Rose's Sicht
Ich konnte mich nicht mehr selbst im Spiegel ansehen. Denn jedes Mal, wenn ich hineinsah, blickte mir nur die Schuld entgegen.
Wir standen kurz vor dem Krieg. Einem Krieg, dessen Schuld meine Unwissenheit war. Ich. Ich war der Grund für diesen Krieg.
Ich fühlte mich so furchtbar, dass ich es nicht in Worte fassen konnte. Und trotzdem wurde ich nicht gehasst.
Meine Eltern hatten die genauen Details vor der restlichen Schule geheim gehalten. Nur einige Lehrer, unsere Eltern, sowie Albus und Scorpius wussten etwas davon.
Eigentlich hatte ich das alles gar nicht verdient. Sie durften mich nicht bemitleiden. Alles wäre so viel einfacher gewesen, würden sie Hass statt Mitleid empfinden.
Ich gehörte nach Askaban weggesperrt. Ich hatte Bellatrix Lestrange befreit. Mit ihr hatte alles angefangen. Sie hatte die Todesser und deren verschuldete Familien an sich gerissen.
Voldemort lebte nicht mehr. Aber der Tod eines Anführers verhindert noch lange keinen Krieg.
Als Dumbledore gestorben war, hatte selbst das niemanden davon abgehalten, weiterzukämpfen.
Nun war es genau das Selbe, nur mit Voldemort.
Bloß, dass Bellatrix Lestrange unberechenbar war. Niemand konnte erahnen, was sie als nächstes tat. Niemand konnte wissen, wo der nächste Angriff stattfand.
Sie schien keinem bestimmten Muster zu folgen, hatte nicht einmal ein deutliches Motiv.
Es war zum Verzweifeln.Irgendwann Ende März kam dann eine Eule zum Frühschicht geflogen. Sie landete mit der heutigen Ausgabe des Tagespropheten vor Lina.
Ich weiß nicht wieso, aber von der ersten Sekunde an wusste ich, dass diese Eule schlechte Nachrichten brachte.
Naja, es gab in den letzten Wochen so gut wie keine guten Nachrichten, aber es war dennoch beruhigend zu sehen, dass niemand aus deiner Familie gestorben war.
Nur konnte man manchmal nicht verschont werden.
Ich sah zu wie Lina ganz vorsichtig umblätterte. Angstvoll begann sie die Mordliste zu lesen.
Ihre Augen überflogen das Pergament, blieben an einer Stelle stehen und füllten sich mit Tränen. Immer wieder las Lina die Zeilen, bevor sie den Tagespropheten wortlos hinlegte und ungläubg ins Nichts starrte.
Ich wusste, was geschehen war. Jeder, der sie beobachtet hatte, wusste es.
"Wer?", fragte ich ganz vorsichtig, "Wer ist es?"
Lina zitterte. Ich nahm ihre Hand in meine. Sie war furchtbar kalt.
"Mei-meine Schwester", flüsterte Lina.
Ich umarmte Lina. Sie bibberte und schluchzte. Ich drückte sie ganz fest, hoffte, sie wenigstens ein wenig wärmen zu können.
"Oh, Lina", sagte ich, doch konnte den Satz nicht beenden. Es gab keine Worte, um sie zu beruhigen. Es gab keine Sätze, die den Schmerz wie ein Schwamm aufsaugen konnten. Manche Dinge sind einfach zu schrecklich, als dass man sie hätte schönreden können. Der Schmerz ist überall. Und er verschont niemanden.
Er kommt und zerreißt Herzen, aber mit der Zeit wird er vergehen. Manchmal kann man nichts anderes tun, außer warten.
Und in diesem Moment war alles, was ich für Lina tun konnte, hier zu sitzen und sie zu umarmen. Sie zu drücken in der Hoffnung, dass das Zittern irgendwann schwächer wurde. Einfach ihre Freundin zu sein.
Ich konnte nichts gegen das Geschehene tun, ich konnte nur warten. Mit ihr zusammen.
Und für diesen einen Moment schien es außer uns niemanden zu geben. Da waren nur wir, umhüllt von tiefster Trauer. Ich bedauerte, dass ich Linas Schwester nicht gut genug kannte. Ich bedauerte, dass ich kaum mehr als ihren Namen, Emily, kannte.
Und ich bedauerte unsere Hilflosigkeit, dass wir nichts tun konnten. Tag für Tag starben so viele. So Vielen ging es jeden Tag wie Lina und es würden immer mehr werden.
"Alles wird gut", flüsterte ich. Denn manchmal ist Hoffnung das Einzige, was einem bleibt.
"Und-und bis dahin", flüsterte Lina zurück, "Wie viele müssen bis dahin sterben? Wie viele müssen ihre Leben lassen, bis alles gut wird?"
Lina schluchzte noch mehr. Meine Schulter war von ihren Tränen schon ganz feucht, aber das war mir egal.
"Ich weiß es nicht, Lina. Und es tut mir so, so leid..."Lina sprach die nächsten drei Tage fast gar nicht mehr. Wann immer ich sie sah, saß sie irgendwo leise vor sich hinschluchzend in einer einsamen Ecke.
Ich hätte ihr so gern geholfen, aber ich hatte ja nicht mal genug Kraft für mich selbst. Denn die ganze Zeit war da dieses Gefühl, ich sei daran Schuld. Linas Schwester war nur wegen mir gestorben. Und so viele andere auch. Aber ich konnte mein Leid mit niemandem teilen. Manche Geheimnisse sind so groß, dass eine Freundschaft an ihnen zerbrechen kann. Und ich hatte nicht vor, die Grenzen unserer Freundschaft dermaßen zu strapazieren.Es war eine trostlose Zeit. Hoffnung wurde wie eine Seifenblase zerstochen. Und die Angespanntheit zerrte an unser aller Nerven. Ich glaube, dass war von Anfang an der Plan der Todesser. Sie griffen uns nicht sofort an, sondern spannten uns auf die Folter. Langsam und qualvoll.
Sie warteten, bis unsere eigene Paranoia uns wahnsinnig machte......und am 11. April geschah es dann. Ich werde nie die Nacht vom 10. zum 11. April vergessen.
Es war die wohl schlimmste Nacht meines Lebens. Der Neumond schien, ich schlief unruhig und wachte immer wieder auf.
Dann, ganz plötzlich, war da dieser Knall. Ein unbeschreiblich lauter, schrecklicher Knall. Oder vielmehr ein Donnern. Ich kann es selbst nicht genau beschreiben. Es war auf jeden Fall ein unheimlicher Krach, der uns alle aus dem Schlaf riss.
Ich fuhr hoch und sah mich um. Lina hatte die Augen weit aufgerissen und selbst beim schwachen Licht konnte ich erkennen, dass sie geweint hatte.
Die anderen Mädchen in unserem Zimmer begannen lauthals durcheinander zu reden. Irgendetwas hatte den Turm erschüttert und als wir in den Gemeinschaftsraum liefen, sahen wir auch, was es war:
Die Mauern der Jungenschlafsääle fehlten vollkommen. Ein riesiges, klaffendes Loch. Ich stand wie erstarrt da, konnte es immer noch nicht fassen. Alle Gryffindors stürmten in den Gemeinschaftsraum. Wir wurden eng beieinandergedrängt, alle Köpfe in eine Richtung. Alle starrten hinaus in den dunklen Himmel. Sterne konnte man keine erkennen. Dunkle Wolken verhüllten den Himmel. Es war Neumond, die dunkelste Nacht des Monats.
Und doch war es nicht der eiskalte Wind, der uns zittern ließ, sondern das dunkle Mal. Es prangte gewaltig und zerstörerisch über Hogwarts.In dieser Nacht brach die Panik aus. Alle Schüler stürmten in die große Halle. McGonagall versuchte uns unter Kontolle zu bringen. Niemand hatte eine Ahnung, wie die Todesser es geschafft hatten, einzudringen. Aber inzwischen wurde fast der gesamte Gryffindorturm zerstört.
Die Decke erzitterte, Steine rieselten von oben herab.
Furcht erfüllte den Raum. Alle drängten sich dicht an dicht. Durch das Gedrängel versuchte ich mich zu Albus und Scorpius zu drängen.
Längst stand niemand mehr bei seinen Hausgenossen. Alle liefen aufgeregt hin und her, versuchten noch ein letztes Mal zu ihren Freunden und Geschwistern zu gelangen. Wir waren keine Gryffindors, Slytherins, Hufflepuffs oder Ravenclaws mehr. Wir waren Hogwarts.
Wir waren Hogwarts, dessen Mauern zerstört wurden.
Hogwarts, das um sein Leben bangen musste.
Und vor allem waren wir eines: die Opfer eines gerade begonnenen Krieges.
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HP Next Generation - Harry war gestern, jetzt komme ich!
FanfictionAch ja, die Zukunft. Sie ist schneller da, als man denkt. Und schon ist es für Albus Severus Potter, Rose Weasley und Scorpius Malfoy soweit, nach Hogwarts zu kommen - und dort wartet das nächste Abenteuer auf sie! Aber hier ist es um einiges schw...