(nicht ganz so) weihnachtliche Weihnachtsferien

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Albus' Sicht

Es war schon später Nachmittag, aber weil es Winter war, ging die Sonne schon um halb sechs unter.
Rose war plötzlich verschwunden (was mich nicht wirklich störte) und seit dem hatte niemand sie gesehen.
Onkel Ron wütete in der Küche.
"Wenn meine Tochter jetzt weg ist, um einen dummen Malfoy zu suchen, dann, dann...!", rief er aufgebracht und stopfte sich Marshmallows in den Mund, wodurch er wie ein tollwütiger Dackel aussah.
Mein Dad stand vor der Tür - nur für den Fall, dass jemand von den anderen zurück kam. Ich machte mir auch Sorgen, denn ich wusste, dass dies hier noch ein Nachspiel haben würde. Es fing gerade erst an. Scorpius hatte mir erzählt, was mit seiner Mutter geschehen war. Wer weiß, was die Todesser als nächstes planten. Und das lenkte meine Gedanken unweigerlich an den Geist zurück. An den Geist eines Todessers, dessen Wunsch es war, den Tod zu besiegen. Ich dachte weiter nach und kam zu der Frage, was geschehen würde, wenn der Geist es tatsächlich zurück in die Welt der Lebenden schaffen würde? Dann wären Dinge geschehen, die niemand je für möglich hielt. Aber es hatte auch niemand geglaubt, dass man sieben Horkruxe erschaffen konnte. Das zeigte uns doch nur, wie wenig wir in Wirklichkeit wussten. Wie zerbrechlich die Realität, wie wir sie kennen, ist.
Und wie gefährlich Magie werden kann, wenn nur genug Entschlossenheit sie ausdehnen, in einer Seele steckt.
Ich schluckte. Das hier erreichte ein Ausmaß, zu dem es nie hätte kommen sollen. Und das Schicksal der Welt stand auf dem Spiel. Und ich spielte dieses Spiel nicht besonders gut.
Wer weiß, wenn ein Geist es schaffen würde wieder zu leben, was wäre dann noch alles möglich?
Hieß es nicht 'alles ist möglich, solange du nur stark genug daran glaubst'? Plötzlich hatte der Spruch überhaupt nichts aufheiterndes an sich - im Gegenteil, er machte mir noch mehr Angst.
Auf einmal wurde die Tür unten aufgeschlagen. Ich rannte aus meinem Zimmer und hechtete die Treppe hinunter. Dort stand Dad - mit Rose und Scorpius!
"Wo warst du!", rief ich überglücklich und eine Welle der Wonne überkam mich, dass ich mich zurückhalten musste, Scorpius nicht zu umarmen.
"Hm, hm", räusperte sich Rose, "Und ich bin wohl nicht da!"
Aber in dem Moment kamen Hermine und Ron angelaufen, um ihre Tochter zu umarmen.
Ich bemerkte Scorpius' traurigen Blick und stellte mich neben ihn. Er hatte niemanden, der so auf ihn gewartet hatte. Seine Eltern waren wahrscheinlich Hunderte von Kilometern entfernt, in einem ungewissen Zustand und nicht erreichbar.
"Hey", sagte ich, weil mir einfach nichts besseres einfiel.
"Scorpius, was ist mit deinem Bein?", fragte James plötzlich und nun schauten alle hinunter.
"Äh...kleine Verletzung, nicht weiter schlimm", beteuerte er, aber niemand glaubte ihm. Er verlagerte sein gesamtes Gewicht auf das andere Bein und er sah auch nicht besonders gesund aus. Um ehrlich zu sein hatten beide, Scorpius und Rose, einige Schrammen im Gesicht.
Hermine wühlte in ihrer Tasche: "Ich müsste irgendwo noch etwas Diptam haben...ah, na bitte!"
Sie holte ein kleines Fläschchen heraus: "So, und nun kommt ihr mal mit ins Wohnzimmer und erzählt, was passiert ist."

Nach einer Stunde Erzählzeit und einem gemeinsamen Weihnachtsessen verabschiedeten sich Hermine, Ron und Rose.
Die Tür fiel ins Schloss, aber wir blieben noch stehen.
"Ist dein Bein wieder in Ordnung?", fragte ich.
"Ja, funktioniert wieder perfekt!", grinste Scorpius und drehte wie zur Bestätigung seinen Fuß.
Ich rechnete es ihm hoch an, dass er immer noch tapfer lächelte und nach all dem immer noch so tat, als sei nichts geschehen.
"Kommt ihr?!", rief Lily aus dem Wohnzimmer.
Wir trotteten hin. Teddy, Dad, James und Lily standen schon dort und machten es sich auf der Couch bequem, während Mum eine DVD in den Schlitz schob.
"Wir schauen einen Film!", rief Lily froh und hüpfte aufgeregt auf ihrem Sitz, "Wollt ihr mitgucken?"
Ich hatte eigentlich nichts dagegen, den Tag so ausklingen zu lassen, aber Scorpius stammelte nur: "Nein, ähm, ich...eh...bin müde, ich geh schon mal ins Bett. Ihr könnte gerne gucken, aber...beachtet mich gar nicht, tut so, als wäre ich nicht da!"
Er drehte sich schnell um und verließ das Zimmer. Ich wollte ihm hinterher gehen, aber dann hielt Dad mich fest.
Er tauschte einen Blick mit Mum und sie stand auf.

Scorpius' Sicht

Im Treppenhaus hielt mich Ginny an.
"Scorpius", sagte sie und ich blieb stehen. Meine Wangen glühten immer noch und ich wollte eigentlich nichts lieber, als mich schnell in der Bettdecke zu verkriechen.
Ginny holte mich ein und lächelte. Sie hatte ein nettes Lächeln. Eigentlich mochte ich sie von den Erwachsenen am meisten. Sie war heute die einzige der Erwachsenen, die nicht zum goldenen Trio gehörte. Und ich war der einzige, der nicht mit zur Familie gehörte.
Okay, ganz so gut konnte man das nicht miteinander vergleichen, aber es war ja schon mal ein Anfang.
"Mrs Potter ... Ginny ... ich äh, hab eigentlich nicht viel Zeit-", versuchte ich mich aus der unangenehmen Situation rauszureden.
Aber in ihrem Blick lag solch eine Entschlossenheit, die mich dazu  brachte, doch stehen zu bleiben.
Doch dann wurde ihr Blick wieder sanft und sie sagte mit ruhiger Stimme: "Scorpius, ... also deine Eltern, sie..."
Ihre Stimme war unsicher. Auch sie wusste nicht, damit umzugehen. Man sagt halt nicht jeden Tag einem Kind, dass seine Eltern es ein Leben lang belogen hatten. Also wollte ich es ihr leicht machen.
"Ich weiß es schon. Todesser. Ich bin darüber informiert", antwortete ich deswegen knapp angebunden und meine Stimme war fester, als ich erwartet hatte.
Ginny schien sich zu entspannen.
"Also gut, dann...das war alles" sagte sie, wendete sich zum Drehen, aber dann sah sie mich wieder an.
"Scorpius, du musst wissen, dass alle Eltern ihre Kinder lieben. Und glaub mir, sie beabsichtigen nie sie zu verletzen. Vergiss das nicht, ja?"
"Okay", sagte ich tonlos. Damit war das Gespräch beendet.

Am nächsten Tag versuchte Ginny einen Tagespropheten schnell zu verstecken, aber ich holte ihn trotzdem aus dem Müll. Auf Seite 1 stand ein Artikel. Ein sehr beunruhigender Artikel. Und ich brauchte ihn nicht mal zu lesen, um zu wissen, was drin stand. Es hatte Todesserangriffe gegeben. Warum sonst hätte jemand versucht, ihn vor mir zu verstecken?
Ich begann zu lesen. Es beeindruckte mich nicht. Ich überflog die Liste.
Es waren 13 Angriffe gewesen, vier davon auf Muggel.
Ich blätterte um. Die Anzahl mit dem Morden. Mir wurde schlecht. Sechs Tote,  neun schwer verletzte. Doch die Namen sagten mir nichts.
Ich kannte diese Leute nicht. Weder wusste ich, wie sie gewesen waren, noch wer der Täter war.
Aber ich konnte die Trauer nachempfinden, die man beim Tod eines geliebten Menschen verspürt. Und ich hoffte, dass die Verstorbenen jemanden hatten, der sich nun um sie sorgte. Denn sonst wäre es wirklich bedauerlich. Wenn es niemandem gibt, der sich an dich erinnert, dann ist es so, als wärest du nie auf dieser Welt gewesen.

Am Nachmittag wollte Lily unbedingt, dass ich mit ihr Puppen spiele. Albus meinte, ich müsse es nicht tun. Aber es war das Mindeste, um mich dafür zu revanchieren, dass die Familie mich aufgenommen hatte.
Und ich hatte keine Geschwister. Deswegen war es eine völlig neue Erfahrungen, bei den Potters zu wohnen. Fünf Tage war ich schon bei ihnen und es war immer was los. Es half mir, mich von dem ganzen Stress abzulenken. Ich half James beim Abwasch, den er sich selbst eingebrockt hatte, spielte mit Lily und tat, was ich konnte, um mich nützlich zu machen. Albus war der beste Freund, den man sich wünschen konnte. Er war immer für mich da und verstand mich als einziger.
Aber trotzdem kam ich mir fehl am Platz vor, egal wie viel Mühe sich alle machten. Ich fühlte mich wie Platzverschwendung, unnütze Arbeit, wie eine Last.
Und so verkroch ich mich immer tiefer in mir selbst. Die anderen mussten nicht wissen, wie ich mich fühlte. Es machte mir regelrecht Angst, dass andere zu viel über mich erfuhren. Das machte einen irgendwie schutzlos. Und obwohl ich mich anstrengte, konnte ich mich nicht vor dem Schock schützen, als am elften Tag ein Brief kam. Und vor dem neuen Artikel im Tagespropheten.
Am nächsten Tag klingelte es an der Tür.

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