Unheil

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Rose's Sicht

Ich saß in der Bibliothek, während draußen ein Gewitter wütete. Seit einigen Tagen hatte sich das Wetter nicht verändert. Den ganzen Tag lang war der Himmel grau und selbst wenn Sonnenstrahlen sich den Weg an die Himmelsphäre bahnten, so wurden sie bald vom Niederschlag verdrängt.
Es war Mitte Oktober und in dieser Jahreszeit war solches Wetter profan.
Doch langsam drückte der immergraue Himmel aufs Gemüt.
Ich merkte, wie Hogwarts langsam in einen stillen, schläfrigen Schleier gehüllt wurde. Und ehrlich gesagt, dieser Schleier beunruhigte mich langsam.
Es war, als würde irgendeine Macht ganz Hogwarts durch Antriebslosigkeit schwächen.
Ich durchwühlte krampfhaft die Regale nach irgendwelchen nützlichen Büchern. Irgendeine Erklärung oder wenigstens eine Vermutung zu diesen Erscheinungen musste es doch geben?
Ich fuhr mit der Hand über die Buchrücken.
Kalter Schauer durch Dementoren.
Wetterzauber zum Selberlernen.
Der Imperius und seine Folgen.
Alles nur irrelevant.
Unter anderen Umständen hätte ich mir die Zeit genommen und diese Bücher durchgeschaut.
Doch aus einem unerfindlichen Grund schien ein Zeitdruck auf meiner Brust zu lasten.
Die Zeit drängte und mit jedem Tag wurde der Schleier aus Langeweile und Gleichgültigkeit dicker. Es war, als würde ein Todesurteil über Hogwarts schweben. So wie das dunkle Mal über Häuser, in denen gemordet wurde. Doch das war schlimmer. Denn es passierte langsam und unbemerkt und ehe wir uns versahen, würde die Katastrophe ein gewaltiges Ausmaß annehmen.
War ich denn hier die Einzige, der auffiel, dass etwas nicht stimmte?
Ich sah durch die Bibliothek. Schüler saßen gelangweilt über ihren Hausaufgaben oder blätterten lustlos irgendwelche Bücher durch.
Madam Pince saß in ihrer Ecke und trank Tee, während ein aufgeschlagener Tagesprophet auf dem kleinen Tisch vor ihr seinen Platz fand. Seltsam. Sie sah ganz ruhig aus. Das kam normalerweise nicht vor, sonst hatte sie immer etwas zu meckern, von wegen alle seien viel zu laut.
Insgesamt hatte sich der Lärmpegel überall in Hogwarts gesenkt, nicht nur in der Bibliothek. Und es musste einen Grund dafür geben.
Ich überlegte angestrengt,was dieser Wohl sein könnte. Und dann kam ein Gedanke wie ein kühler Lufthauch, der dich wach kriegt, doch frösteln lässt.
Ich dachte an eine Stimme. Eine unbekannte Stimme, die ich flüstern gehört hatte. Und zwar an dem Tag, an dem ich im Krankenflügel lag.
Was hatte sie doch gleich gesagt?
Ich habe auf dich gewartet...und endlich gehörst du miiirrr!
Ich schauderte. Was konnte das bedeuten? Wer wartete auf mich? War ich überhaupt gemeint? Oder jemand aus meiner Familie? Vielleicht meinte die Stimme nicht mich als Person, sondern mich als Träger einer Blutlinie.
Und wenn ja, wieso? Meine Mutter war Muggelstämmige. War es jemand von den Zauberern, die Bessesen von reinem Blut waren? Todesser? Anhänger Voldemorts?
Aber wer?
Plötzlich hatte ich endlich einen Plan: Zuerst mal alle früheren Todesser auflisten. Am besten die, deren Kinder mit mir in Hogwarts waren, denn das wäre dann eine direkte Gefahrenquelle.
Ich nahm mir ein Pergament und eine Feder.
Gleich an erster Stelle kam Draco Malfoy. Würde sogar passen, wo sein Sohn mit mir in eine Klasse ging.
Wen noch? Blaise Zabini mit Isabella Zabini. Die beiden, sowohl ihre Kinder, waren gut befreundet.
Was, wenn dies eine geheime Verschwörung war?
Dann mussten es noch Todesser aus ihrer Zeit sein. Ich schrieb noch Vincent Crabbe und Gregory Goyle auf...
Nach und nach füllte sich die Liste mit Namen. Aber wo war der Zusammenhang? Das Motiv?
Waren sie nicht alle mehr oder weniger dazu gezwungen worden, Todesser zu werden? Dann musste es sich wiederum auf die Eltern dieser Todesser zurückführen. Doch auch hier stieß ich an eine Sackgasse.
Viele dieser Todessereltern waren tot.
Zum Beispiel Lucius Malfoy, soweit ich gehört hatte.
Und hatte seine Frau nicht für Harry Potter gelogen? Wollte sie nicht am Ende nur das Wohl ihrer Familie?
Ich kritzelte wahllos irgendetwas an den Rand des Pergments. Ich fühlte mich wie ein Detektiv in geheimer Mission und mein Herz schlug rasend schnell.
Immer wieder gingen mir die Worte der Stimme durch den Kopf: Ich habe auf dich gewartet...und endlich gehörst du miiirrr!
Ich musste anders an die Sache herangehen. Vielleicht war meine jetzige Spekulationen ein Irrtum.
Ich schrieb den ominösen Satz mit auf das Pergament. Ich musste auch seine anderen Teile beobachten.
Wie war es mit :"Und endlich gehörst du mir"?
Jemandem gehören. Besitz sein. Ich suchte Wörter, die ich damit in Zusammenhang bringen konnte.

Imperius.
Abhängigkeit.
Untertan.
Unfrei.
Diener.
Sklave.

Schlussendlich führte auch das mich zu dem Resultat, dass die Todesser eine gravierende Rolle übernehmen würden. Sie waren soetwas wie Sklaven.

Ich sah mir den Satz genauer an. Dabei fielen mir besondere Worte auf.
Gewartet. Endlich.
Das waren alles Zeitangaben. Irgendetwas musste an dieser Zeit anders sein. Wieso tat derjenige, der etwas tun wollte, es nicht schon vor Jahren? Was war das besondere an diesem Jahr? Es musste ein bestimmtes Ereignis geben. Oder ein Jubiläum. War vor vielen Jahren genau zu diesem Zeitpunkt etwas geschehen? Der Zeitpunkt einer Tat muss symbolisch für irgendwas sein.
So wie man Geburtstag symbolisch für den Tag, an dem man geboren wurde, feiert.
Es musste einen Grund für diese Zeit geben. Es war Herbst. Die Blätter fielen von Bäumen und bleiben auf dem Boden leigen. Leblos. Tot.
Waren sie und der Herbst Metaphern für Leichen am Boden?
Ich zuckte bei diesem Gedanken zusammen. Aber es war sicher nicht der einzige Grund. Bald war Helloween. Die Todesnacht von James und Lily Potter. Der Untergang von Voldemort. Seine erste Niederlage.
Sollte das, was immer geschehen mag, die Revanche dafür sein?
Ich grübelte weiter. Ich brauchte weitere Indizien für meinen Verdacht. Voldemorts zweite Machtübernahme.
1994 beim Trimagischen Turnier.
Das Trimagische Turnier! Die erste Aufgabe war am 24. November. Es ging langsam auf den November zu. Vielleicht passierte dann etwas.
Ich sollte wachsam sein!

Ich sah mir an, was ich geschrieben hatte. Einen eindeutigen Zusammenhang oder ein Ziel, auf welches alles zulief, konnte ich noch nicht erkennen.
Aber es hatte etwas mit Voldemort zu tun. Ganz sicher! Und mit Todessern. Vielleicht wollten sie ihn zurück zum Leben erwecken. Aber das war unmöglich! Wer einmal tot ist, ist tot!
Und von Voldemort war nicht mal ein Stückchen Seele übrig, nicht mal ein Geist. Dafür war sie viel zu verstümmelt.
Aber was dann?
Plötzlich kam mir ein furchtbarer Gedanke. Voldemort war tot. Das hieß, die Todesser hatten niemandem zu gehorchen. Und das wiederum bedeutete, dass sie ihre ganz eigenen Pläne entfalten konnten.
Vielleicht war das der Schwachpunkt an der letzten Machtübernahme.
Es gab eine Person, von der alles abhing. Das war Voldemort. Und als er starb, ging alles zu Bruch.
Was, wenn sie diesmal keinen Anführer haben würden? Wenn sie stärker waren, da alle gleichberechtigt waren? Wenn es keine Schwächeren gab?
So hatte es die gute Seite damals gemacht. Sie hatten auf ihr Bündnis gezählt, auf Gleichberechtigung und jeder hatte jedem geholfen. Deswegen waren sie stark gewesen. Es waren keine einzelnen Spieler, sondern ein großes Team, das zusammenhielt.
Was, wenn die Todesser sich das abgeschaut hatten?
Welche Stärke hatten wir dann überhaupt auf Lager?

Vollkommen geschockt über meine Erkenntnis packte ich mein Pergament und die Feder ein und lief los. Ich verließ die Bibliothek mit einem Plan.
Une der erste Schritt hieß: Malfoy und Potter beobachten.
Sie waren eine gefährliche Mischung.
Malfoy hatte genügend Kontakte zu sogut wie jedem. Und von einem Potter würde niemand etwas Böses erwarten. Dann hätten sie den Überraschungseffekt.
Aber niemand würde hier seinen gemeinen Plan durchführen können. Nicht, wenn ich es verhindern konnte.
Und in meiner Brust loderte erneut die Flamme der Gerechtigkeit.

HP Next Generation - Harry war gestern, jetzt komme ich! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt