Für einen verrückten Moment erinnerte mich dieser Satz an ein Kind, das immer in Einsamkeit gelebt hatte. Ich wollte ihn für diese winzige Sekunde tatsächlich einfach nur fest in meine Arme schließen, dann wurde mir bewusst wer er war. Damian war ein Vampir mit einer Macht, die ich noch nicht einmal ansatzweiße begreifen konnte. Jeder um ihn herum gehorchten ihm, im wurden Möglichkeiten geboten von denen ich nicht mal zu träumen wagte. Er konnte einen Menschen einfach so aus seinem ehemaligen ruhigen Leben herausreißen und in diese blutige Welt zerren, nur weil er es interessant fand. Ich fing an ihn zuerst vorsichtig, dann immer fester und entschlossener von mir wegzudrücken. Meine Kraft hätte niemals gelangt um ihn ernsthaft von mich zu stoßen, denn gegen seine mystischen Vampirkräfte kam ich einfach nicht an, trotzdem ließ er mich sanft los und brachte etwas Abstand zwischen uns.
Seine granitgrauen Augen blickten halb stolz, halb entschlossen auf mich herab und ein Lächeln, das ich nicht genau deuten konnte, schwebte um seine Mundwinkel. „Du musst jetzt stark bleiben. Weißt du noch? Du musst stark genug sein um alleine zu kämpfen."
Ich verfluchte meine damalige Antwort. Wieso war ich damals nur so dumm gewesen? Hatte ich wirklich behauptet, dass ich stark genug war? Aber wie hätte ich vor diesem unscheinbaren Kino wissen sollen, was für eine Lebensweiße ihm bei dieser Frage im Sinn schwebte? Ich fand Filme über Agenten und Superhelden genial, doch ich hatte mir niemals ein solches Leben in Wirklichkeit gewünscht. Im Gegensatz zu den Leinwandcharakteren fehlten mir jegliche Fähigkeiten und Kompetenzen, die man brauchte um ein solches abenteuerreiches Leben zu bestreiten.
„Ich werde nun gehen. Eigentlich hatte ich mich nur verabschieden wollen. Wir werden uns in nächster Zeit wohl eher weniger sehen. Vielleicht schaffe ich es jedoch einmal vorbeizuschauen, schließlich bin ich sehr gespannt wie du das Training meistern wird. Es fängt übrigens bereits heute an. Man wird euch gleich in kleine Gruppen einteilen, weswegen du dich anziehen solltest, obwohl ich um ehrlich zu sein deine jetzige Aufmachung sehr genieße. Besonders weil ich weiß, dass du nichts darunter trägst. Ich möchte allerdings nicht, dass dich jemand anders so sieht."
Ich blickte leicht verwirrt an mir herunter. Ich trug immer noch den weißen Bademantel, doch leider war dieser leicht verrutscht. Man konnte zwar noch sagen, dass er die wichtigsten Stellen verdeckte, allerdings bot er einen wirklich weiten Einblick. Einen zu weiten Einblick, wenn man mich fragte, die ihre schlapprigen T-Shirts ohne großen Ausschnitt über alles liebte. Ich lief puterrot an und zischte: „Raus!"
Damian lachte nur raubtierhaft. Als er keine Anstalten machte sich zurückzuziehen, warf ich das Kissen nach ihm, während ich mit der anderen Hand den Bademantel richtete. Das einzige Resultat war das Damian nur noch mehr lachte. Er schien ehrlich erheitert zu sein, dass ich ein Kissen nach ihm geworfen hatte. Ich hätte natürlich ebenfalls eines der Messer bevorzugt, mit dem ich gestern alles außer mein Ziel aufgespießt hatte, doch es war leider keins zur Hand. Da er immer noch keine Anstalten machte zu verschwinden, schnappte ich mir nun die kleine Lampe von meinem Nachttisch. „Ich werfe!", drohte ich ihm die Katastrophe an.
„Und ich beiße", antwortete er bloß mit einem wölfischen Grinsen auf den Gesicht und einem belustigtem Funkeln in den Augen. Er schien das Spiel wirklich zu genießen, doch als sein Blick auf seine lederne Armbanduhr fiel, seufzte er. „Du solltest dich beeilen. Wir müssen unser Geplänkel leider auf irgendwann anders verschieben." Ohne noch einmal zurückzublicken verschwand er aus meinem Zimmer. Ich ließ die Lampe sinken und starrte einen kurzen Moment noch auf die Bettdecke. Mein Inneres war so aufgewühlt wie die hohe See bei Sturm. Glücksgefühle schäumten in mir und ein Wind bestehend aus purem Ärger über Damian, trieb sie zu immer höheren Wellen auf, doch da war noch etwas anderes. Ich konnte es nicht sofort fassen. Es stach in meine Brust hinein wie kleine spitze Steine oder Muschelsplitter, die vom Meeresboden aufgewühlt worden waren. Es war kaum zu spüren unter den großen Naturgewalten von Freude und Ärger, doch es war da. Schwach, doch stetig. Es verletzte mich nicht schwer, brannte jedoch nervig wie ein winziger fast verheilter Schnitt im Salzwasser. Erst jetzt begriff ich dieses merkwürdige Gefühl. Es war Enttäuschung. Enttäuschung darüber, dass Damian nicht länger geblieben war. Enttäuschung darüber, dass er mich nicht länger umarmte und Enttäuschung darüber, dass er nicht mehr getan hatte als diese winzige Umarmung. Ich wurde rot.
„Verdammt Kate!", rief ich entsetzt aus, in der Hoffnung meine Stimme würde dieses Gefühl verjagen, doch es blieb. „Er ist dein Feind! Er hat dich hierher geschleppt! Er hat die Lage von Jane ausgenutzt um dich hierher zu bringen! Und was tust du? Ihm nachtrauern weil er nicht mehr da ist!? Konzentrier dich! Denk an Jane! Denk daran, dass du den heutigen Tag erst einmal überleben musst um sie zu retten!" Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Jemand war wohl da gewesen, als ich geschlafen hatte, denn man hatte mir direkt neben der Tür einen neuen Haufen Kleidung hingelegt. Es handelte sich um dieselbe wie gestern, nur war statt der 84 nun eine 10 auf dem T-Shirt. Auch lag nun eine schwarze Softshelljacke dabei und diesmal gab es keine leichten Turnschuhe, sondern feste schwarze Militärstiefel. Ich begann mich anzuziehen.Wie gefällt euch die Entwicklung? Was denkt ihr passiert als nächstes? Vielen lieben Dank an @ShadowPainter666 für die ganzen vielen Likes und vielen Dank auch @Mandyhase für ihren Kommentar. Ich habe mich sehr gefreut^^
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Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler Reihe
VampireUmgeben von der Dunkelheit, gefangen in den Armen eines Vampiroberhaupts und vermählt mit dem Tod, der sie auf Schritt und Tritt begleitet. Kates gesamtes Leben wurde in ein blutiges, dunkles Sein gerissen und sie steht mit all den zerbrechlichen Ho...