Ich drehte mich um. Damian stand am Waldrand. Seine Augen schienen in der Dunkelheit zu glühen und seine Stimme sprühte nur so vor Zorn.
"Was meinst du?", fragte ich verwirrt und verängstigt zu gleich.
"Was hast du mit ihr getan!?" Damian betonte jedes seiner Wörter, so als müsse er sie mir einzeln ins Gehirn hämmern.
"Ich habe keine Ahnung was du meinst!", schrie ich wütend und verzweifelt aus. Ich hatte ihn seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen und nun führte er sich so auf! Was hatte ich getan, dass er glaubte ein solches Verhalten sei gerechtfertigt!?
„Ich frage dich noch ein letztes Mal!", knurrte mich Damian wie ein wildes Tier an. „Was hast du getan!?"
„Nichts!", ich versuchte den Abstand zwischen uns zu vergrößern. Meine Füße wichen automatisch zurück, doch je weiter ich zurückstolperte desto näher schritt er auf mich zu! Er ließ mich keinen Moment aus den Augen und behielt immer diese leicht geduckte Haltung bei, so als wolle er mich jeden Moment anspringen.
„Sah das etwa nach nichts aus!? Sah das aus als hättest du nichts getan!?" Damian knurrte wütend und schüttelte den Kopf wie ein zorniges Tier.
Ich wimmerte leicht und stolperte über einen Ast, doch Gott sei Dank fiel ich nicht hin. Trotzdem verringerte sich der Abstand zwischen mir und Damian immer weiter. „Komm nicht näher!", wimmerte ich.
„Ach nein!?" Damian lachte schallend auf. „Wieso denn nicht!?" Mit Absicht machte er noch zwei riesige Schritte auf mich zu. Ich hatte das Gefühl als würde er mir gleich die Kehle herausreißen.
„Du machst mir Angst!", flüsterte ich.
Ich hatte gehofft Damian würde innehalten, wieder zur Vernunft kommen, wieder zu dem Damian werden den ich kannte, denn ich geglaubte hatte wenigstens etwas zu kennen, doch er machte das genaue Gegenteil. Er fing an schallend zu lachen. „Ich mach dir Angst!?", brachte er zwischen zwei Lachern hervor. „Ich mach dir Angst.", kicherte er nun wie ein Verrückter immer diese Worte wiederholend.
Ängstlich versuchte ich weiter zurückzuweichen, doch ehe ich noch einen Schritt machen konnte, war Damian direkt vor mir und flüsterte: „Ich mach dir Angst?!"
Im nächsten Augenblick kam die Stimme von hinter mir: „Ich mach dir Angst?!"
Dann von der Seite „Ich mach dir Angst?!", seine Stimme kam mal näher mal rückte sie in die Ferne immer mit derselben Frage: „Ich mach dir Angst!?"
Ich konnte nicht mehr. Ich sank zu Boden und hielt mir die Ohren zu. Ich hatte gedacht, dass Damian etwas für mich empfinden täte. Das er vielleicht etwas von mir wollte, vielleicht sogar mich ein winziges bisschen begehrte und was tat er nun?! Er folterte mich. Er spielte mit meiner Angst. Warum tat er das!? Was für ein Monster war er wirklich!?
Sanft wurden meine Hände von meinen Ohren gelöst. Jemand streichelte mir durch das Haar und strich liebevoll über meinen Rücken, so als wolle er mich trösten. Ich hoffte inständig, dass Damian nun eine Begründung für sein Verhalten hervorbrachte, dass er sich entschuldigte und meinte alles sei nur ein dummer Scherz gewesen, doch dann flüsterte er mir direkt ins Ohr: „Ich mach dir Angst?"
Ich versuchte ihn zu schlagen, mich zu wehren, doch meine Hiebe trafen nur die Luft. Der Wind trug ein Lachen an meine Ohren und als ich mich in die Richtung drehen wollte aus der das Lachen kam, war dort niemand.
„Ich habe dir vertraut.", flüsterte ich. Als mir selbst die Bedeutung meiner Worte bewusst wurde strömten mir Tränen in die Augen. Ja, ich hatte ihn verflucht, ich hatte ihn in einigen Dingen misstraut, sogar hinterfragt ob er überhaupt etwas Gutes für mich im Sinn hatte oder mich nur ausnützen wollte, doch tief in meinem Inneren, irgendwo ganz tief in mir hatte ich ihm vertraut und dieser Kern meiner selbst war so eben in tausend Stücken zersplittert.
„Du hast mir vertraut?" Damian stand nun direkt vor mir. In seinen Augen loderte nicht nur noch dieser Wahnsinn, sondern auch so etwas wie Trauer.
Ich nickte sanft und weitere Tränen liefen mir über die Wange.
Damian fing wieder an zu lachen. Ich zitterte am ganzen Körper. „Du hast mir vertraut!?", rief er in den dunklen Nachthimmel hinauf. „ICH HABE DIR VERTRAUT", schrie er so laut, dass meine Ohren anfingen zu summen. „Ich habe dir vertraut.", zischte er leiser. In seinen Augen war eine Verletzlichkeit und Trauer, die sich mit solch intensiver Wut mischte, dass ich bei ihrem Anblick erzitterte. „Du hast mir nicht vertraut. ich habe dir vertraut. Ich habe gedacht, du hättest mir die Wahrheit gesagt! Mein Gott, ich habe gedacht du empfindest tatsächlich etwas für mich als ich dich geküsst habe. Weißt du wie es war für mich dich zu finden?! Ich wandle auf diesem verfluchten Angesicht der Erde schon bevor ihr euer Jahr null schreibt. Weißt du wie es ist immer und immer wieder neues Leid ertragen zu müssen, bis eines Tages einem die Seele abstumpft und man nur noch lebt, weil man sich noch nicht umgebracht hat? Weißt du was es für ein Leben ist, alles schon erlebt zu haben, bei nichts mehr eine Überraschung zu empfinden, sich über nichts mehr freuen zu können, aber auch unter nichts mehr leiden, dann das Leben hat einem schon jeden Schmerz gezeigt!? Weißt du was für ein Leben das ist!?"
Er schwieg, so als erwarte er eine Antwort von mir, doch ich hatte keine Ahnung was das für ein Leben war und so antwortet ich ehrlich: „Ich weiße es nicht."
„Natürlich weißt du es nicht.", lacht er bitter. „Du lebst erst seit Sekunden, doch ich kann dir sagen, was das für ein Leben ist. Es ist kein Leben. Es ist einfach nur ein tristes totschlagen der Zeit. Du empfindest keinerlei Emotionen mehr und die Welt um dich herum fängt an grau zu werden und die Farben zu verlieren, obwohl deine Augen noch Farben sehen können, doch dein Gehirn begreift diese nicht mehr. Und dann kamst du... Als ich dich in diesem Café gesehen habe warst du nichts Besonderes. Ein weiteres Wesen, das sogleich von der Zeit wieder verschlungen würde, nachdem es die Qual der Geburt erfahren hatte. Ich hatte seit einer Ewigkeit nichts mehr getrunken, doch als ich dir an die Ader wollte..."
Er beugte sich zu mir herab und strich sanft über meinen Hals, direkt dort wo unter der Haut das Blut am stärksten pulsierte. „Ich hatte dich geküsst und wollte noch mehr tun, damit du im Nebel aus Lust gefangen wärst und so den Biss nicht bemerken würdest, doch du hast nicht das getan, was jeder andere getan hätte. Du warst entsetzt, geschockt und bist vor mir geflohen. Obwohl meine Verführung perfekt war. Hast du dich mir widersetzt. Mit einem Mal hat die Welt wieder etwas Interessantes gehabt, etwas das man erforschen konnte. Ich habe dich beobachtet. Ich wollte dich ganz besitzen. Als du einmal geschrien hast, als hätte dich etwas angegriffen, habe ich sogar die Tür deiner Wohnung eingerammt, um dir zu helfen, nur um festzustellen das gar nichts passiert war. In diesem Moment habe ich begriffen, dass du nicht nur am Leben bleiben musst, damit meine Welt farbig ist, damit sie interessant bleibt, sondern weil ich etwas für dich empfinde. Wenn ich dich verlieren täte, dann würde meine Welt nicht nur wieder grau sondern rabenschwarz vor Schmerz werden. Ich wollte dich ganz haben, vollkommen besitzen, vor jedem Übel bewahren, doch du warst so zerbrechlich. Deswegen musstest du diese Ausbildung meistern, damit du dich an meine Welt anzupassen konntest, damit du nicht in ihr zerbrichst. Ich habe den heutigen Tag herbeigesehnt, an dem ich endlich den Rest deiner Ausbildung übernehmen würde. Ich habe seit einer Ewigkeit auf nichts anderes mehr so ungeduldig gewartet wie auf das und nun?"
Seine Augen wurden steinhart. „Nun bemerke ich, dass du die ganze Zeit mit mir gespielt hast! Ich wusste was du warst seit dem ich gesehen hatte wie du diesen Vampir verführt hast. Weißt du wie aufgebracht ich im ersten Moment war?! Doch dann wurde mir klar, dass du gar nicht wusstest, dass du ein Tagwandler bist. Ich habe gedacht, du hast keine Ahnung. Wie gut du mich damals um den Finger gewickelt hast. Doch nun habe ich es gesehen. Du hast nicht einen Moment gezögert! Du wusstest genau wie du diese Vampirin verführen konntest. Aber weißt du was? Ich habe dich gesehen. Ich habe verstanden, dass du die ganze Zeit nur mit mir gespielt hast. Ich werde nicht erneut auf dich hereinfallen. Ich habe gedacht ich könnte dich in die Vampirgesellschaft einfügen, sodass wir gemeinsam Seite an Seite leben könnten, doch du hast mich hintergangen."
Sanft, fast schon liebevoll strich er mir meine Haare zurück.
„Vielleicht gelingt es dir ja auch diesmal mich aufzuhalten. Doch diesmal lasse ich dich nicht davonlaufen wie im Café. Diesmal entkommst du mir nicht."
Ich fing an zu schluchzen, all meine Stärke, die ich zuvor verspürt hatte, schien nun verschwunden zu sein. „Ich habe dich nicht verraten! Was meinst du mit Tagwandler?", brachte ich mit zittriger Stimme hervor.
„Das weißt du ganz genau.", meinte Damian mit einem bitteren Lachen. „Tu nicht so, als ob du nicht wüsstest was du bist. Ich falle darauf nicht mehr herein."
Seine Hand war grob, als er mein Kinn anhob, damit ich in seine unbarmherzigen Augen schauen konnte. „Du wirst nicht noch einmal mich verraten können. Ich werde es beenden, hier und jetzt."
Sein Gesicht näherte sich dem meinen. Verzweifelt fing ich an mich zu wehren. Ich schlug um mich, verwendete die Kniffe die man mir beigebracht hatte, doch nichts schien Damian auch nur im Geringsten zu verletzen. Die Hiebe schienen ihn lediglich zu nerven und so packte er beide meiner Handgelenke und hielt sie über meinen Kopf hoch. Er brauchte nur die linke Hand um sie dort festzuhalten und so hatte er die rechte Hand frei. Sanft wischte er mir die Tränen weg und in seinen Augen war so eine große Traurigkeit, dass ich das Gefühl hatte mein Herz setze eine Sekunde lang aus um für seine Trauer wehklagen. Damian beugte sich vor und küsste sanft meine Wange. Ich schloss meine Augenlieder, weil ich einfach den Emotionen in mir nicht mehr standhalten konnte, doch trotzdem kullerten immer weiter dicke Tränen über meine Wange. Wie konnte Damian nur denken, dass ich ihn verraten hatte, dass ich sein Vertrauen ausgenutzt hätte. Wieso hätte ich das tun sollen? Wieso war er nur so grausam und dann manchmal wieder so sanft. Ich erinnerte mich an seine Worte und noch mehr Tränen stiegen in mir auf. Das eben war eine Liebeserklärung gewesen, oder etwa nicht? Doch war sie auf die grausamste Weise ausgesprochen worden, die es gab. Denn gleichzeitig mit den Worten der Liebe, hatte er mich des Verrates an ihm beschuldigt, was wie ein gezielter Dolchstoß wirkte.
Auf einmal wurden Damians Bewegungen harter und grober. Ich öffnete die Augen und sah, dass die Wut in ihm zurückgekehrt war.
„Ich habe dich nicht verraten.", flüsterte ich. „Ich habe doch nicht einmal eine Ahnung, was ein Tagwandler ist."
„Ach ja!?", Damians Lachen war ein kehliger Aufschrei der Wut. Er hielt mit einem Mal meine Handgelenke so stark fest, dass es wehtat. Dann drückte er sie weiter nach hinten, sodass ich nun ausgestreckt auf den Boden lag. Ich spürte Damians schweren Körper auf mir. Er schien die Luft aus meinen Lungen zu pressen. Grob zerrte er mit der freien Hand an meinen Haaren, sodass mein Hals entblößt vor ihm lag. „Diesmal wirst du mir nicht entkommen. Ich werde kein weiteres Mal auf dich hereinfallen." Ich sah wie er im Mondlicht den Mund öffnete und zwei lange Fänge entblößte. Ohne auch nur einen Moment zu warten, hieb er sie mir in den Hals.
Ich schrie auf. Es tat so unbeschreiblich weh. Selbst die Verletzungen mit der Peitsche waren nichts im Vergleich zu diesen Schmerzen. Es war als rammte man mir zwei glühende Stangen unter meine Haut. Dann hörte ich das ekelerregende Geräusch von Damians tiefen Schlucken. Ich wehrte mich und wollte ihn von mir herunterstoßen, doch das einzige was ich erreichte war das die zuvor sauberen kreisförmigen Wunden nun weiter aufgeschlitzt wurden von den Fangzähnen. Das Blut floss nun umso schneller aus meinen Hals hervor. Ich hörte auf meinen Körper zu winden und versuchte stattdessen meine Arme loszubekommen, doch Damian hielt sie zu fest. Ich versuchte zu schreien, doch aus meiner Kehle kam nur ein krächzender Laut. Ich spürte wie die Kälte langsam in meinen Körper kroch. Das Gewicht von Damian wurde immer schwerer und meine Muskeln fingen an zu zittern bis sie den Kampf schließlich ganz aufgaben und ich sie kaum noch spüren konnte als seien sie betäubt. Auch meine Sicht wurde immer dunkler. Ich wusste, dass es nun zu spät war. Mein Blick wanderte hoch in die Weite des Himmels und erblickte die unendlich vielen Sterne, die wie Hoffnungsfunken in der Dunkelheit brannten. „Wieso?", fragte ich mich und wollte eine Hand heben um sie zu berühren, doch ich konnte es nicht. Wieso war es so weit gekommen?
Tod und Teufel nochmal! Autsch! Was um alles in der Welt?! Der lodernde Schmerz der durch meinen Kopf fuhr, sagte mir sofort wo ich mich befand. Scheiße, nein! Ich war in der Höhle gelandet. Ich wollte meine Augen erst gar nicht öffnen um das Spektakel um mich herum nicht betrachten zu müssen. Bilder aus kirchlichen Gemälden schossen mir in den Kopf und ich fluchte. Ich wusste zwar, dass ich nie der frommste Mensch war und immer nur gebetet hatte, wenn ich in einer wirklichen schlechten Lage war, aber in letzter Zeit hatte ich doch schon häufiger zum Himmel gefleht, jedenfalls häufiger als ich wohl jemals gedacht hatte das ich es tun würde. Natürlich wusste ich dass man das nun nicht wirklich mit Glauben verbinden konnte, aber mich gleich in die Höhle zu schmeißen, das war schon ein hartes Stück. Dann fiel mir wieder ein, dass ich gemordet hatte und ich stöhnte innerlich auf. Okay ich hatte es doch verdient hier zu sein, aber um ehrlich zu sein hatte ich wirklich keine Lust hier auf ewige Qualen und so zu schmorren. Ob es wenigstens solche Teufel wie Mephisto gab? Der war mir immer sympathischer gewesen als Faust, aber wenn ich darüber nachdachte wollte ich ihm lieber nicht in Wirklichkeit begegnen. Ich seufzte und öffnete meine Augen doch. Es hatte ja eh keinen Sinn noch zu warten.
Zu meinem Erstaunen befand ich mich in einem Zimmer. Verwirrt blinzelte ich. Es war zwar sehr einfach eingerichtet, mit anderen Worten fast schon spartanisch, aber immerhin war es ein Zimmer mit vier Wänden, einem sehr kleinen Fenster und einer einfachen sehr schmalen Holztür. Es gab keinerlei Möbel in dem Raum, außer dem sehr schmalen Bett auf dem ich lag und einem kleinen Schrank. Trotzdem wirkte das Zimmer fast schon vollgestopft und eine weitere Person könnte zwar noch im schmalen Gang zwischen Bett und Schrank stehen, doch dann wäre die Kapazität des Zimmers wohl erreicht gewesen. Auch gab es keinerlei Schmuck oder dergleichen. Die Wände waren kahl und weiß und ebenso die Bettwäsche, auch besaß das Fenster keinerlei Vorhänge oder Rollläden und der Holzboden war zwar geputzt aber ebenfalls ohne jeglichen Teppich.
Ehe ich noch weiter nachgrübeln konnte, was das jetzt alles zu bedeuten hatte klopfte es an der Tür. Eine Frau trat ein. Sie trug ein einfaches graues Wollkleid, wirkte nicht älter als ich, doch sie hatte wahrlich schon viel gesehen, denn ihre Augen sprachen Bände.
„Ihr müsst das anziehen, die jetzigen Klamotten genügen nicht dem Anlass und ihr müsst sie ablegen. Ich werde euch heute Abend kurz vor der Dämmerung abholen.", meinte sie mit emotionsloser Stimme und reichte mir ein Bündel Kleidung. Dann ging sie ohne ein weiteres Wort zu verlieren aus der Tür hinaus, jedoch machte sie die Tür nicht nur hinter sich zu, sondern ein leises Klicken verriet mir, dass man mich soeben eingeschlossen hatte. Ich bekam zwar keine Panik, doch es passte mir überhaupt nicht, dass man meine Bewegungsfreiheit so dermaßen massiv einschränkte. Ich hatte zwar auf den Camp keinen wirklich großen Auslauf gehabt, doch immerhin genug Platz damit ich wenigstens das Gefühl hatte nicht gleich zu ersticken. Hier jedoch fühlte ich mich trotz des Lichts, das durch das winzige Fenster flutete wie in einem Gefängnis. Dazu kam diese Unruhe die mich gerade erfasste. Etwas in mir wollte aus diesem Zimmer endlich nach draußen, sich dem stellen was kommen würde. Ich ging zum Fenster und versuchte mich zu beruhigen. Doch der eingeschränkte Blick auf einen gepflasterten Hof, mehrere Stockwerke unter mir, bewirkte eher das Gegenteil. Ich hatte in diesem Zimmer keinerlei Chance zu entkommen, obwohl keine Gitterstäbe an dem Fenster waren. Doch neben der Tatsache, dass ich schwerlich mich durch dieses hindurchquetschen konnte, konnte ich nicht entkommen, weil ich leider nicht fliegen konnte. Trotzdem versuchte ich mir ein gutes Bild von meiner Umgebung zu verschaffen. Der Innenhof gehörte wohl einem sehr alten Gebäude, denn die Wände, von den er umgeben war, waren allesamt aus dicken massiven Steinbrocken. Das Gebäude direkt gegenüber von meinem Fenster war ein gewaltiger Turm. An ihm wuchsen im Gegensatz zu dem Gebäude in dem ich mich befand, riesige Efeuranken hoch und umschlangen ihn in ein wunderschönes grünes Kleid. Vielleicht befand ich mich in einer Burg oder etwas dergleichen. Es war leider schwer zu sagen mit nur so einem winzigen Fenster.
Ich seufzte und gab es auf herauszufinden, wo genau ich war. Stattdessen wand ich meine Aufmerksamkeit nun den Bündel in meinen Händen zu. Ich hatte es jedoch vollkommen überschätzt. Statt mehren Kleidungsstücken hatte ich einzig und allein ein sehr großes schwarzes Kleidungsstück bekommen. Es war ein langer weiter Mantel mit riesiger Kapuze. Der Stoff war rau und ohne jegliche Verzierungen. Der Schnitt des Kleidungsstückes war sehr einfach und man konnte an ihm deutlich erkennen, dass ich bloß eine einfache Schachbrettfigur war. Sollte das ihr ernst sein? Ich sollte nur einen Mantel anziehen? Nichts anderes?
Irritiert breitete ich den Mantel aus, doch ich fand kein weiteres Kleidungsstück mehr. Man hatte mir nur diesen Mantel gegeben und man erwartete, dass ich meine jetzige Kleidung vollkommen ablegte. Na gut, wenn sie es wollten. Ich biss meine Zähne zusammen. Der Mantel würde ja eigentlich alles verdecken, doch trotzdem war es ein merkwürdiges Gefühl die Trainingssachen abzulegen. Natürlich hatten wir immer neue Kleidung im Camp bekommen, doch es waren immer ein und dieselben Sachen gewesen. Sie nun abzulegen fühlte sich beinahe falsch an. Auch hatte ich das Gefühl als würde dieser bescheuerte Mantel mich nicht nur von dem Trainingscamp weiter entfernen, sondern mich auch näher zu Damian bringen und das konnte ich ganz sicher nicht gebrauchen, nicht nach dem was geschehen war.
Aus den Chroniken der Tagwandler - Ein Bericht eines späteren Ratsmitglied:
Wir sind auf uns allein gestellt. Alexios versteht zwar unsere Beweggründe, doch er kann uns nicht helfen. Er meint er sei seinen Vampiren gegenüber verpflichtet, ob nun in guten oder schlechten Zeiten. Er möchte versuchen durch ein langsames Vorgehen, die Vampire an den Gedanken zu gewöhnen, dass Menschen kein Nutzvieh sind, sondern denkende und fühlende Wesen. Natürlich sind seine Ziele edelmütig, doch in meinen Augen haben wir nicht mehr genug Zeit um feinfühlig vorzugehen. Die Population der Menschen ist in Gefahr! In den letzten Tagen wurden drei mir bekannte Dörfer einfach so ausgerottet, die Menschen die sich als Sklaven eignenden wurden mit auf die Burg genommen, der große Rest wurde getötet und verbrannt. Wir haben ein Schild am Eingang befestigt, an dem die Besucher vor dem schwarzen Tod gewarnt werden der angeblich in diese Stadt heimgesucht hätte. Doch so kann es nicht weiter gehen!
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Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler Reihe
VampirosUmgeben von der Dunkelheit, gefangen in den Armen eines Vampiroberhaupts und vermählt mit dem Tod, der sie auf Schritt und Tritt begleitet. Kates gesamtes Leben wurde in ein blutiges, dunkles Sein gerissen und sie steht mit all den zerbrechlichen Ho...