war das Problem. Nicht du. Jetzt ist er weg. Und ich habe kein Konflikt mehr mit dir.", meinte er.
Dieser Junge ist krank! Jetzt verhält er sich so, als ob wir alte Freunde seien. Ich bin mir sicher, dass Emirs Komplizen nur seine Helfer sind und keine Freunde. Und jetzt sucht er jemanden zum Reden. In dem Fall hat er mich gefunden.

„Ich weiß wie du dich fühlst. Leer, wütend, traurig, enttäuscht... Alles schöne ist plötzlich weg. Die Sonne scheint nicht mehr, die Kälte hat dich festgenommen.", begann er gedankenversunken zu reden.
„Man denkt an die Vergangenheit, aber hört dann wieder auf, weil es wehtut.", fuhr er fort.
Das erste mal war ich mit Emir in gleicher Meinung. Seit wann konnte er so gefühlvoll sein? Er wirkte momentan so hilflos und zerbrechlich.
„Du weißt, dass dich Ilayda liebt. Du konntest mit ihr schöne Tage verbringen. Du hast mindestens schöne Erinnerungen.", sagte ich.
„Seitdem sie mir das in die Hand gedrückt hat, kann ich nicht mehr atmen!", sagte er und zog etwas aus deiner Jackentasche raus. Ein Ring. Es nach nach etwas Teures aus.
Er trug es bei sich? Das tat mir leid.
„Egal wie stark man ist, die Liebe macht einen kaputt.", sicherte ich.
Daraufhin nickte er.
„Hass ist etwas Gefährliches Emir. Es macht dich blind und einsam. Mit Hass kommst du nicht weit.", sagte ich und stand auf. Ich sollte langsam gehen. Unser Gespräch war mehr als seltsam.
„Ich hatte einen Bruder, er ist gegangen. Ich hatte Ilayda, sie ist auch gegangen! Bei meinen Eltern will ich erst recht nicht anfangen! Keiner kann mir vorschreiben, was ich machen soll!", hörte ich seine wütende Stimme hinter mir.
„Du siehst selber was für ein Mensch Okan ist! Freu dich, dass er gegangen ist! Er hat mein Bruder ermordet! Und dein Herz.", fuhr er fort. Auf der Stelle erstarrte ich. Er hat mein Bruder ermordet! Und dein Herz.
Meine Augen füllten sich, doch ich blinzelte die Tränen weg. Wortlos ging ich weiter. Ich konnte mir das nicht mehr anhören! Ich wusste, dass Okan Gift für mich war.

Seit Tagen konnte ich nicht schlafen. Eine Schwere lag auf meinem Herz. Egal, was ich tat, konnte ich mich kaum ablenken! Immer wieder musste ich an Okan denken. Und Emirs seltsames Verhalten. Ich verstand langsam nichts mehr.
Mein Gesicht wirkte müde und strapaziert. Seufzend löste ich mich vom Spiegel. Dafür, dass ich ein mental breakdown erlebte, sah ich gut aus. Meine Haare hatte ich zusammen gebunden und ich hatte versucht meine tiefen Augenringe zu bedecken. Mein Outfit war einfach zusammen gestellt. Ich hatte eine schwarze Hose und ein graues Strickpullover an. Ich war bereit. Bereit für eine neue Woche.

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt