Vergiss mich nicht - 1

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Sanft lösten sich seine Lippen wieder von meinem Mund.
„Was, was, was...", stotterte ich bis ich es aufgab einen vollständigen Satz zu bilden. Ich konnte ja nicht einmal alleine stehen! Wären da nicht seine starken Arme um mich, die mich hielten, dann wäre ich sicherlich hier und jetzt auf den Boden zusammengekracht. Er streichelte erneut meine Wange und wollte sich wieder zu mir vorbeugen, vielleicht für einen zweiten Kuss? Doch diesmal setzte sofort mein Schutzmechanismus ein. Ich versuchte zurückzuspringen und Damian ließ mich sofort los. Wahrscheinlich nicht um sich vor mir zu schützen, sondern um mich vor mich selbst zu bewahren.
„Verstehst du nun deine und meine Gefühle?", fragte er lächelnd und wollte wieder den Abstand zwischen uns verkleinern.
Doch in mir schrillten alle Alarmglocken. „Nein! Ich verstehe sie nicht!", rief ich trotzig wie ein kleines Kind aus. „Wenn du wirklich so für mich empfindest, wieso hast du mich dann hierher geschickt!?"
„Du warst, nein du bist immer noch zu schwach um dich in meiner Welt zurecht zu finden. Die Finsternis ist kein netter Ort, wo man einfach schnell hineinspazieren kann, um dort für einen Moment zu verweilen, nur um zu beschließen, dass es nichts für einen ist und man wieder herauszumarschiert. Meine Welt ist eine gefährliche, in der allein das Recht des Stärkeren zählt. Du hast zwar von Geburt an deine eigenen Talente, doch muss dein Körper erst gestählt werden und du brauchst eine Aufgabe um in meiner Welt akzeptiert zu werden." Damian sprach ruhig und ein trauriges Funkeln war in seinen Augen getreten, so als schmerzte es ihn diese Worte hervorzubringen, so als habe er selbst diese Erfahrung durchmachen müssen.
„Aber warum bitte hast du Jane nicht einfach geholfen und als Anforderung von mir verlangt diese Ausbildung zu machen? Wenn du mich doch so sehr magst, würdest du nicht wollen, dass ich bei jedem Gedanken an Jane leide. Herr Gott nochmal! Du bist der König der Vampire!"
Damian lachte trocken. „Ich bin nicht der König der Vampire und genau darin liegt das Problem."
„Wie meinst du das? Bist du nicht ihr Oberhaupt, also so etwas wie ein König?"
„Von der Tatsache einmal abgesehen, dass ich bestimmt wurde das Oberhaupt zu sein und nicht nur durch irgendeine Blutlinie diesen Titel geerbt habe, habe ich nicht die gesamte Gewalt über die Vampire."
„Wie meinst du das? Du bist doch das Oberhaupt! Du kannst Befehle erteilen an jedem Vampir."
„Nein mein lieber kleiner Polarfuchs." Er lächelte bei diesem Namen und rollte ihn vorsichtig auf der Zunge, so als wollte er das Wort auskosten. „Ich kann nur den Vampiren Befehle erteilen, die unter mir stehen."
„Heißt das, das Oberhaut ist nicht die höchste Instanz in der Vampirwelt?", fragte ich nun vollkommen verwirrt.
„Nein, das bedeutet es nicht, aber es gibt nicht nur ein Oberhaupt."
Ich schaute ihn verwirrt an. „Nicht nur ein Oberhaupt?", fragte ich nach.
„Nein, es gibt nicht nur ein Oberhaupt. Eigentlich erzählt man es den Auszubildenden erst nach dem Treueschwur, doch da du bereits einen geleistet hast, kann ich dir dieses Geheimnis schon jetzt anvertrauen. Du darfst es jedoch keinem verraten, weder deinem Sergeant noch irgendjemand anderen aus deinem Team oder irgendwem, den du begegnest. Schwörst du das?" Damian schaute mich erwartungsvoll an. Ich musterte seine stolze Haltung genau. Sollte ich auf diesen Deal eingehen oder verbarg er wieder etwas hinter diesem Angebot? Würde er mich wieder in die Irre führen? Aber was sollte er schon groß tun? Ich durfte nur nicht erzählen, was er mir nun sagte.
„In Ordnung. Ich schwöre es niemanden zu verraten", meinte ich schließlich mit einem misstrauischen Blick.
„Gut", erklärte Damian wieder einmal mit seinem raubtierhaften Grinsen auf dem Gesicht. Er ging zur Wand, wo ein Sessel stand.
„Setz dich", meinte er nachdem er Platz genommen hatte. Ich schaute mich im Raum um. Es gab noch einen einfachen Holzschreibtisch und dahinter einen Stuhl. Ich wollte schon auf ihn zulaufen als Damian befahl: „Nicht dort. Komm hierher."
Verwirrt schaute ich ihn an. Er deutet auf seinen Schoß und ich errötete. „Das ist nicht dein Ernst, oder?"
„Das ist mein vollkommener Ernst. Wenn man einem anderen etwas erzählt, das nicht die ganze Welt erfahren sollte, sollte man es ihm am besten direkt ins Ohr flüstern und da diese Erzählung etwas länger dauern wird, sollten wir es uns beide gemütlich machen", erklärte er ruhig und gelassen mit bitterernster Miene, doch in seinen Augen funkelte es schelmisch.
„Ich bin viel zu schwer!", quiekte ich.
„Ganz sicher nicht", antwortete Damian lachend. „Hast du vergessen wer ich bin? Ich bin ein großer starker Vampir."
„Ein Grund mehr sich nicht auf deinem Schoß niederzulassen."
„Im Gegenteil ich verspreche dir dich kleines Raubtier nicht zu beißen. Dafür ist dein Fell viel zu schön, Polarfuchs."
„Ich habe gar kein Fell!", rief ich empört aus.
„Natürlich nicht", beruhigte Damian mich sofort lachend. „Ich habe damit deine Haare gemeint. Sie sehen trotz der rauen Pflege hier sehr schön aus, also gönne mir die Gelegenheit mit deinem Haar zu spielen, während ich dir mein Geheimnis erzähle. Ich habe dich so lange nicht mehr gesehen und ich werde schon so bald wieder gehen müssen."
Vorsichtig und sehr langsam ging ich auf Damian zu, wie sich ein kleines Raubtier wohl einem Stück Fleisch nähren würde, wenn es eine Falle dahinter erwartete. Je näher ich Damian kam, desto langsamer wurde ich. Schließlich stand ich direkt vor ihm und stockte. Ich konnte mich doch nicht einfach auf den Schoß eines erwachsenen Mannes, pardon Vampir Oberhauptes setzen! Ich wollte schon fliehen, doch da packte Damian mich mit seinen starken Armen und zog mich blitzschnell hinunter. Als ich seine starken muskulösen Oberschenkel unter mir fühlte, wurde ich sofort knallrot. Ich konnte nicht aufstehen, denn Damians linker Arm hatte sich um meinen Bauch gelegt und drückte mich sanft an seine harte Bauchmuskulatur. Ich schluckte und zappelte herum, doch mit der anderen Hand fing Damian nun an mir über den Kopf zu streicheln und mir dabei sanft ins Ohr zu flüstern: „Ist ja gut kleiner Polarfuchs, alles ist gut." Dann begann er geschickt meinen verspannten Nacken zu massieren und ein Geräusch ähnlich eines Schnurren stieg in mir hoch. „Bist du wirklich ein Fuchs oder doch eher eine Katze?", flüsterte Damian mir wieder ins Ohr und hörte auf mich zu massieren.
„Ich bin mit Herz und Seele ein Polarfuchs! Fang jetzt an sofort zu erzählen oder ich beiße dich!", fuhr ich ihn leicht an.
Damian lachte leise und flüsterte mir ins Ohr: „Und ich beiße fester."
Dann knabberte er leicht an meinem Ohrläppchen. Ich schrie auf und wollte aufspringen, doch Damians Arm hielt mich zurück. „Entschuldigung. Aber wenn du mir schon eine so passende Brücke gibst, dann musste ich das doch einfach tun. Sei froh, dass es nicht hier war." Er beugte sich zu meinen Hals hinab und küsste sanft die Stelle direkt unter meiner Pulsader. Ich stöhnte auf und schlug erschrocken beide Hände vor den Mund. Ein Schauer durchlief meinen Körper und die Schmetterlinge in meinem Magen machten in geschlossener Formation einen Salto rückwärts. „Entschuldigung, doch du bist so schwer zu widerstehen", wisperte mir Damian verführerisch ins Ohr.


Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt