Tanz der Gefahr - 1

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Mein Herz schlug mir bis zum Hals, doch ich ließ mich von der Musik tragen. Die anderen Frauen auf der Tanzfläche schienen nicht wirklich begeistert von mir, aber erst recht nicht von Elfe zu sein. Diese hatte sich bereits eine Stange gegriffen und begann im Takt der Musik ihren Körper verführerisch zu drehen und zu winden. Der schwarze Stoff an ihrem Rücken flog bei den schnelleren Bewegungen hoch und ließ es so scheinen als habe sie schwarze Flügel. Doch sie tanzte immer so geschickt, dass der Stoff stets ihre Narben verdeckte. Ich rief mir innerlich Mut zu und wollte ebenfalls zu einer der Stangen gehen, da kam eine Frau in schwarzer Lederunterwäsche auf mich zu stolziert. Ihr hochtoupiertes, dickes, welliges Haar, gab ihr einen wilden Ausdruck, dass von ihrem dick aufgetragenen Make Up noch verstärkt wurde. Ihre runden Ohrringe waren so groß wie Armreife und als sie den Kopf in ihren Nacken warf, damit sie verächtlich auf mich herabsehen konnte, berührten die riesigen glitzernden Reife ihre Schultern.
„Was wollt ihr hier?!", fragte sie auf Russisch mit wütend blitzenden Augen und der perfekten Tussi Miene.
Ich stemmte die Hände in die Hüfte und machte einen ebenso arroganten Gesichtsausdruck. „Wir wurden hierherbestellt, weil du nicht mehr genügt hast."
Sie plusterte sich auf wie eine Huhn und drohte: „Verschwindet von hier! Das ist unser Jagdgebiet. Wir dulden keine Neulinge, die sich nicht vorher bei uns angemeldet haben."
Ich zog eine Augenbraue hoch und bemühte mich ebenso verächtlich auf sie herunterzuschauen, obwohl ich ganze fünf Zentimeter kleiner war als sie und das trotz meiner höheren Stiefelabsätze. „Wir? Ich sehe hier nur dich. Komm mal wieder von deinem Pluralis Majestatis herunter. Du bist nichts weiter als eine Stripperin und das bleibt auch so trotz deiner Show hier."
Ihr Mund klappte auf und sie wollte sich auf mich stürzen, doch ich wich geschickt zurück. Sie fiel hin und starrte mich wütend vom Boden aus an. Ich war jedoch noch nicht fertig mit ihr. Sie war etwas, dass sich zwischen mir und meinen Freunden stellen wollte. Ich musste ihr also wohl oder übel zeigen wie der Hase lief. Aus diesem Grund stellte ich meinen spitzen Stiefelabsatz auf ihren Rücken, wie es ein Sieger nach einem langen Kampf getan hätte. Dann beugte ich mich zu ihr herab und erklärte mit lieblicher sanfter Stimme: „Komm mir nicht mehr in die Quere, wenn du weißt, was gut für dich ist."
Sie zischte wütend und wollte aufstehen. Ich verstärkte jedoch den Druck auf ihren Rücken und der spitze Absatz bohrte sich in ihr Fleisch. Schnell wurde das wütende Zischen zu einem Schmerzensschrei. Sie wehrte sich noch heftiger, doch ich blieb wo ich war und verstärkte sogar noch den Druck. Erst als sie aufgab und leicht wimmernd am Boden lag, beugte ich mich zu ihr herab und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich schätze du hast deine Lektion gelernt, sonst muss ich noch zu härteren Mitteln greifen." Innerlich fühlte ich mich wegen meiner Handlung furchtbar, doch sie hatte mir jegliche Wahl genommen, als sie sich, wenn auch unabsichtlich, zwischen mir und meinen Freunden gestellt hatte. Außerdem hätte sie vielleicht sogar unseren Plan vereiteln können, wenn ich ihr nicht diese sehr fiese Lektion erteilt hätte.
Einige Pfiffe und Anerkennungsrufe erfüllten mit einem Mal den Raum. Zu spät wurde mir Bewusst, dass mein Kleid beim Herunterbeugen nach oben gerutscht war und alle Anwesenden im Raum somit eine gute Sicht auf meine Spitzenunterwäsche hatten. Besonders als ich der Frau auf dem Boden die Warnung ins Ohr gezischt hatte, musste man einen perfekten Blick gehabt haben, denn ich hatte eben meinen Hintern so schön in die Höhe gestreckt. Mein erster Gedanke war das Kleid sofort wieder herunter zu reißen und mich so gut es eben mit diesem Fetzen ging zu verdecken, doch ich unterdrückte den Impuls. Stattdessen richtete ich mich zuerst auf, ordnete meine Haare gespielt langsam und zog dann das Kleid wieder richtig, bevor ich mit wiegenden Bewegungen auf eine Stange genau in der Mitte des Podestes zusteuerte.
Die Pfiffe wurden lauter als ich das kühle Metall ergriff. Für einen Moment hatte ich keine Ahnung was ich jetzt tun sollte. Die Aufmerksamkeit hatte ich nun, doch ich musste sie auch behalten und ich war noch nie gut im Tanzen gewesen und diese Art von Tanz hatte ich noch nie vorgeführt. Ich ging einmal um die Stange herum, die Hüften betont schwingend. Was sollte ich tun? Ein Geistesblitz zuckte kurz und schnell durch mein Gehirn. Im Camp hatten wir an vielen Trainingsstangen aus Metall geturnt. Ich verfluchte meine hohen Schuhe, doch nun wusste ich was zu tun war. Die Idee war zwar mehr eine Art Leistungssport als diese Art von „Tanzen", die hier erwartet wurde, doch es war immerhin besser als nichts. Solange ich genug Angab würden die Leute vielleicht zufrieden sein.
Ich wagte es nicht zu meinem Ziel hinaufzuschauen, sondern begann sofort mit dem Spiel. Wie erleichtert war ich in diesem Moment, dass man uns im Camp auf Gelenkigkeit, Kraft und Ausdauer trainiert hatte. Wäre ich der Bücherwurm von damals gewesen, würde ich nun versagen, doch so war ich mir sicher die Prüfung bestehen zu können. Elegant hob ich ein Bein. Das Kleid rutschte etwas hoch, was zu meinem Gunsten war, denn nun konnte ich einen Standspagat vollführen. Meine Absätze berührten dabei die Stange. Das Pfeifen wurde zu einem lauten Johlen.
Ich holte tief Atem. Ich schaffte das! Ich konnte das! Ein zufriedenes, aber sicherlich auch arrogantes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich ließ das Bein wieder sinken, rannte um die Stange herum um Schwung zu bekommen, ergriff dann mit beiden Händen das Metall und hob meinen gesamten Körper in die Luft. Rasch griff ich um und mein Körper vollführte nun Drehungen an der Stange, so leicht als sei die Stange waagrecht zum Boden wie ein Reck und nicht senkrecht zur Erde. Dann spürte ich wie ich langsamer wurde, der Schwung meines Anlaufs war fast verbraucht. Ich spannte meine Schultermuskulatur an und hob die Beine zur Musik rasch hoch und umschlang mit ihnen die Stange. Ich hing kopfüber über den Boden. Ich betete zu all meinen Schutzengeln, dass ich mit diesen verdammten Stiefeln nicht abrutschen würde und löste meine Hände ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden. Dann hob ich meinen Oberkörper zu den Beinen hoch, berührte den Absatz meiner Schuhe mit den Fingern, drehte meinen Kopf und lies meinen Oberkörper wieder sinken, sodass ich für einen winzigen Moment erneut die Stange umschlang wie eine Schlange. Ich zog mich Blitzschnell hoch, umklammerte mit den Händen die Stange oberhalb meiner Fersen und löste dann die fest verankerten Füße.
Das Gejohle wurde noch lauter. Ich machte einige, wie ich hoffte, zur Musik passende und erotische Bewegungen und versuchte dabei immer ein Stückchen höher an der Stange zu klettern. Am Ende des Lieds war ich auf Höhe des Sofas angelangt. Keine andere Stripperin war so hoch wie ich. Herausfordernd schaute ich nun in die eisblauen Augen meines Zielobjekts. Meine Hände zitterten in einem panischen Anflug und beinahe hätte ich die Kontrolle über sie verloren. Wäre das Geschehen, wäre ich hinab in die Tiefe gestürzt und gestorben. Ich nahm all meine Kraft zusammen und überwand den Ekel vor mir selbst und dem was ich nun tun müsste, schließlich blieb mir keine andere Wahl, wenn ich meine Freunde retten wollte. Ich musste mein Ziel verführen um in die Privatgemächer zu kommen, damit Wolf, Einstein, Schlange und Bär endlich von hier fliehen konnten! Es gab keinen anderen Weg, auch wenn mir bei diesem Gedanken schlecht wurde.
Ich versuchte mir verführerisch über die Lippen zu lecken, dabei umklammerte ich mit den Beinen fest die Stange, machte aufreizende Bewegungen mit der Hüfte und fuhr mir mit den Händen meinen Körper entlang. Keinen Moment länger hielt ich das Theater aus. Ich war angeekelt von mir selbst, deshalb lockerte ich etwas den Halt meiner Füße. Sofort rutschte ich an der Stange wie im freien Fall nach unten. Kurz vor den Boden stoppte ich die Geschwindigkeit abrupt mit den Stiefeln. Die Menge, die für einen Moment gespannt, aber nicht entsetzt geschwiegen hatte, jubelte auf und ich löste mich von der Stange und machte eine Verbeugung.


P.S. Heute früh war "Layna - 1 " wieder als Entwurf gespeichert. Falls jemanden auffällt das ein Kapitel "verschwindet", gebt mir doch bitte Bescheid. Ich weiß leider derzeit noch nicht welcher kleiner Dämon sich da eingeschlichen hat.

Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt