K A P I T E L 26 - Leblos

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Als ich mich nach rechts drehte, verbreitete sich plötzlich ein Schmerz von meinem Nacken aus. Ich zog das Gesicht zusammen und drehte mich wieder nach links. Kurz schloss ich die Augen auf und kniff sie wieder zu, als es mir zu hell war. Wo war ich? Mein Kopf lag auf der Lehne eines Ledersofas. Die Gegend konnte ich zum einem Krankenhaus zuordnen. Im Hintergrund fing ich plötzlich an, leise Stimmen wahrzunehmen.
"So kann es nicht weitergehen!", konnte ich aus dem Getuschel verstehen. Müde öffnete ich meine Augen wieder auf und versuchte zu verstehen worum es ging. Mein Kopf dröhnte und drohte zu platzen!
Auf mir lag eine Jacke, die mich warm hielt. Elnurs Jacke ...
Meine Mundwinkel erhoben sich leicht. Okan hat die besten Freunde.

"Es durfte nie so weit kommen!", sprach eine ruhige Stimme die reuevollen Wörter aus.
"Sie durfte nicht so weit kommen, doch es ist schon für alles zu spät.", hörte ich Rüzgar.
"Sie wird nur noch mehr leiden! Das muss ein Ende geben ...", meinte Elnur. Sie sprachen über mich?
"Niemand kann Okans Wunden heilen, außer sich welche zu öffnen ...", sagte Rüzgar zuletzt.

Ich hielt die Luft an und schluckte mir den Kloß runter. Ich wusste, dass ich selber schuld an allem war! Aber gegen Gefühle kann man nicht kämpfen ...
"Bist du schon wach?", riss mich eine Frage aus den Gedanken weg.
"Schon? Seit wann sitze ich hier?", fragte ich und schaute zu den Beiden. Ich hatte das Zeitgefühl verloren und eine Uhr konnte ich nirgendwo entdecken.
"Seit einer halben Stunde. Zwei Stunden warten wir schon hier."
"So lange schon? Was ist mit Okan? Ist die OP schon um?"
"Nein ... noch nicht." Ich konnte die Trauer in Rüzgars Stimme hören, in seinem Gesicht sehen.

Elnur setzte sich zu mir und fuhr verzweifelt über das Gesicht.
"Danke", sagte ich und reichte die Jacke zu ihm. Lächelnd nahm er es entgegen.
"Geh du lieber Nachhause. Es ist schon fast halb zwei. Und deine Kleider ... sind blutverschmiert.", meinte Elnur und wandte sich zu mir. Ich blickte runter zu meiner Hose und spürte sofort die Tränen kommen, als ich Okans Blut sah.
"Ich will nicht gehen, bevor Okan rauskommt!", sicherte ich.
"Wir sind ja da, ich benachrichtige dich, wenn die OP um ist. Du bist müde und es wird bestimmt noch etwas dauern.", fügte er hinzu. Ich wollte nicht weg! Ich wollte bei Okan bleiben! Ich wollte hören, dass es ihm gut ging!
"Du hast schon genug gelitten. Es bringt jetzt nichts zu warten.", hörte ich Rüzgar aus der anderen Ecke reden.

Sie hatten Recht, doch ich wollte bleiben. Zögernd stand ich auf.
"Ich kann dich nach Hause fahren.", sagte Elnur.
"Danke. Fahre mich lieber zum Park, dort steht mein Auto." Er nickte und stand auch auf.
Im nächsten Moment öffnete sich die Türe des OP-Raums und ein Arzt trat heraus. War die Operation schon um?
"Wie verläuft die OP? Wie geht es Okan?", fragte Rüzgar sofort.
"Sind Sie verwandt?", fragte der Arzt.
"Ich bin sein bester Freund, sagen Sie mir bitte wie es ihm geht!"
"Ihr Freund hat zu viel Blut verloren, sein Puls ist schwach. Er hat ein Bruch in der Rippe, viele Verstauchungen und Zerrungen. Wir haben zwar die Blutungen gestoppt, doch es kann jederzeit zu neuen kommen.", teilte uns der Arzt mit.

Mein Herz stoppte, alles stoppte um mich. Okanım! (Mein Okan!)
Meine Augen füllten sich und im nächsten Moment spürte ich warme Tränen meine Wange herunterkullern.
"Aber ein Glück, dass der Krankenwagen rechtzeitig gekommen ist. Wir geben unser Bestes.", sagte der Arzt zuletzt und ging wieder.
Ich verlor das Gleichgewicht und alles drehte sich um mich. Rechtzeitig griffen Arme nach mir unf fingen mich auf.

"Hey, alles in Ordnung?", hörte ich Elnurs Stimme. Er ließ mich auf dem nächsten Stuhl nieder.
Meine Seele brannte so sehr! Ich nahm nichts anderes außer dem Schmerz wahr!
"Wird er heil rauskommen?", brach ich brüchig über den Lippen. Leer blickte er mich an.
"Das kann momentan keiner beantworten.", sagte Rüzgar. Verzweifelt grub ich mein Gesicht in die Hände.
"Kopf hoch, komm, lass uns gehen.", hörte ich Elnur. Ich wischte die Tränen weg und nickte.

unvergesslich - unutulmazWo Geschichten leben. Entdecke jetzt