Part 18

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Merry

"Merry. Merry." Jemand rüttelte an meiner Schulter und eine raue Stimme schnurrte in mein Ohr. "Babe, wach auf."

Ich wandte mich um und hielt bedacht meine Augen geschlossen. Meinen Arm schlug ich gegen den Körper, der neben mir lag. "Shawn. Lass mich schlafen." Murmelte ich und döste weiter. Es war mit Sicherheit Mitternacht. Warum tat er das nur?

"Wir schlafen lang genug, wenn wir tot sind. Also wach jetzt endlich auf und beweg deinen kleinen Po." Bestimmte er erneut.

Müde rieb ich mir die Augen und sah als erstes auf Shawn's Nachtischuhr. Es war vier Uhr in der Früh. "Warum weckst du mich?" Ich zog eine Schnute und ließ mich gegen seine Brust fallen.

"Pssst." Zischte er. "Wir dürfen meine Eltern nicht wecken." Er rappelte sich auf und hob sich aus dem Bett. "Ich hab nachgedacht und du hast recht." Was hatte er nur vor? Er zog sich seine Jeans über und kramte in seinem Schrank umher. "Wir sollten für eine gewisse Zeit unter uns sein und die Zeit genießen. Vielleicht merken deine Eltern dann, dass sie dich hier nicht raus reißen dürfen." Wir lange hat er darüber nachgedacht? Er war top fit und redete so viel am frühen Morgen. Ich verstand nicht recht was er nun von mir wollte. "Wir machen einen kleinen Urlaub und genießen den Sommer auf unsere Art." Dann knipste er das kleine Licht neben seinem Bett an und steckte ein Paar Dinge in eine etwas größere Sporttasche. "Auf was wartest du? Los, steh auf." Ich starrte ihn nur an und war damit beschäftig zu verstehen was er mir gerade gesagt hatte. Shawn warf er mir meine Klamotten herüber und ich zog sie mir mühsam über. Solange ich versuchte wach zu werden packte er schon eine weitere Tasche mit Hygieneartikeln und Kleidung.

"Bist du dir Sicher?" Fragte ich schließlich.

"Ja, zu hundert Prozent." Er setzt sich zu mir auf die Bettkante. "Es wird so mit Sicherheit nicht leichter, aber ich will die Zeit nicht in der Schule verschwenden oder hier alleine ohne dich. Mir ist es auch egal welchen Ärger ich damit bekomme. Du bist mir wichtig." Liebevoll strich ich über meine Wange und er sah mir tief in die Augen. So ein Junge sollte bald mein Ex Freund werden. Das ist einfach zu traurig... ich liebe ihn doch und er ist schon seit Jahren mein bester Freund. Jedes Mädchen wünscht sich doch einen Jungen wie ihn. Eine Fernbeziehung würde uns beiden nichts bringen. Zwar hatten wir noch nie darüber gesprochen, doch es war offensichtlich. Das Leben ist nicht immer schön und vor allem nie fair.

"Ich hab dich wirklich nicht verdient." Ich lächelte nur drüber hinweg.

Shawn war komplett davon überzeugt und streckte mir seine Hand hin. "Lass es uns wagen und sehen wo unser Weg uns hinführen mag."

Dann steckte er mir seinen Hausschlüssel und die Autoschlüssel zu, seine Gitarre durfte ich schließlich auch noch tragen. Er nahm beide Taschen und lief zur Zimmertür. Schnell schaltete ich das Licht aus. "Bist du bereit?" Eine Antwort bekam er nicht von mir. Ich öffnete nur leise die Tür und trat in den Gang hinaus. Leise folgte mir Shawn auf Zehenspitzen. Es kam mir vor, wie in einem Verbrecherfilm. Zwei Einbrecher rauben ein Haus aus und packten Taschen mit einem Wert von mehreren Tausenden Dollar. Der Weg bis zur Haustür kam mir ewig lange vor. Dabei war es schwierig im Dunkeln durch das Haus zu irren. Mit jedem weiteren Schritt knarrten die Dielen unter unseren Füßen immer laute, zu mindestens kam es mir so vor.

Ich wollte mir nicht ausmalen was passieren würde, wenn Shawn's Eltern wach werden. Sie würden mit Sicherheit komplett ausrasten und es meinen Eltern sofort mitteilen. Dann müsste ich wirklich um mein Leben fürchten.

"Du musst leise sein." Flüsterte Shawn hinter mir. Ich wedelte nur mit der Hand, damit er ruhig blieb. Aber er konnte es in der Dunkelheit nicht sehen.

Erleichterte legte ich meine Hand an die Haustürklinke und bewegte sie ganz langsam. "Mach schon, ich will hier weg bevor sie wach werden." Hetzte mich Shawn.

"Ist ja gut." Ich schmunzelte und öffnete die Tür. Shawn lief vor, denn ich sollte erneut wieder sehr behutsam die Tür schließen. Wir öffneten nur die Fahrertür, weshalb ich über den Schalthebel klettern musste. Die Taschen und seine Gitarre legte Shawn auf die Rückbank und stieg ebenfalls in das Auto.

Wir grinsten uns beide an und ich konnte es nicht fassen, dass wir es wirklich tuen wollen. Die Straßenlaterne leuchteten hell und ich sah in Shawn's Augen ein blitzen, bevor er mir einen Kuss aufdrückte.

"Sag Auf Wiedersehen Regeln und Hallo zur Freiheit." Jubelte er und starte den Motor. So schnell er konnte legte er den Gang ein und fuhr aus der Auffahrt auf die breite Straße. Ich wandte mich um und sah zu wie Shawn's Familienhaus immer kleiner wurde und in der Dunkelheit verschwand. Was würden seine Eltern tuen, wenn sie merken, dass wir abgehauen sind? Würde ich je in das Haus zurückkehren dürfen oder werden mich meine Eltern an der Leine halten? Wir wollten doch nur einen Urlaub. Nur sie würden nicht wissen, dass wir zurückkommen würden.

"Oh mein Gott. Wir tun es wirklich und es fühlt sich verdammt gut an." Staunte ich.

"Alles ist mir recht solange es dir gut geht."

Shawn war einfach ein Traum.

"Also..." Fing ich an, "...du hast nachgedacht, über das was ich gesagt hab."

"Ja, wieso zieht du es schon fast auf." Irritiert sah er mich kurz an bevor er seinen Blick erneut auf die leere Straße richtete.

"Das tue ich nicht, aber du fandst es zunächst nicht gut und jetzt finde ich es süß, dass du es doch noch wagen willst."

Er lachte hell auf. "Du bist jetzt einfach nur wach. Vorhin war du einfach zu müde um mit mir zu reden."

"Na und." Ich zuckte mit den Achseln. "Immerhin brauchst du eine Copilotin, die dich wach hält. Wie lange bist du eigentlich schon wach?"

"Vielleicht zwei Stunden? Ich weiß es nicht. Die Uhrzeit war mir recht egal."

"Siehst du, ich muss dich unterhalten und das Adrenalin hält dich und mich sehr wach, also mach die auf eine nervige Mitfahrerin gefasst." Stellte ich schon mal klar.

"Vergiss es Merry, du nervst mich nicht." Für diesen Satz drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange.
Unser Heimatort lag hinter uns und schon kam die erste wichtige Kreuzung. Würden wir Richtung USA oder weiter in den Norden von Canada fahren wollen? "Wo zieht es uns hin?" Fragte Shawn und sah zu mir. "Lass uns in Kanada bleiben, wer weiß wann ich es je wieder sehen werde."

Shawn bog rechts ab und jetzt ging das Kapitel Freiheit erst richtig los.

Da gibt es etwas, das du wissen solltest... Teil 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt