Gefährliche Nacht

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Albus' Sicht

Malfoy kam ziemlich spät erst in unseren Schlafsaal. Im Arm trug er mehrere Bücher.
"Wozu brauchst du?", fragte Joel.
Malfoy verdrehte die Augen.
"Weißt du, mein Kopfkissen ist zu weich, deswegen", meinte er und ich musste lachen.
Joel bemerkte aber den Sarkasmus in seiner Stimme anscheinend nicht.
"Ach so", meinte er.
Malfoy hob eine Augenbraue, aber man sah ihm an, dass er sich das Grinsen verkneifen musste.
"Zum Lesen, Joel. Wozu sollte man sich sonst Bücher holen?", meinte er genervt.
"Wusst ich nicht", meinte Joel niedergeschlagen. Langsam zweifelte ich wirklich daran, ob er die erste Klasse überhaupt schaffen würde.
Und der sollte ein Slytherin sein?
Ernsthaft, Joel war weder listig, noch ehrgeizig oder clever. Eigentlich passte er in gar kein Haus. Meiner Meinung nach hätte er nach Hufflepuff gemusst, da, wo der Rest hinkommt.
Malfoy warf die Bücher auf sein Bett und ging ins Bad. Als er die Tür schloss, beugte ich mich rüber, um zu sehen, was er da las.
Der erste Titel hieß Zauber der Traumdeutung. Ich hatte keine Ahnung, was er damit wollte. Traumdeutung und so war doch Mädchenkram.
Ich nahm das nächste Buch. Unterbewusstes Unterbewusstsein: Was versucht man dir mitzuteilen?
Die ganze Sache wurde mir noch schleierhafter. Und langsam fragte ich mich, ob er mir etwas verheimlichte. Ich sah mich um, ob ich irgendetwas Verdächtiges sah. Aber alles war ganz normal. Da war sein Rucksack und sein Koffer und genau neben seinem Bett ein Pergament mit Feder. Er hatte gemeint, dass er, sollte ihm mal in der Nacht einfallen, dass er Hausaufgaben vergessen hatte, alles gleich zur Hand hatte.
Als ich das Pergament sah, dachte ich an den Brief, den ich vor einigen Wochen abgeschickt hatte. Eine Antwort war immer noch nicht gekommen, genau wie auch meine Eule verschollen blieb. Vielleicht hatte jemand sie angefangen? Aber was sollte jemand mit meinem Brief wollen? 
Möglicherweise war sie aber auch angekommen. Vielleicht waren meine Eltern sauer, dass ich nicht nach Gryffindor kam. Vielleicht hatten sie deshalb die Eule behalten, weil sie der Meinung waren, ich würde sie nicht verdienen. Dad hatte mir zwar versichert, es sei ihm egal, in welches Haus ich komme, aber mussten Eltern nicht sowas sagen?
Ich meine, es konnte ihnen nicht egal sein. Tief in ihrem Inneren hatten sie doch gehofft, ich würde nach Gryffindor kommen. Tja, falsch gedacht. Aber was konnte ich denn dafür? Und wenn sie mich dann nicht mehr haben wollten, dann würde ich halt mein eigenes Ding machen. Ich hatte hier in Slytherin Freunde gefunden, wer brauchte da noch jemanden aus den anderen Häusern. Ich brauchte mich nicht zu rechtfertigen.

"Wieso ließt zu meine Bücher? ", fragte Scorpius, der gerade wieder den Schlafsaal betreten hatte. Kam es mir nur so vor oder färbten sich seine Wangen leicht rot?
"Ich will halt schauen, was du dir da ausgeliehen hast", sagte ich und setzte mich wieder auf mein Bett, "Was willst du mit diesen Büchern überhaupt?"
"Lesen", meinte Scorpius schnell.
"Haha", sagte ich sarkastisch, "Hat dir schon mal jemand gesagt, wie schlecht du lügen kannst?"
Scorpius gab mir keine Antwort,  sondern legte sich hin, nahm seelenruhig eines der Bücher und schlug es auf.
Ich wartete noch etwas, aber er ignorierte mich. Von Scorpius würde ich wohl heute keine Antwort mehr bekommen. Aber ich würde es schon noch irgendwie rausfinden. Er verheimlichte mit etwas, das wusste ich. Und wozu war ich denn in Slytherin, wenn ich nicht einen Weg finden würde, es noch aus ihm rauszubekommen?

Mitten in der Nacht hörte ich komische Geräusche, von denen ich aufwachte. Es war ein Zischen oder so; ein unheilverkündendes, gefährliches Zischen . Ich rührte mich nicht und tat so, als würde ich schlafen. Aber in Wirklichkeit hörte ich genau hin, woher das Geräusch kam. Ich versuchte rauszufinden, ob es sich näherte. Mein Herz hämmerte. Es hörte sich gefährlich an, und kam ganz aus der Nähe. Langsam drehte ich meinen Kopf und öffnete die Augen. Nur einen Spalt breit, damit, falls jemand hier war,  er nicht merken würde, dass ich ihn beobachtete.
Ich erkannte ein Licht. Jemand war hier. Ich sah mich nach den anderen um. Joel und Damian schliefen, aber wo war Scorpius? Sein Bett war aufgewühlt und die Decke fehlte.
Panik stieg in mir auf. Möglichst unauffällig drehte ich meinen Kopf. Das Zischen entfernte sich langsam. Ich sah in Richtung Tür - und erschrak. Da stand eine Gestalt. Unförmig und groß, aber das Licht leuchtete vor ihr. Doch es war nicht hell  genug, um etwas erkennen zu können. Es war dunkel und hinter den Mauern und Fenstern konnte ich den nächtlichen See leise blubbern hören. Sonst war es totenstill. Ich spürte, wie mein Atem unregelmäßig wurde. Da war nur das Zischen und das Blubbern. Zisch - Blubb - Zisch - Blubb.
Ich nahm meine Decke und zog sie über meinen Kopf. Meine Gedanken überschlugen sich. Wer war das und was wollte er? Und wo war Scorpius?
Plötzlich hörte ich die Tür aufgehen. Sie knarzte so laut, dass ich erschrocken zusammen zuckte. Ich zog die Bettdecke enger. Wer konnte es geschafft haben, in Hogwarts einzudringen?
Die Tür wurde weiter geöffnet und schrammte am Boden.
Tausend Gedanken schwirrten in meinem Kopf. Und wenn die Gestalt sich nun den Weg durch Hogwarts bahnte? Irgendwas musste sie suchen?  Was, wenn sie es fand? Wenn es etwas gefährliches war? Oder wenn sie gerade Scorpius entführte? Wenn er in diesem Moment ohnmächtig davongetragen wurde? Ich hörte genauer hin. Bildete ich mir nur ein, dass etwas auf dem Boden schlurfte?
Ich glaubte, meine Lunge würde jeden Moment explodieren.
Und dann traf ich meine Entscheidung. Wenn das wirklich ein Verbrecher war und ich der Einzige war, der ihn sah, dann musste ich ihn aufhalten, bevor er seinen Plan zu Ende bringen konnte. Ich schob die Decke weg und starrte zu der geöffneten Tür. Die Gestalt ging schon die Treppe runter.
Ich tastete im Dunkeln nach meinem Zauberstab. Aber dummerweise erwischte ich das Glas mit Scorpius' Tinte, das scheppernd zu Boden fiel. Und es war laut.
Die Gestalt blieb stehen und ich hielt den Atem an. Meine Augen waren geweitet und mein Herz klopfte so sehr, dass es an ein Wunder grenzte, dass es das Monster nicht hörte. Ich wusste nicht, was ich getan hätte, wenn es sich  umgedreht hätte. Aber es lief weiter und ich atmete wieder aus. Dann ergriff ich das dünne Holz meines Zauberstabes. Meine Hand war ganz nass und zittrig. Ganz langsam richtete ich mich auf, um ja keine Geräusche zu verursachen. Auf Zehenspitzen schlich ich mich weiter.
Von ganzem Herzen hoffte ich, der Boden würde nicht knarzen.
Ich versuchte, so vorsichtig wie möglich aufzutreten. Krampfhaft umklammerte ich den Zauberstab und machte den nächsten Schritt.
Vorsichtig arbeitete ich mich bis zur Tür vor. Die Gestalt war schon die halbe Treppe runtergegangen. Ich hatte noch nie soetwas gesehen. Es war, als würdest du einen wandernden Berg beobachten.
Und mit einem Mal schlugen die Zweifel wie ein Blitz ein.
Oh nein, was tat ich denn hier? Wie konnte ich glauben, ich, ein Erstklässler, könnte dieses Monster aufhalten? Ich war doch nicht mein Vater! Ich war doch nicht für Heldentaten bestimmt?! Ich würde sterben, abkratzen, den Löffel abgeben, ins Gras beißen oder wie man es sonst noch nennen will!
Und bevor ich wirklich verstand, was ich da tat, stand ich oben auf der Treppe und rief den einzigen Spruch, der mir im Moment einfiel.
"Serpensortia!"
Eine schwarze Schlange sprang aus der Spitze meines Zauberstabes und landete zischend neben dem Monster.
Sie zischte!
Ich brauchte einige Sekunden, um zu verstehen, was das für mich bedeutete. Und als die Gedanken dann entgültig klar in meinem Kopf waren, riss ich die Augen weit auf. Doch bevor ich irgendetwas tun konnte, bestätigte sich mein Verdacht: Das Monster zischte der Schlange etwas auf seiner seltsamen Sprache zu und sie schien zu verstehen!
Ich stolperte einige Schritte rückwärts. Meine eigene Schlange kam nun bedrohlich schnell auf mich zu.
Ich zielte auf sie.
"Finite Incantatem! Finite Incantatem!", schrie ich panisch, doch nichts geschah. Wie war noch mal die Bewegung für diesen Zauber!
Die Schlange kam noch näher. Noch ein paar Stufen. Aber würde ich noch weiter zurück gehen, stünde ich in unserem Schlafsaal. Und der war eine Sackgasse!
In dem Moment knarzte es auf der Treppe. Ich dachte mir, es sei Rettung. Aber da stand niemand.
Niemand außer das unförmige Monster. Und es drehte sich um! Es hatte mich gesehen!
Und ich schrie, denn ich wusste, dass ich hier nicht mehr heil rauskommen würde: "AAAAAAAHHHHHHHHH!!!!"

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