In der Kammer

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Rose's Sicht

Ich war verrückt! Das konnte gar nicht gut gehen!
Schweiß rann mir die Schläfen herunter. Ich zitterte und der Zauberstab glitt beinahe aus meiner Hand. Was tat ich nur?
Ich war lange wach geblieben. Denn ich hatte gewusst, dass Potter und Malfoy etwas planten. Und nun folgte ich ihnen. Sie wussten nicht, dass ich da war. Sie wiegten sich in trügerischer Sicherheit.
Dabei hatten sie nicht den blassesten Schimmer, wie ernst das war. Einen Moment hatte ich gezögert. Hätte ich einem Erwachsenen Bescheid sagen sollen? Aber nein. Meine Eltern und Harry, sie hatten bewiesen, dass man nicht erwachsen sein mus, um große Taten zu vollbringen. Und (tut mir leid, dass ich das jetzt so sage) unsere Eltern wurden langsam alt. Jetzt waren wir an der Reihe. Es war an der Zeit, dass neue Zauberer anfingen, die Welt zu schützen.
Und ich wusste, dass ich eine dieser Hexen und Zauberer war. Ich musste.
Während ich die Stufen hinabstieg, glühte der Antimaterienkiesel. Ich tat ihn in meinen Ausschnitt und zog den Umhang enger. Was, wenn jemand das verräterische Leuchten erblickte?
Es war zwar unwahrscheinlich, aber dennoch nicht unmöglich. Und kam es mir nur so vor oder wurde er tatsächlich immer heißer und heller?
Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Aber ich musste der Sache selbst auf den Grund gehen.
Die nichtsahnenden Slytherins führten mich direkt zur Mädchentoilette im zweiten Stock.
Ich hatte keine Ahnung, was mich in der Kammer erwarten würde. Aber ich machte mir selbst Mut. Ging alle Zauber in Gedanken durch. Und betrat die Toilette.
Was ich dort sah, hätte ich mir niemals erträumen können. Denn es war schrecklicher als jeder Albtraum, den mein Gehirn hätte produzieren können.
Inzwischen fühlte sich der Antimaterienkiesel wie ein Stück glühende Kohle an. Und nun wusste ich auch, wieso.
Der Eingang zur Kammer des Schreckens klaffte vor mir wie ein gähnendes, schwarzes Loch ins Ungewisse. Alle, was ich jetzt noch tun musste, war springen.

Scorpius' Sicht

Ich fragte mich, wie ich diese Frau je hatte bewundern können. Im Moment drehte sich mir bei ihrem Anblick der Magen um. Sie war ein Geist, aber unerklärlicherweise kam sie mir dadurch kein bisschen harmloser vor. Im Gegenteil. Wie konnte man gegen etwas kämpfen, das schon tot war?
Ich fühlte mich hilflos. Und ich hasste dieses Gefühl.
Aber war nicht ich derjenige, der vor wenigen Monaten noch gedacht hatte, es sei "cool", wenn mir meine Todesser-Großtante einige schwarzmagische Zauber beibringen könnte?
Wie dumm konnte ich nur gewesen sein? Es war so leicht zu sagen, aber Bellatrix Lestrange jetzt leibhaftig vor sich schweben zu haben war alles andere als lustig.
Albus und ich saßen in der Falle.
Ich sah ihn hilflos an. Was war noch mal unser Plan gewesen? Ach richtig, WIR HATTEN JA NICHT MAL EINEN!
Ich konnte gar nicht aufhören, mich über uns selbst aufzuregen. Was hatten wir geglaubt? Dass wir einfach hineinspazieren? Dass wir nett und mit 'bitte, bitte' fragen würden "Könntest du bitte aufhören, eine verrückte Irre zu sein und einfach ins Jenseits wanderst?" und damit sei alles geklärt?
Wie hatten wir nur so dämlich sein können? Wie hatten wir kein bisschen vorausschauend sein können?
Und jetzt standen wir hier. Mitten in der Nacht. In der Kammer des Schreckens. Wenn wir riefen, würde niemand uns hören. Na ganz toll!
Ich überlegte krampfhaft. In den Filmen war es immer so, dass solange die Bösen redeten, sie nicht wirklich etwas taten. Wir mussten sie zum Reden bringen. Hinhaltestrategie.
Und am besten sollte sie nicht sofort rausfinden, dass wir ihr gar nicht helfen wollten.
"Was? Überrascht, mich zu sehen?", lachte Bellatrix gurgelnd und umkreiste uns.
"Wie-wie hast du...haben Sie die Kammer des Schreckens öffnen können?", fragte ich mit zittriger Stimme.
"Du musst wissen, dass ich viel Zeit hatte, Scorpius.  Zwar nicht genug, um die überaus edlen Absichten des Dunklen Lords in die Tat umzusetzen, aber sie hat gereicht, um das ein oder andere Wort Parsel zu lernen..."
Sie grinste uns an mit ihren krummen, lächrign Zähnen.
Ihre dunklen Augen waren weit aufgerissen und beobachteten jede unserer Bewegungen genaustens.
Sie schwebte hinüber zu Albus.
Sie betrachtete ihn, dann flog sie quer durch ihn hindurch.
Er zuckte zusammen. Sie lachte. Es erfüllte sie mit Freude, andere zu quälen.
"Und du?", fragte sie Albus, "Wieso bist du hier? Da werden Mommy und Daddy aber sicher nicht stolz sein!"
Sie machte einen Schmollmund, um gleich danach wieder in Gelächter auszubrechen.
"Wie leicht zu steuern Kinder doch bloß sind!", rief sie mehr zu sich selbst, "Wir müssen nur das selbe Blut teilen und schon kann ich euch manipulieren, wie es mir gefällt!"
Sie umschwebte eine Statue, doch ließ mir nicht genug Zeit, um einige Worte mit Albus zu wechseln. Aber wieso auch? Das war aussichtslos. Ich hatte keinen Plan. Die Angst lähmte mein Gehirn, dass ich nicht klar denken konnte.
"Was...wieso sind wir hier?", fragte ich. Ich musste wissen, was sie von uns erwartete.
Wieder lachte sie gurgelnd und kehlig.
"Nun, eigentlich brauche ich nur dich, Scorpius. Du musst etwas für mich holen...ich weiß auch schon, wo es sich befindet. Es ist nur schwer, etwas mit diesen körperlosen Händen zu fassen, meinst du nicht auch?"
Sie kam ganz nah an mich ran, blickte mir durch meine Hände fast in die Seele. Ich zitterte. Die Kälte fraß an mir.
"Warum?", fragte Albus plötzlich zornig. Bellatrix drehte sich zu ihm um und ließ von mir ab. Ich atmete erleichtert aus.
"Warum das alles?", fragte Albus und verschränkte die Arme, "Was willst du erreichen? Voldemort ist tot. Du kannst nichts ausrichten!"
Ich knirschte mit den Zähnen. Eine mutige, aber nicht gut durchdachte Provokation.
Bellatrix zog die Augenbrauen zusammen.
"Jetzt reicht es aber!", rief sie und bevor überhaupt jemand reagieren konnte, zog sie einen Zauberstab hervor.
"Stupor!", rief sie und in ihrer Stimme klang eine widerliche Zufriedenheit.
"Stopp!", rief ich und riss die Augen weit auf. Aber Albus wirbelte schon durch die Luft, wurde gegen die Wand geschleudert und blieb reglos auf dem Boden liegen.
"Was hast du getan?!", schrie ich. Ich spürte wie wütend ich wurde.
"Na na na!", sagte Bellatrix und richtere den Zauberstab auf mich, "Sei lieber still. Denn sobald du deine Aufgabe verrichtet hast, bist du nicht mehr nützlich für mich. Also: Es liegt ganz bei dir, ob ich dich hinterher noch am Leben lasse!"
Die Angst benebelte meine Sinne. Mein Herz schlug bis zum geht nicht mehr. Aber ich nahm all meinen Mut zusammen, um meine Stimme möglichst fest klingen zu lassen.
"Ich werde nicht das kleinste bisschen für dich tun!", sagte ich.
Bellatrix lachte, denn sie hielt mich nicht für eine Bedrohung.
"Du wirst gar keine Wahl haben, Schätzchen!"
Sie grinste und ich versuchte meinen Blick zu entziehen. Aber es ging nicht. Es war, als sei ich gefesselt. Und mir war schmerzlich bewusst, dass ich tatsächlich keine Wahl haben würde. Sie würde in mich hineinfahren und mich zu ihrer Marionette machen, ob ich wollte oder nicht. Sie würde nicht mal einen Imperiusfluch dafür brauchen.
Ich versuchte das Zittern meiner Beine zu verbergen, doch es ging nicht. Ich sah sie an, war an die Wand gelehnt und musste aussehen wie ein winselnder Welpe.
Doch was mich am meisten interessierte, war, wieso sie ihren Zauberstab benutzen konnte. Sie hatte ihn bei ihrem Tod in der Hand gehabt. Meistens waren die Zauberstäbe auch unter den Grabbeigaben. Aber hatte jemand sie überhaupt begraben?
Wieso funktionierte er noch?
Doch ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Ich dachte daran, dass es besser gewesen wäre, wenn wir nicht eingegriffen hätten. So, wie wir es am Anfang vorgehabt hatten.
Ich zitterte. Das Blut schien mir in den Adern zu gefrieren. Und ich teilte dieses Blut mit Bellatrix Lestrange, die mich jederzeit kontrollieren konnte. Und genau das tat sie jetzt.
Ich merkte, wie erst etwas in meine Gedanken drang. Ich spürte ihren wirren Blick in meinem Kopf.
Da hat jemand aber keine Okklumentik geübt.
Ich hörte ihre Stimme so deutlich, als wäre es meine eigene. Und ich versuchte mein Bewusstsein wiederzuerlangen. Ich war nur Millimeter davon entfernt, nicht mehr selbst denken zu können. Gleich hatte sie den Besitz von mir ergriffen.

Peng.
Irgendetwas war geschehen. Im ersten Moment dachte ich, Bellatrix wäre es gewesen. Doch ihre großen, dunklen Augen sahen genau so verwirrt wie ich zum Eingang der Kammer des Schreckens.
Niemand hatte die runde Schlangentür zugemacht. Denn wir hatten nicht erwartet, dass uns jemand folgt.
Aber jetzt stand genau dort eine kleine Gestalt, den Zauberstab angriffslustig auf Bellatrix Lestrange gerichtet.
Und zum ersten Mal in meinem Leben freute ich mich, dass Rose so eine nervige Stalkerin war.
"Tritt beiseite!", befahl sie und für einen Moment glaubte ich, das sei die Rettung.

HP Next Generation - Harry war gestern, jetzt komme ich! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt