Ich rannte auf die Straße ohne auch nur daran zu denken, dass ich eigentlich keine Ahnung hatte wo genau ich nach Jane suchen sollte. Sie konnte schließlich überall sein. Verzweifelt lief ich hin und her und überlegte dabei wie ich meine beste Freundin finden sollte. Die ganze Situation war noch problematischer, da ich keine Brille mehr hatte. Für mich war jeder Mensch nichts weiter als ein verschwommener Farbfleck. Wie sollte ich in diesen Farbenchaos also Jane finden? Ich musste schon wirklich nah an sie herankommen um sie zu erkennen oder sie musste etwas sagen, damit ich sie von der Ferne anhand ihrer Stimme zu ordnen konnte. So oder so die Chancen sie zu finden standen noch schlechter und es ging eh schon um die berühmt berüchtigte Nadel im Heuhaufen, wenn man in einer Stadt eine Person suchte, die überall sein konnte.
Nein, eigentlich konnte sie nicht überall sein. Sie war ja auf den Weg zu diesem Mistkerl Alex. Das hieß sie war an irgendeinem Ort, den sie mir gegenüber vielleicht schon erwähnt hatte, etwas wo sie sich häufig getroffen hatten. Vielleicht war sie ja in diesem Club Pasanguis von dem Jane sooft geschwärmt und wo sie schließlich auch Alex kennengelernt hatte. Ihr zufolge gab es dort fast nur gut aussehende Männer und die Showeinlagen waren vom Feinsten genauso wie die DJs, die sie fast bis zum Himmel gepriesen hatte. Allerdings hatte sie mir verraten, dass nur die wenigsten Leute dort reinkamen. Man musste ihrer Meinung nach unglaublich gut aussehen und auch noch ein bestimmtes Alter haben. Man durfte nicht zu jung aber auch nicht zu alt sein.
Ich blickte an mir hinunter und merkte, dass meine Chancen in den Club zu kommen relativ gering waren. Ich hatte einer meiner alten halb ausgewaschenen dunkelblauen Jeans an, ein schlapper T-Shirt und dazu meine Jeans Jacke. Meine Frisur konnte man auch nicht als gerade schick bezeichnen. Ich trug immer noch den mittlerweile zerzausten Pferdeschwanz von der Arbeit. Schminke hatte ich auch nicht aufgelegt, die war viel zu teuer, als dass ich sie mir für den normalen Alltag leisten konnte. Trotzdem wollte ich mein Glück versuchen. Ich musste mein Bestes geben um Jane zu finden! Vielleicht oder auch wahrscheinlich ging es ihr in diesem Moment wirklich dreckig und der Mistkerl Alex verdiente wirklich keine zweite Chance. Wie er mit ihr einfach Schluss gemacht hatte ohne Begründung war allerletzte Sau.
Ich fragte also rasch zwei Teenager wie ich zu den Club Pasanguis käme und diese konnten mir sofort sagen wo der "Nobelschuppen" stand. Allerdings hatten sie mit einen Blick auf meine Kleidung mir gleich versichert, dass ich niemals so hineinkäme.
Trotzdem lief ich los und kam nach einer halben Stunde vor der Disko an. Draußen wartete bereits eine lange Schlange von Männern und Frauen. Alle waren top gestylt und ähnelten eher Models und Schauspielern als dem normalen Durchschnittsbürger. Ohne meine Brille konnte ich es nicht genau sagen, aber ich war mir ziemlich sicher dass sie alle Markenklamotten trugen, denn als ich mich hinter sie stellte, stieg mir der verführerische Geruch von verdammt teuren Parfüm in die Nase. Wieder einmal wurde mir bewusst wie gut Jane aussah, wenn sie einfach so in diesen Laden gekommen war. Ich hingegen wurde von allen angestarrt als sei ich ein Alien. Ein Alien der ziemlich abstoßend wirken musste, denn die überheblichen Blicke musste ich gar nicht erst sehen um sie spüren zu können.
Als ich an der Reihe war hielten mich natürlich die zwei Muskelprotze von Türsteher auf, die wohl Sondergrößen brauchten um in ihren schwarzen Anzügen zu passen. Aber wie war das anders zu erwarten gewesen? Doch bevor sie auch nur etwas sagen konnten legte ich schon los: „Ich weiß ich bin wohl nicht Ihr Durchschnittskunde. Das habe ich auch sicherlich nicht vor zu werden. Ich möchte nur meine Freundin abholen. Bitte, ihr geht es zurzeit wirklich mies."
Einer der Türsteher lächelte entschuldigend: „Tut mir leid, aber wir können dich wirklich nicht so reinlassen. Du kannst dein Glück ja morgen noch einmal versuchen."
Ich fluchte innerlich. Er nahm mir die Geschichte mit meiner Freundin wohl nicht ganz bare Münze, doch äußerlich blieb ich höflich und gelassen, etwas das ich als Kellnerin gelernt hatte. „Bitte, ich muss gar nicht in diesen Club. Wenn ich Ihnen die Person beschreibe, können Sie sie doch einfach herausholen, oder?"
Hinter mir setzt ein Murren ein. Anscheinend waren die Gäste nicht sonderlich erfreut, dass sie warten mussten. Der Türsteher der sich mit mir unterhalten hatte, blickte hinter mich und seine Mine wurde streng und unerbittlich als er erklärte: „Nein, das geht nicht. Tut mir leid. Können Sie nun bitte gehen?"
„Ich kann Ihnen ein Foto von ihr zeigen." Der Türsteher schob mich beiseite und ignorierte mein Flehen.Auf einmal legte sich eine Hand auf meine Schulter und eine dunkle melodische Stimme ertönte: „Lassen Sie dieses Mädchen doch ausnahmsweise einmal ein. Ich nehme Sie als meine Begleitung mit."
Der Türsteher wirkte als erstes vollkommen verwirrt, dann verbeugte er sich knapp und meinte mit einem höflichen Lächeln: „Natürlich Sir."
Die Hand schob mich immer weiter bis wir schließlich in dem hellen Vorzimmer vor dem Clubraum waren. Ich drehte mich um, um mich zu bedanken, doch die Wörter blieben mir im Halse stecken, stattdessen entfuhr mir: „Was machen Sie denn hier?"
Der gutaussehende Mann lächelte selbstsicher. Sein Anzug war tadellos als stamme er aus einen Schauwarenfenster und auch seine langen dunklen Haare waren diesmal nicht leicht zerzaust, sondern ordentlich im Nacken zusammengebunden. „Ich habe dir gerade aus der Patsche geholfen. Solltest du dich nicht bei mir bedanken?"
„Ich bedanke mich ganz sicher nicht bei Ihnen, nicht nach der Nummer, die Sie im Kaffee abgezogen haben." Ich verengte meine Augen zu Schlitzen und machte einige Schritte weg von ihm. „Und ich bin auch nicht Ihre Begleitung. Suchen Sie sich jemand anderes."
Der Mann grinste nun wölfisch und eine Gänsehaut kroch mir über meinen Rücken. „Du kannst natürlich auch jederzeit zurückgehen. Solange du meine Begleitung bist kommst du rein. Bist du das nicht mehr wirst du rausgeschmissen."Ich knurrte leicht, doch eigentlich hatte ich keine Wahl. Ich musste Jane finden. Der Mann streckte eine Hand aus und fragte mit übertrieben höflich und schmeichelnder Stimme als sei ich kein normales Mädchen, sondern eine Prinzessin aus einem Märchen oder etwas in der Richtung: „Darf ich Ihre Jacke entgegennehmen?"
Er wollte mir schon helfen aus der Jacke zu schlüpfen, doch ich wich zurück. „Ich werde nur kurz bleiben."
„Aus welchen Grund denn? Wolltest du nicht dringend in diesen Club hinein?"
„Ganz ehrlich? Ich will hier zum Teufel nicht sein! Ich suche nur meine Freundin, dann werde ich so schnell ich kann wieder von hier verschwinden.", zischte ich ihn verärgert an.
„Wieso suchst du Sie denn?", seine Stimme klang nun ehrlich besorgt und bei jedem anderen hätte ich dies ernst genommen, doch er hatte mich einfach so geküsst, gegen meinen Willen! ER war ein Playboy und ICH würde jede seiner Taten und seiner Entscheidungen in Frage stellen und nicht sofort glauben sie kämen von seinem großen Herzen.
„Ihr geht es schlecht, deswegen muss ich sie dringend finden." Ich vertraute ihm nicht und solange würde ich ihm auch nicht erzählen was genau mit Jane los war. Wahrscheinlich würde ich so etwas nicht einmal meinen Freunden verraten, wenn ich denn welche hätte, mit denen ich ständig Geheimnisse austauschen täte. Normalerweise war dafür ja immer Jane da.
Der Mann wartet nicht länger auf eine genau Antwort, sondern öffnete mit einer eleganten Bewegung die Tür und bat mich einzutreten.
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Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler Reihe
VampireUmgeben von der Dunkelheit, gefangen in den Armen eines Vampiroberhaupts und vermählt mit dem Tod, der sie auf Schritt und Tritt begleitet. Kates gesamtes Leben wurde in ein blutiges, dunkles Sein gerissen und sie steht mit all den zerbrechlichen Ho...