Für Wolf

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Wir warteten alle außerhalb des OP Zimmers. Keiner wagte es ein Wort zu reden. Wir alle waren angespannt und jeder von uns flehte zum Himmel, dass Wolf das Ganze hier überleben würde. Der Sergeant hatte gewollt, dass wir wieder zurück ins Camp gehen, nachdem auch wir untersucht und unsere Verletzungen versorgt waren, doch keiner hatte ihm gehorcht. Jeder nahm lieber die Bestrafung, was auch immer es diesmal war, auf sich, als Wolf im Stich zu lassen. Die Türen zum Operationssaal waren zu dicht, als dass man etwas hätte hören können und so hatte keiner von uns eine Ahnung wie es um Wolf stand.
"Verdammt nochmal Wolf! Lass uns jetzt nicht im Stich!", schoss es mir durch den Kopf. Wenn er jetzt sterben würde, dann, dann... Mir fehlten die Worte. Was würde dann passieren? Wir würden einen wichtigen Kameraden verlieren. Neben der fehlenden Kraft in den noch bevorstehenden Prüfungen, wäre die Gruppe auch moralisch vollkommen zerstört. Das durfte uns Wolf nicht antun! Er war derjenige, der am wichtigsten für uns alle war. Wieso hatten mich nicht diese bescheuerten Granatensplitter treffen können?! Wieso war ich nicht die letzte gewesen, die aus dem Zimmer rausgegangen war. Wolf war schwerverletzt gewesen! Er hätte eh in der Mitte unserer Truppe gemeinsam mit Bär rennen müssen, damit wir es bemerkt hätten, wenn die beiden zurückfielen. Ich dachte an den abscheulichen Typen mit der gespaltenen Zunge und den gefärbten Kontaktlinsen. Wut und Ekel stiegen in mir gleichermaßen auf und mit einem Mal wurde mir etwas klar. Hätte ich diesen Typen wirklich umgebracht, wäre Wolf noch am Leben!
Es war ein Schock. Ich war verantwortlich für Wolfs Tod! Hätte ich ein Messer oder irgendetwas von den ganzen Folterinstrumenten mit denen man Wolf gequält hatte, in die Brust des Mannes gerammt, sodass sein jämmerliches Herz aufgehört hätte zu schlagen, dann wäre es niemals so weit gekommen. Der Typ hätte niemals diese Granate hervorholen können und Wolf schwebe jetzt nicht in Lebensgefahr. Durch mein Zögern jedoch hatte ich alles verändert. Dadurch, dass ich ihn nicht hatte umbringen wollen, nicht diesen letzten Schritt in die endgültige Finsternis getan hatte, hatte ich meinen Freund im Stich gelassen.
Ich schlug mir die Hände vors Gesicht. Am liebsten würde ich laut losweinen. Ich hätte mir in diesem Moment selbst ein Messer durch das Herz gerammt, wenn Wolf dadurch wieder gesund werde.
Doch es würde nichts helfen. Wie bei den Versagen mit dem Hasen, musste nicht ich die Konsequenzen meines Handelns spüren, sondern diesmal Wolf. Diese Erkenntnis ließ mich würgen. Wenn ich ein weiteres Mal zögerte die richtige Entscheidung durchzuführen, dann hätte das wieder Konsequenzen für mein Team und nicht für mich. Vielleicht, nein eher wahrscheinlich, würde bei einem erneuten Zögern ein weiterer von ihnen schwerverletzt oder Tod sein.
War es das wirklich wert nicht zu töten? Wollte ich diesen einen letzten Schritt vor dem ich immer noch so zögerte, wirklich nicht durchführen und die Gefahr in Kauf nehmen, dass andere Menschen, meine Freunde dafür leiden mussten? Das konnte ich nicht mehr zulassen! Ich hatte bereits getötet. Der Mann kam mir wieder ins Gedächtnis, der Mann der durch seine eigene Hilfsbereitschaft und dadurch, dass ich zu schwach gewesen war, in den Tod stürzen musste. Seinem verlorenen Leben verdankte ich es jedoch, dass dieser ekelhafte Drogenbaron mich mit in sein Zimmer genommen hatte. Somit hatte der Tod des Mannes mir die Chance gegeben Wolf und die anderen zu retten, auch wenn ich das so gründlich vermasselt hatte. Vielleicht verlief so ja das Schicksal. Vielleicht wog es ein Leben mit dem eines anderen auf und man selber musste entscheiden welches man schützen wollte und welches in den Tod schicken. Der Gedanke war grausam, doch er schien so wahr zu sein.
Auf einmal ging die Tür zum Operationszimmer auf. Heraus kam ein Doktor den ich nicht kannte. Er war groß und wohl eher schlank, doch das meiste von ihm konnte man unter seinem grünen OP-Kittel und der grünen Mütze nicht erkennen. Der Mundschutz baumelte noch immer um seinem Hals, doch er schien erschöpft zu sein. Das war kein Wunder, wir warteten seit etwa drei Stunden hier draußen, oder war es schon länger?
"Wie geht es ihm?", fragte Elfe sofort.
Der Arzt schaute uns einen Moment lang mit seinen kühlen braunen Augen an. "Es war zu spät. Er hat es nicht geschafft."
Ein Stich gleich einem Dolchstoß fuhr mir durch die Brust. Ein erstickter Aufschrei kaum aus meiner Kehle. "Das kann nicht sein!", flüsterte ich mit gebrochener Stimme.
Der Arzt blickte mich verächtlich an: "Doch natürlich kann das sein. Seine Verletzungen waren enorm. Es glich beinahe schon einem Wunder, dass er es bis hierher lebendig geschafft hat. Während der Operation hatte er einen Herzstillstand. Wir konnten ihn zurückholen, doch beim zweiten Mal ist er nicht wieder aufgewacht. Wenn ihr mich jetzt entschuldigt." Der Arzt ging einfach davon.
"Sei ein vermaledeites Arschloch!", knurrte Bär wütend, von seinem sonstigen ruhigen Brummen war nichts mehr zu hören.
Einstein, der sonst immer einen kühlen Kopf bewahrte, rief dem Arzt so laut hinterher, dass es jede Krankenschwester im Gebäude hören musste: "Sie sind eine verbal inkompetente, biologische Firewall mit einem psycho-keramisches Syndrom, weswegen man sie eigentlich auch als parasitäre Nebenexistenz bezeichnen könnte."
Schlange der den Mund eigentlich schon offen hatte um noch eins drauf zulegen, klappte ihn rasch wieder zu und begnügte sich damit dem Arzt hinterherzuzischen.
Ich drehte mich zu Elfe um. Sie stand einfach nur da. Der Schock war ihr ins Gesicht geschrieben. Sie war so blass wie der Tod und ihre Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. Über ihre Wangen liefen langsam dicke, salzige Tränen. Als die erste zu Boden tropfte, hob sie die Hand und wirkte erstaunt als sie die glitzernden Wassertröpfchen an ihren Fingern spürte. Ich ging zu ihr uns legte eine Hand auf ihre Schulter.
"Ich will es nicht glauben!", flüsterte Elfe. "Ich kann es nicht! Schon wieder habe ich versagt! Es ist meine Schuld, dass er gestorben ist. Hätte ich doch nur nachgeschaut ob der Typ noch lebt! Wäre ich doch nur als letzte aus dem Zimmer gegangen! Was sollen wir denn jetzt tun!? Wir brauchen doch Wolf! Wir brauchen ihn doch alle. Wie sollen wir das hier ohne ihn überstehen!?", ihre Stimme wurde am Ende immer lauter und verzweifelter.
Sie fing an am ganzen Körper zu zittern und ich umarmte sie, um ihr wenigstens etwas Trost zu geben. Obwohl ich kleiner war als sie, barg Elfe verzweifelt ihr Gesicht in meiner Halsbeuge und weinte, während sich ihre Finger in meinem T-Shirt verkrallten. "Das hätte nicht passieren dürfen!", schluchzte sie.
Ich streichelte ihr sanft über den Rücken, doch meine Trauer ließ meine Stimme ersticken und so blieben mir die tröstenden Worte, die ich ihr so gerne gesagt hätte, in meiner Kehle stecken. Ich streichelte nur einfach weiter sanft und gleichmäßig über ihren Rücken und blickte die anderen aus traurige Augen an. In jedem Gesicht war die reine Verzweiflung zu sehen und jeder machte sich Vorwürfe über den Tod von Wolf. Wenn wir so in die nächste Prüfung gehen mussten, wäre dies der Tod für uns alle.
Mir fiel das Versprechen ein, dass ich Wolf gegeben hatte. Das Versprechen war nun mein persönliches Kreuz, das ich zu tragen hatte, doch es war nicht nur eine Last. Wolf hatte mir eine wichtige Aufgabe anvertraut. Er hatte mir das anvertraut, für das er bis zum letzten Blutstropfen gekämpft hatte und für das er schließlich auch gestorben war. Wir alle in diesem Raum waren das wichtigste für Wolf gewesen. Wir als Team gemeinsam. Wolf hatte mir diese Gemeinschaft, das Gefühl von Verbundenheit zwischen uns allen, in die Hände gelegt und auch wenn Wolf in diesem Moment nicht für uns sichtbar war, lebte er doch in uns weiter. Nicht nur weil er unser aller Leben gerettet hatte. Nein, Wolf lebte deshalb in uns weiter, weil er gemeinsam mit uns dieses Band der Verbundenheit und Gemeinschaft geschmiedet und es Tag für Tag mit uns gestärkt hatte. Wolf hatte gemeinsam mit uns gelacht, unsere Verbindung gestählt und so geformt, dass wir eine Einheit bildeten, die die Prüfungen hier bestehen konnten. Er hatte uns den Mut, die Kraft und die Verbundenheit geschenkt, die nun in all unseren Herzen ruhten und die unser Leben führen und leiten würden. Doch nun versuchte uns der Tod, der bereits Wolfs Geist aus seinem Körper geholt hatte, auch diese Gefühle in uns herauszureißen. Die Verbundenheit mit einem Tuch aus Trauer und Schuld zu ersetzen, damit wir das Fehlen dieser stärkenden Kraft nicht spüren könnten. Doch das würde ich nicht zulassen! Wolf hatte mir die Aufgabe gegeben, das Team zu leiden, wenn er nicht mehr da sein würde. Ich würde meine Freunde nicht im Stich lassen! Niemals! Und ich würde mir ganz sicher nicht das stolze und ehrenhafte Andenken an Wolf mit all den Dingen, die er uns gegeben hatte, von der Trauer vernichten lassen.
Ich löste mich von Elfe und legte ihr meine Hände auf die Schultern. "Atme ganz tief ein...", meinte ich zu ihr und machte die Bewegung vor, "und wieder aus."
Nach ein paar Minuten hatte Elfe sich soweit wieder gefangen, dass sie mir zuhören konnte und die Bedeutung meiner Worte verstehen würde. Ich selber schloss für einen winzigen Moment noch die Augen. Ich hatte das Gefühl als würde ich mich eine Klippe hinabstürzen wollen und wüsste nicht ob mein Seil mich auffangen würde oder nicht. Noch schlimmer jedoch war, wenn ich springen täte, würde es nie wieder ein Zurück geben. Diesmal beeinflusste meine Entscheidung nicht nur mich und Jane, die wohl auch ohne mich weiterleben würde, auch wenn ich ihr so ein Leben nie gewünscht hätte, diesmal nahm ich bewusst aus freiem Willen und nicht weil der Zufall mich zwang, das Leben von vier, nein fünf meiner Freunden in die Hand, denn Wolf war noch immer da, zwischen uns, unsichtbar, aber doch spürbar.
Ich erhob meine Stimme: "Ich habe euch etwas zu sagen."
Alle Augen waren sofort auf mich gerichtet. "Als ich in die Kammer kam in der Wolf gefoltert worden war und ihn befreit hatte, musste er mir unbedingt etwas erzählen. Etwas in ihm drängte ihn dazu, es war fast als wüsste er von dem nahenden Unheil, das über ihn kommen sollte. Er bat mich auf euch zu achten. Für Wolf ward, nein seid ihr der wichtigste Teil seines Lebens. Er kämpfte dafür, dass wir alle zusammen die Prüfungen bestehen würden. Er schmiedete ein Band unter uns, dass stärker ist als Stahl und unzerstörbar. Nun, da er aus unserer Welt herausgerissen wurde, versucht der Tod auch dieses Band zwischen uns zu entfernen und es durch Trauer zu ersetzen. Der Tod möchte, dass Andenken an Wolf, wie wir ihn kannten und immer noch kennen, zerstören. Wolf war ein tapferer Mann, ein Krieger, der stolz für die gekämpft hat, die er liebte. Wir verdanken ihm, dass wir in diesem Camp so weit gekommen sind und wir verdanken ihm auch die Kraft die uns alle hier zusammenschweißt und die uns stärkt. Doch lassen wir uns dieses Band jetzt von dem Tod nehmen, werden wir sterben und Wolfs Tod wäre sinnlos, denn er ist gestorben, damit wir leben können. Wir sollten das Geschenk des Lebens, das er für uns so hoch bezahlt hat, nicht einfach wegschmeißen! Wir dürfen Wolf nicht vergessen, doch dürfen wir uns auch nicht von der Trauer zerfressen lassen. Spürt ihr es denn nicht? Das Gefühl neben dem Schmerz ihn verloren zu haben, dort ist eine weitere Kraft, die in uns schlummert, doch die Trauer versucht sie zu verdecken. Dort sind nämlich Mut, Kraft und Verbundenheit, die uns Wolf geschenkt hat. Er lebt in uns weiter und so lange wir leben und für unsere Ziele kämpfen und uns nicht von der Trauer in die Dunkelheit zerren lassen, ist Wolf immer noch ein Teil dieser Welt, ein Teil von uns."
Die anderen musterten mich. In ihren Augen lag immer noch der Schmerz. Ein Schmerz den keine Worte der Welt jemals heilen lassen konnten. Vielleicht würde mit der Zeit die Trauer abmildern und die glücklichen Erinnerungen aus dem gemeinsam Erlebten, würden in den Vordergrund treten, doch noch war die Wunde in unserer Brust zu frisch. Doch etwas hatte sich in der Haltung meiner Freunde geändert. Die Schultern waren gestrafft worden, man hatte die Hände zu Fäusten geballt, bereit weiter zu kämpfen und etwas wie ein grausames Lächeln voll sturem Zorn, das jedem zeigte, dass man nicht aufgeben würde komme was wolle, hatte sich um die Mundwinkel aller gelegt. Ich hoffte, dass neben diesem Zorn und dem sturem und verzweifelten Festklammern ans Leben, nur um das Andenken von Wolf zu schützen, eines Tages wieder Hoffnung in den Augen meiner Freunde aufflammen würde. Doch in diesem Moment war es eine Verbesserung, denn Zorn und Verbissenheit sind besserer Verbündete als der hinterlistige Schmerz.
"Lasst uns ins Camp gehen und die Bestrafung, die auf uns wartet mit Würde in Empfang nehmen, denn Wolf ist nun in uns, damit wir diese Ausbildung bestehen können!"
Es gab ein zustimmendes Nicken von Schlange und Einstein. Elfe wischte sich wütend über die Augen und Bär rieb sie grimmig die Hände und brummte: "Auf geht's!"

Die nächsten Wochen waren hart, doch die Entschlossenheit der Gruppe nahm zu. Immer öfter wurden wir nach draußen in die wirkliche Welt gelassen. Wir nahmen an illegalen Straßenwettkämpfen teil, bei denen wir allesamt mühelos unsere Gegner erledigten. Elfe elegant, Bär aus reiner Kraft, doch mittlerweile auch mit Technik, Einstein hochkonzentriert und mit einer so guten Voraussicht, dass der Gegner nur das tun konnte was Einstein von ihm erwartete, Schlange mit unglaublicher Schnelligkeit und einigen miesen Tricks und ich gestählt von einer eisernen Entschlossenheit. Hatte ich auch nicht so viele Fähigkeiten wie die anderen, konnte ich meine Gegner doch leicht besiegen. Zum einen waren es Menschen, die zwar geübt und teilweise auch gelernt im Kampf waren den sie betrieben, doch keiner hatte eine so breite Auswahl an Kampfsportarten und Tricks gelernt wie ich. Auch wurde ich durch meine kleine Größe immer unterschätzt. Ich hatte mir von Elfe verschiedene Hebeltechniken und Ausweichmanöver erklären lassen, aber auch Einstein hatte mir geholfen, in dem er mir gezeigt hatte wie ich mich in meine Gegner hinein versetzen und somit deren nächsten Schritte vorausahnen konnte. Leider beherrschte ich diese Technik nur so gut, dass ich höchstens ein oder zwei Schritte vorausahnen konnte und nicht den ganze Kampf wie Einstein. Doch einige Tricks aus Schlanges Sortiment, die wohl jeden Gegner unvorbereitet treffen würden, halfen mir einen Kampf selbst in einer Notsituation zu wenden, auch wenn sie dafür meistens sehr stark unter der Gürtellinie waren, doch da es illegale Kämpfe waren gab es mit den hinterhältigen Kniffen kein Problem. Einzig und allein Bär zeigte mir nichts über den Kampf selbst, sondern brachte mir eher eine Lebenseinstellung nahe. Er zeigte mir wie man in einer schlimmen Situation ruhiger sein konnte, obwohl ich nie Bärs Gelassenheit ganz erlernte, dafür war ich zu emotional, was manchmal auch seine Vorteile mit sich brachte.
Nach den illegalen Wettkämpfen, folgten illegale Straßenrennen, bei denen jeder von uns ein Auto bekam. Damit war das Spitzenfeld besetzt, auch wenn Elfe und Schlange sich immer die ersten zwei Platz teilten und wir nur noch um den dritten Platz kämpfen konnten. Auch Schützenwettkämpfe, diesmal sogar meistens legale, gewannen wir mühelos und es war eigentlich nur ein Wettkampf zwischen uns und die anderen Teilnehmer hätten uns genauso gut nur zuschauen können. Der Hagen an den Wettkämpfen war das harte Training, das wir nebenbei ebenso absolvieren mussten. Die Stunden auf dem Campgelände, bei denen wir uns halb zu Tote schindeten, hatten nicht abgenommen, weswegen wir unter starken Schlafentzug litten. Auch hatte man den Schwierigkeitsgrad immer wieder nach oben geschraubt, sodass wir uns so stark anstrengen mussten wie an unseren ersten Tagen. In den letzten Tagen wurden die Wettkämpfe jedoch von Aufgaben wie etwa Leute suchen, finden und verfolgen abgelöst. Ich hatte bei dieser Sache ein ungutes Gefühl, denn meiner Meinung nach würden wir wahrscheinlich irgendwann etwas mit den beschatteten Zielobjekten tun müssen und das konnte nichts Gutes sein.
Als jedoch an diesem Morgen ein Helikopter landete und mehrere Fahrzeuge ankamen, wurden wir nervös. Aus irgendeinem Grund hatte der Sergeant gemeint wir könnten uns den Tag über ausruhen. Jeden von uns beunruhigte diese Aussage mehr als eine Woche lang Straftraining, obwohl wir den Schlaf eigentlich dringend brauchten und je näher der Abend kam, desto nervöser wurden wir.
"Also, was schätzt ihr, was uns erwartet?", fragte Schlange schließlich.
"Keinen blassen Schimmer.", brummte Bär und verschränkte die Arme, während er sich an die Wand lehnte.
"Auf jeden Fall nichts Gutes.", meinte Elfe.
Ich blickte zu Einstein, der nachdenklich die Stirn gerunzelt hatte. „Genaues kann ich nicht sagen, doch ich schätze es ist ein Test entweder einer der letzten oder der letzte, denn es sind viele Leute angekommen. Ich schätze mal sie werden uns bewerten und dann wird beschlossen werden wie die Ausbildung weitergeht."
Ich runzelte die Stirn. Eigentlich wollte ich Einstein nicht wiedersprechen, seine Erklärung klang viel logischer als alles andere was ich mir selbst gedacht hatte, doch.... Ein gewisses Gefühl in mir warnte mich, dass er sich täuschte oder vielleicht auch nur eine winzige Kleinigkeit übersehen hatte. Warum das so war, konnte ich nicht genau sagen, doch irgendetwas war an der Sache faul. "Ich weiß nicht, ich habe ein ungutes Gefühl bei all dem.", meinte ich schließlich, in der Hoffnung die anderen würden mir wiedersprechen, doch Schlange und Elfe nickten.
Bär und Einstein musterten uns. "Hm...", brummte Bär, anscheinend wusste er nicht genau was er von der Sache halten sollte.
Einstein hingegen zuckte bloß mit den Schultern: "Also ich kann nichts spüren und selbst wenn, was könnten wir tun? Keiner von uns hat eine Ahnung was es für eine Aufgabe sein wird, die auf uns zukommt, deswegen können wir uns auch nicht vorbereiten"
Die Stille, die auf diese Worte folgte wurde noch erdrückender. Nichts tun zu können, aber wissen das etwas bevorstand war eines der schlimmsten Dinge. Ich wünschte Wolf wäre hier und könnte nun die aufmunternden Worte zu uns alle sagen, doch nun war es meine Aufgabe. Ich machte einen Schritt nach vorne und schaute jeden einzelnen in die Augen, während ich sprach: "Was immer wir jetzt genau erledigen müssen, es ist egal, denn wir sind ein Team. Wir werden zusammen, diese gesamte Prüfungen schaffen und niemand wird uns aufhalten können. Wenn wir auch diesmal Zusammenhalten und jeder von uns seine Stärken miteinbringt, was kann dann passieren? Wir sind nicht getrennt worden, also sind wir in unserem Element, egal wie die Aufgabe am Ende heißt."
Die Mundwinkel der anderen zuckten nach oben. In ihren Gesichtern bildete sich ein grimmiges Lächeln.
"Also kommt her." Ich streckte einen Arm aus, sodass meine Handfläche zum Boden zeigte. Irgendwie fühlte ich mich unsinnig, wie ein kleines Kind vor einem Fußballspiel, doch als alle anderen herkamen und ohne zu zögern ebenfalls ihre Hände auf meine legten verschwand dieses Gefühl. Stattdessen pulsierte in meinen Inneren unser Band der Freundschaft und ich spürte die Entschlossenheit in mir wachsen. "Für Team 10! Für Wolf!"


Aus den Chroniken der Tagwandler - Ein Bericht eines späteren Ratsmitglied:

Heute habe ich zum ersten Mal erfahren wer mich befreit hat. Es waren die anderen, die mit mir auf der Versammlung gewesen waren. Viele von ihnen hatten dasselbe wie ich erleiden müssen, einigen ging es sogar noch schlimmer und ein paar sind nicht mehr am Leben. Ich wurde gefragt ob ich ihnen helfen würde, die anderen, die noch in ihren Zellen vermodern, zu befreien und ich habe sofort eingewilligt. Obwohl die Angst tief in meiner Brust sitzt, kann ich nicht einfach zusehen wie andere dasselbe Schicksal wie ich durchleiden müssen, nur weil ich Angst habe wieder in die Klauen eines größenwahnsinnigen Lehnsherrn zu fallen. Wir, die noch vernünftig sind, müssen zusammenhalten.

Verlorene der Nacht - 1. Band der Tagwandler ReiheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt