Heißt das etwa...?

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Scorpius' Sicht

Wir schlichen die Treppen hinunter zum Kerker, als ich Albus anhielt.
"Was?", fragte er, "Wir müssen schnell zurück ins Zimmer, nicht dass uns noch jemand erwischt!"
"Ja", stimmte ich zu, "Aber es wäre besser, wenn Joel und Damian erst mal nicht davon mitbekommen, okay?"
Er nickte.
"Du hast es dir mit Damian verschissen, oder?"
Ich wurde leicht rot und war froh, dass man es mir in der Nacht sicherlich nicht anmerkte.
"Lenk nicht vom Thema ab", sagte ich. Schwache Leistung, Scorpius.
Albus hob die Augenbraue hoch.
"Was ist denn so wichtig, dass wir es hier draußen besprechen müssen?"
Ich sah mich um, damit ich mir auch ganz sicher war, dass niemand uns belauschte. Peeves konnten wir jetzt nämlich gar nicht gut gebrauchen.
Ich senkte die Stimme und flüsterte: "Ist dir klar, was wir gerade rausbekommen haben?"
Ich sah ihn ernst an, aber Albus schnitt eine Grimasse.
"Also irgendwie nicht wirklich was Sinnvolles, oder?", fragte er.
Ich schüttelte den Kopf.
"Nein, im Gegenteil. Hiermit haben wir den unumstößlichen Beweis dafür, dass tatsächlich etwas Schlimmes passieren wird. Die ganze Zeit über gab es die geringe Chance, dass wir viel mehr in die ganze Sache hineininterpretiert hatten. Die Chance war minimal, aber sie war vorhanden. Doch gerade eben haben wir erfahren, dass es wirklich so ist, wie es scheint! Ich meine, wenn es den Beiden aufgefallen ist, dann muss es etwas Ernstes sein. Und wir sind die Einzigen, die davon wissen. Aber wir können es keinem sagen. Denn wenn das die Richtige Lösung wäre, dann hätten Dumbledore und Snape McGonagall  ihren Verdacht schon längst mitgeteilt. Da sie es aber nicht getan haben, schließen wir daraus, dass es etwas Geheimes ist und sie nur darauf gewartet haben, dass es jemand anderem auffällt. Was wiederum bedeutet, dass wir in ernsthafter Gefahr sind,  denn hätten sie es sonst den nächstbesten Kindern mitgeteilt, die mal kurz in der Nacht ins Büro einbrechen?!"
Meine Stimme wurde zum Ende hin ziemlich hoch, weswegen Albus jetzt alarmiert den Finger an den Mund presste und "psst" zischte.
"Scorpius, sicher, dass du damit richtig liegst?", fragte er ruhig.
Ich nickte energisch mit dem Kopf. Verstandt er denn nicht, dass ich mir das alles nicht nur einbildete? Dass wir tatsächlich knietief in dieser Brühe aus Rätseln und Bedrohungen standen?
"Albus, mach die Augen auf! Verstehst du denn nicht, Snape hat uns all die Hinweise nicht umsonst gegeben! Er wollte, dass wir das Geheimnis lüften. Wir! Die Hoffnung der gesamten Zaubererwelt liegt auf uns!"
"Jetzt überdramatisiere es nicht", beruhigte er mich.
Ich schüttelte ernst den Kopf.
"Ich überdramatisiere hier gar nichts. Es ist offensichtlich, dass wir in Gefahr schweben! Hast du gehört, was Snape gesagt hat? Voldemort war nicht der einzige, der den Tod fürchtete!"
Albus kaute auf seiner Unterlippe.
"Nagut, und was glaubst du, wollte er uns damit sagen?"
Ich überlegte. Einzelne Gedanken reihten sich in meinem Kopf zu einer Kette zusammen. Die Wortfetzten schwirrten in meinem Kopf herum. Ich spürte, dass ich ganz kurz davor war, es zu verstehen...nur noch ein bisschen Zeit. Ich sah mich wieder um, nicht dass die Geister, insbesondere Peeves, uns entdeckten.
Und da geschah es -  wie ein Blitz durchzuckte mich die Erkenntnis. Nein, aber das durfte nicht wahr sein!
Ich riss die Augen weit auf und starrte Albus fassungslos an.
"Was?", fragte er beunruhigt und sah sich um, ob ich irgendetwas entdeckt hatte.
"Ich...weiß es", japste ich.

Albus' Sicht

Ich starrte in Scorpius' blasses Gesicht uns sofort packte die Angst auch mich. Was war es, was ihm klar geworden war?
Ich sah, wie er sich zusammenriss und dann fragte er: "Was passiert mit Zauberern, die sich vor dem Tod fürchten, wenn sie sterben?"
"Sie...", stotterte ich, denn auch mir wurde schlagartig bewusst, mit was wir es hier zu tun hatten, "...sie werden zu Geistern!"
Scorpius nickte.
"Du meinst also...dass einer dieser Geister hier in Hogwarts ist?", fragte ich unsicher, nur um noch mal sicherzugehen.
Wieder nickte Scorpius.
"Genau", sagte er, "Es ist eigentlich ganz logisch. Viele der Todesser haben den dunklen Lord bewundert, der amscheinend den Tod besiegt hatte. Also wollten auch sie das Gleiche. Dann sind sie in der Schlacht von Hogwarts gestorben..."
"...und hausen jetzt als Geister in den Gemäuern von Hogwarts", beendete ich den Satz.
Scorpius nickte und mir wurde schlecht.
"Scorpius, ich meine, es sind Geister!", versuchte ich nun irgendwo einen kleinen, verzweifelten Grund zu finden, wieso sie keine Gefahr darstellen sollten, "Als Geister haben sie ja nicht mal einen Körper!"
"Einen Körper nicht, aber immer noch ihren Verstandt", sagte er und wurde von Sekunde zu Sekunde bleicher, "...Albus...ich, ich glaube...es ist noch viel schlimmer, als wir denken: ...Als Geister haben sie keinen Körper, was sie nur noch stärker macht. Kein physischen Grenzen, kein Zauber, der sie treffen kann. Keine Möglichkeit, sie zu besiegen, denn sie sind schon tot."
Einige Minuten standen wir wie versteinert da. Vielleicht waren es auch nur Sekunden, vielleicht auch Stunden, ich wusste es nicht.  Ich hatte mein Zeitgefühl verloren.
Wie Sand in einer Sanduhr rieselten die einzelnen Worte in meinen Kopf. Erst nach und nach wurde mir das gesamte Außmaß klar, und am liebsten hätte ich einfach die Augen geschlossen und mich von all dem hier abgegrenzt. Nein,nein, nein, das durfte und konnte nicht wahr sein...oder zumindest wollte ich es nicht wahr haben.
"Scorpius", fragte ich nach einer Weile und mein Hals war schon ganz trocken. Er sah auf.
"Was tun wir jetzt?", fragte ich.
"Nichts", kam die tonlose Antwort von Scorpius.
"Wie nichts?"
"Du hast gehört, was Dumbledore gesagt hat: Dein Vater wolle keinen Ruhm. Wir sollen aufpassen. Und damit hat er recht. Wir sollten nicht die großen Helden spielen und am Ende alle ins Verderben stürzten. Sieh uns an. Was können wir schon dagegen tun? Wir sind Erstklässler. Wir haben weder das Wissen, noch die Mittel, um soetwas aufzuhalten. Das ist wie ein riesiger, rollender Stein. Hat er einmal angefangen, sich seinen Weg zu bahnen, dann kann ihn nichts und niemand aufhalten und je länger er rollt, umso mehr reißt er mit sich und wird schneller und schneller..."
Ich sah Scorpius sprachlos an. Ob vor Bewunderung oder Wut wusste ich ja selbst nicht so genau.
"Du meinst also, wir sollen einfach dastehen und nichts tun?", fragte ich.
"Ja, wird wohl das Beste sein. Wir können eh nichts mehr ausrichten."
"Aber...", stotterte ich, "...wenn doch? Wir könnten rausfinden, wer und wie viele es sind!"
"Und was soll das bringen? Dass wir wissen, ob uns noch viel oder wenig Zeit bleibt? Ach, schauen wir mal im Kalender nach, ach,...nächsten Freitag ist der Weltuntergang! Dann müssen wir den Zahnarzttermim wohl verschieben, sorry", er lachte trocken über seinen dämlichen Witz und auch ich musste mir zugestehen, dass auch ich leicht schmunzelte.
"Spaß bei Seite, Scorpius", sagte ich, "Wir müssen einfach irgendwas tun...wir müssen kämpfen, wir müssen sie aufhalten", rief ich.
Aber Scorpius schüttelte nur den Kopf.
"Nein", sagte er, "Ich verstehe, dass du der Sohn deines Vaters bist und ihn stolz machen willst und kämpfen und was weiß ich noch was für anderen Heldenkram...aber akzeptiere es einfach. Wir. Können. Nichts. Machen. Dumbledore hat uns gewarnt. Er hätte nicht gewollt, dass wir ein verlorenes Spiel weiterkämpfen, okay?
Am Besten wäre es, wenn wir einfach so weitermachen, wie bisher. Wir sollten die anderen nicht beunruhigen, damit sie ihre letzten Tage nichtsahnend genießen können.
Und wir sollten sie auch genießen, wer weiß, wie lange wir überhaupt noch leben."
"Du meinst also, wir sollen einfach aufgeben?", setze ich meine letzte Karte.

"Man kann nur dann aufgeben, wenn man eine Chance hatte."

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