Das Geständnis

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Scorpius' Sicht

Der Unterricht begann wieder und jetzt war Hogwarts wieder so voll wie normalerweise auch. Das bedeutete, dass auch Damian wieder da war. Und entgegen all meinen Hoffnungen hatte er mir immer noch nicht verziehen - im Gegenteil, irgendetwas schien seine Wut nur noch mehr genährt zu haben.
Ich kam gerade in unseren Gemeinschaftsraum, da ich mein Buch vergessen hatte. Sofort spürte ich seinen vernichtenden Blick.
"Hast du's jetzt mal?!", zischte ich ihn wütend an, bevor er dazu kam, selbst etwas zu sagen. Ich fühlte mich eigentlich nicht in der Lage, mich jetzt mit ihm anzulegen. Eine Leere begleitete mich ständig und ich war ziemlich schwach, aber ich gab mein Bestes, um es mir nicht anmerken zu lassen.
"Ach, der werte Mr Malfoy spricht mit dem normalen Volk", sagte Damian überheblich und seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.
"Was hast du jetzt schon wieder?", fragte ich und versuchte, so genervt wie möglich zu klingen. Er sollte gar nicht erst glauben, er wäre zur Zeit mein größtes Problem.
"Ach, jedes Mal, wenn wir uns sehen, bist du noch ein wenig eingebildeter als vorher", sagte Damian. Ich hob eine Augenbraue. Langsam begann er mich zu provozieren.
"Weiß du, Malfoy, du scheinst die Aufmerksamkeit der Leute ja förmlich zu brauchen, um dich nicht klein und unbedeutend zu fühlen...", machte er weiter und ich hatte eine dunkle Vorahnung, auf was das hier zulief.
Aber ich hielt die Klappe, ich war immerhin kein vorlauter Gryffindor und konnte mich beherrschen.
"...und nun tu nicht so unschuldig. Du kommst dir jetzt sicher vor, wie ein Kriegsheld, der erfolgreich aus einer Schlacht zurückkehrt, was?"
"Damian, hör auf oder das hier wird unschön enden!", sagte ich drohend und hoffte, die leeren Worte würden trotzdem ihre Wirkung nicht verfehlen. Fehlanzeige.
"Malfoy, die Zeiten sind vorbei, als ich tat, was du sagtest. Aber weiß du was? Du bist nur ein elfjähriger Junge, mehr nicht. Du kannst mir nicht drohen, egal wie mächtig deine Familie noch gewesen sein mag. Schließlich waren sie alle Todesser."
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Ich hatte geahnt, dass er dies gegen mich verwenden würde, aber es war trotzdem ein Schock.
"Nicht alle!", sagte ich mich bemühend, nicht auszurasten, "Und nicht alle die Todesser waren, haben dem dunklen Lord dienen wollen!"
"Ach wie nett. Da hast du einen Cruciatus abbekommen und schon glaubst du, alles zu wissen. Musst dich jetzt wahnsinnig toll fühlen, was? Ich bin Scorpius Malfoy und wurde schon mit 11 gefoltert. Ich bin ja soo cool, verbeugt euch jetzt alle vor mir!", machte er mich nach.
"Klappe!", schrie ich und schubste ihn gegen die Wand, "Glaubst du etwa ernsthaft, ich wäre so? Glaubst du allen Ernstes, dass es toll ist, einen Cruciatus abzubekommen?! Menschen sind dadurch verrückt geworden!"
Ich spürte, dass meine Stimme furchtbar laut war und sicher eine Menge Slytherins, die sich mit im Gemeinschaftsraum befanden, uns anstarrten. Aber ich hatte mich nicht unter Kontrolle. Ich fühlte die Erinnerung an den Schmerz ganz deutlich in meiner Brust und es tat immer noch höllisch weh, allein schon daran zu denken. Ich hatte nicht vergessen, wie es war, als fast jeder meiner Muskeln zu reißen schien und meine Knochen scheinbar brachen. Und sicher würde ich es ein Leben lang nicht vergessen können, denn sowas brennt sich in die Seele ein und vielleicht hatte es mich sogar etwas traumatisiert und egal wie sehr ich versuchte, mich auf andere Gedanken zu bringen, so wenig funktionierte es. Ich fühlte mich schwach und gebrechlich. Erst die Albträume, dann die Erkenntnis über meinen Vater und die Ohnmacht meiner Mutter und jetzt noch der Cruciatusfluch, durchgeführt von meinem eigenen Großvate, gefolgt von einem Dementor, der mir beinahe die Seele ausgesaugt hat. Unendlich viel konnte ich auch nicht ertragen!
Ich spürte, wie sich die Tränen in meinen Augen sammelten.
Aber ich sagte mir, dass ich jetzt nicht heulen würde. Deswegen gab ich mich der Wut hin, denn sie machte mich wenigstens stark.
Und ich bekam gar nicht mit, was ich tat, ich wollte einfach nur um mich schlagen und den Schmerz hinausschreien, damit jemand auch nur ansatzweise verstand, wie ich mich fühlte. Damit man auch nur ein Fünkchen der Verzweiflung bemerkte, die mich zerstörte und mich zerfraß.
Und ich realisierte erst gar nicht die Hände, die mich stark festhielten und so zog mich Brandon, schreiend und kreischend, aus dem Gemeinschaftsraum.
"Lass mich los!", schrie ich und befreite mich. Denn noch einmal würde ich mich nicht in die Enge treiben lassen. Denn das hatte ich gelernt. Vertraue nur dir selbst, alle anderen fügen dir Schaden zu.
Und ich musste ein ziemliches Theater gemacht haben, denn irgendwann kamen lauter andere schaulustige Schüler, um sich anzusehen, wie ich mich quälte. Um darüber zu lachen, wie ich mich benahm, denn sie konnten mich nicht verstehen. Sie wussten weder, was ich erlebt hatte, noch von dem brennenden Schmerz, der mich vernichtete. Denn für sie war ich einfach nur ein schreiender, komplett irrer Junge, bei dem eine Schraube locker war.
Und irgendwann war ich mit der Kraft am Ende. Die Worte sprudelten nicht mehr aus mir heraus, sondern waren gefangen in ihrer Hülle und ich sah nichts mehr, fühlte nichts mehr und fragte mich, ob sich so sterben anfühlte...

HP Next Generation - Harry war gestern, jetzt komme ich! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt