Albus' Sicht
Ich wusste nicht, was ich fühlen sollte. Einerseits freute ich mich. Scorpius war da, yey! Aber wieso? Ich erinnerte mich an die Worte von Dad, bevor er ging. Er hatte gesagt, es gäbe ein Todesserproblem. Und Scorpions Vater war mal einer gewesen. Also...?
Ich sah Scorpius an, der wirkte jedoch verwirrt und ohne jegliche Ahnung von nichts. Wusste er, dass sein Vater das dunkle Mal besaß? Ich hatte durchaus mitbekommen, dass er es vorher nicht wusste, doch hatte er es in den letzten Stunden erfahren? Wie musste er sich dann fühlen?
Aber wenn er es tatsächlich erfahren hätte, müsste er doch verzweifelter sein. Oder war er einfach nur ein sehr guter Schauspieler?
"Scorpius, alles okay?", fragte ich.
Er lächelte halbherzig.
"Weiß ich ja selber nicht", meinte er und während Dad die Matratze holen war, flüsterte er mir zu: "Wir reden gleich darüber, okay?"
Ich nickte.Eine halbe Stunde später lagen wir in meinem Zimmer. Teddy, der bis jetzt in James' Zimmer geschlafen hatte, hatte sich dazu bereit erklärt auf der Couch im Wohnzimmer zu schlafen.
Erstaunlich, wie schnell unser Haus plötzlich voll war.
Ich hatte Scorpius mein Bett überlassen und lag nun auf der Matratze.
"Scorpius", flüsterte ich in die Dunkelheit. Er drehte sich zu mir um und sah erstaunlich bleich und kraftlos aus.
"Was ist bei dir passiert?", fragte ich.
Müde und mit zitternder Stimme erzählte er mir alles.
"Und du hast keine Idee, was los ist?", fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. Dann machte er den Mund auf, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder.
"Was ist?", hakte ich nach.
Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
"Egal", meinte er. Eine Weile wartete ich. Ich wusste, er würde die Wahrheit bald rausfinden. Er war ja nicht dumm. Aber gleichzeitig hatte ich auch Angst, wie er reagieren würde. Seine gesamte Welt brach zusammen und wenn er dann auch noch erfahren würde, dass ich, sein bester Freund, ihm etwas so wichtiges verheimlicht hatte. Er würde mich hassen. Und wahrscheinlich auch seinen Vater.Scorpius' Sicht
Solange die ganze Zeit irgendetwas passierte, konnte ich mich von meinen Gedanken ablenken. Aber jetzt lag ich da in der Dunkelheit und sie kamen näher wir dunkle Schatten. Als wären es Dementoren und könnten meine Angst spüren, krochen sie herbei und raubten mir den Atem.
Ich wollte nicht an die Dinge denken, die geschehen waren, aber ich konnte es einfach nicht verhindern.
Und immer deutlicher wurde mir bewusst, was geschehen war. Oder besser gesagt, was schon die ganze Zeit vor mir verheimlicht wurde. Plötzlich kam ich mir sehr naiv und belogen vor.
Ich kannte kaum jemanden von meiner Familie, eigentlich nur meine Oma Narzissa. Sonst hatte ich nur von Bellatrix Lestrange gehört. Sie war Todesserin gewesen und wurde mir schon immer als falsches Beispiel dargestellt. Aber wenn sie Todesserin war, wäre es doch nur logisch wenn es auch andere davon in unserer Familie gab.
Je länger ich darüber nachdachte, umso weniger abwegig klang es.
Und auf einmal erklärten sich viele Dinge: die seltsamen Blicke der Leute, wenn sie den Namen Malfoy hörten. Oder...ja, sogar die Tatsache, dass mein Vater immer Langarm trug.
Und obwohl ich es nicht wahr haben wollte, nun stand mir die Antwort auf meine Fragen klar und deutlich vor dem inneren Auge.
Mein Vater, Draco Malfoy, war ein Todesser.Diese Erkenntnis ließ mir einen eiskalten Schauer über den Rücken laufen. Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst. Die Schwärze umhüllte mich wie ein tödlicher Schleier.
Und alles, an das ich denken konnte, war: Wieso?
Wieso musste es so kommen?
Wieso tat es nur so furchtbar weh?
Und vor allem, wieso hatte er es mir all die Jahre verheimlicht?
War ich es denn nicht wert, die Wahrheit zu kennen? Oder hielt er mich für zu schwach, um sie zu verkraften?
Vertraute er mir denn gar nicht? Liebte er mich denn gar nicht?
Was man liebt, belügt man nicht. Denn durch Lügen kann man Menschen verlieren.
Vielleicht hatte er mich in diesem Moment schon verloren.Ich drückte mein Gesicht in das Kopfkissen und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Doch innerlich focht ich einen Krieg aus.
Alles, außnahmslos alles, war dadurch anders. Nie hätte ich gedacht, dass ein einziger Fakt ein Leben zerstören könnte.
Und plötzlich fühlte ich mich wie eine kleine Ameise, deren Bau zerschlagen wurde und die nun kopflos umherirrte ohne ihren Weg zu kennen.
Wer war ich überhaupt? Wenn er mir das verheimlicht hatte, was gab es dann sonst noch für Dinge, die ich nicht wusste? Mein Leben war eine Lüge. Eine dicke, fette, trügerische Lüge, die nur darauf gewartet hatte, mir von hinten ein Messer hinterhältig in den Rücken zu rammen.Ich dachte nicht lange nach. Sobald ich sicher war, dass Albus schlief, schlich ich mich aus dem Bett, schnappte mir meine Sachen und ging leise die Treppe hinunter, immer darauf bedacht, keinen Laut zu verursachen. Ich zog mir Jeans und Pullover an und ging zur Tür.
Es würde besser sein, wenn niemand wüsste, dass ich fortging.
Ich wollte der Familie nicht noch mehr Umstände bereiten. Morgen war Weihnachten und da hatten sie besseres zu tun, als sich um mich Sorgen zu machen. Am besten wäre es, wenn ich verschwinden würde.
Wer war ich überhaupt noch? Was war ich wert, wenn ich belogen und hin und her gegeben wurde wie ein gefühlsloser Gegenstand?
Es zeigte doch eigentlich nur, dass ich keinen interessierte.
Ich zog meine Schuhe an, sie waren nicht besonders dick für eine so kalte Jahreszeit. Eigentlich waren sie sogar viel zu dünn. Genau wie meine Jacke. Aber das war egal. Als ich langsam die Tür aufklinkte, raste mein Herz vor Aufregung und Trauer. Ich trat einen Schritt vor.
Und dann ließ ich die Klinke los. Die Tür fiel ins Schloss. Das war's, es gab kein zurück mehr. Unsicher trat ich einige Schritte vorwärts. Als ich mich umdrehte, war keine Spur mehr von dem Haus der Potters. Grimmauldplatz Nummer 12 wurde vom Fidelius-Zauber geschützt. Niemand außer den Befugten kam herein. Und nun war ich draußen.
Und ich würde einfach weitergehen.Es war eiskalt, vor meinem Mund bildeten sich Wolken. Es war Nacht und ich hinterließ Spuren im Schnee. Doch es schneite und bald würde niemand mehr sehen, wohin ich gelaufen war. Besser so. Mir sollte niemand helfen, denn ich würde die Hilfe eh nicht annehmen. So viel Stolz hatte ich noch. Und vielleicht sind Stolz und Verzweiflung keine besonders gute Mischung, aber an soetwas dachte ich nicht. Alles, was zählte, war weg, weg, weg!
Mir war kalt und meine Schuhe waren durchnässt. Ich bibberte und die Eiseskälte fraß sich durch meine Kleidung bis hin zu den Knochen.
Meine Lippen mussten inzwischen schon ganz blau sein, aber ich lief unbeirrt weiter. Ich wusste nicht, wohin ich lief. Ich ging an Fenstern mit geschmückten Tannenbäumen vorbei, überquerte Straßen und Plätze und lief immer weiter. Niemand bemerkte mich. Es war keine Menschenseele draußen. Einzig die Sterne leuchteten. Doch auch sie waren nur weit entfernte Gaskugeln, die dich verbrennen, wenn du zu nah kommst. Und viele von ihnen waren nur noch Lichter längst gestorbener Sterne. Sie waren nicht mehr als Licht, dass erst Jahre später bis zur Erde gelangt. Nicht mehr als ein sterblicher Überrest. Leichen.Und während ich durch unbekannte Städte lief, verließen mich die Kräfte langsam. Ich war in einem kleinen Dorf angekommen, in welchem ich noch nie war. Es trügte einen mit seinem weihnachtlichen Glanz. Aber eigentlich war es ziemlich verlassen. Da klapperte ein altes Fenster, dort schlug die offene Tür eines zur Ruine werdenden Überrests einer alten Fabrikhalle.
Und mir war so kalt und ich fühlte mich so verlassen, dass ich rüber zu dem kaputten Gebäude ging auf der Suche nach einem kleinen bisschen Schutz und Geborgenheit.
Regen und Wind hatten die Wände zerfressen und den Boden bedeckte eine dünne Eisschicht. Es war ein verlassenes, altes, unbeachtetes Gebäude. Vielleicht war es mal bedeutend, aber von seinem früheren Glanz war nichts mehr übrig. Und nun fristete es sein einsames Dasein als grauer Block. Und langsam fühlte auch ich mich wie eine Hülle, die von nichts anderem mehr zusammengehalten wird als von einer bröckelnden Fassade.
Ich wurde von Müdigkeit und Kälte übermannt, also kauerte ich mich in eine kalten Ecke zusammen. Ich schloss die Augen und sah nur Schwärze hinter meinen Lidern. Der Boden war hart und unbequem, aber es war mir egal. Ich fühlte mich, als sei jemand gestorben. Und irgendwie war es ja tatsächlich so, denn mein Vater, so wie ich ihn kannte, war nun nicht mehr da. Und auf einer Beerdigung ist Weinen erlaubt. Ich versuchte es zu unterdrücken, aber trotzdem bahnte sich eine kleine, glitzernde Träne den Weg aus meinem Auge. Und so weinte ich mich in den Schlaf.
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HP Next Generation - Harry war gestern, jetzt komme ich!
FanfictionAch ja, die Zukunft. Sie ist schneller da, als man denkt. Und schon ist es für Albus Severus Potter, Rose Weasley und Scorpius Malfoy soweit, nach Hogwarts zu kommen - und dort wartet das nächste Abenteuer auf sie! Aber hier ist es um einiges schw...