Kapitel 2

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Als ich langsam wieder normal Atmen konnte und meine Tränen versickert waren, versuchte ich mich aufzurichten. Ich zuckte bei jeder Bewegung zusammen und musste mich zusammenreisen nicht wieder loszuweinen. Atmete ein paar mal tief durch und zog meine Klamotten zurecht. Inzwischen war es schon kurz vor 12. Ich hatte fast 4 Stunden in dieser Kammer verbracht. Vorsichtig öffnete ich die Tür um zu schauen ok Mike in der Nähe war. doch es herrschte gähnende Leere auf den Gängen. Ich schloss die türe hinter mir und rannte zur Toilette. In einer Viertelstunde hätte ich sowieso aus, also sich jetzt noch zum Unterricht zu begeben, wäre Sinnlos gewesen. Ich hätte nur erklären müssen, wo ich denn die restlichen 5 Unterrichtsstunden gewesen sein. Ich stellte mich in der Toilette vor den Spiegel und hob zögerlich meinen Pullover hoch. Auf meinem Bauch hatte ich gerötete Stellen. Ich fuhr langsam darüber und zuckte zusammen. Es schmerzte höllisch.  Schnell lies ich den Pullover wieder über meinen Bauch gleiten und wusch mein tränenverschmiertes Gesicht mit kaltem Wasser. Gottseidank war ich absolut nicht der Make-Up Typ. Sonst wäre wohl meine ganze Schminke verlaufen.

Ich verlies die Toilette und machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Ich wollte keinesfalls Mike nocheinmal begegnen. Als ich die Schule verlies sah ich meine Mutter am Ende des Parkplatzes stehen. Ich wunderte mich. Normalerweise holt sie mich nie von der Schule ab. Für gewöhnlich arbeitete sie bis spät in die Nacht. 

Ich lief auf sie zu und sah, dass sie geweint hatte. Ich fragte mich sofort was wohl passiert sein könnte. Das letzte mal als sie mich so von der Schule abgeholt hatte, war mein Großvater gestorben. 

Als sie mich merkte lief sie auf mich zu, schloss mich in die Arme und hielt mir die Autotüre auf. Ich setzte mich und sie fuhr los. Jedoch nicht zu uns nach Hause, sondern geradewegs zur Autobahn. Ich sah sie von der Seite an doch sie bat mich nur durch einen kurzen Blick, leise zu sein. Ich versank in Gedanken. Durch meine Mutter war ich kurz von meinen Problemen abgelenkt worden, doch jetzt erschienen mir wieder Szenen von heute früh vor meinem geistigen Auge. Ich presste die Lippen zusammen und versuchte nicht an die Schmerzen zu denken, die meinen Körper bei jeder kleinen Unebenheit auf der Straße durchfuhren. Als meine Mutter nach knapp zwei Stunden fahrt immernoch keinen Ton von sich gab, beschloss ich sie anzusprechen. "Mum, wo fahren wir hin? Was ist passiert?" Ich sah wie sie ihre Lippen fest aufeinander presste und angespannt nach vorne schaute. "Weg!", kam über ihre Lippen. "Wovon weg?", fragte ich. 

Sie drehte den Kopf kurz zu mir und sah mich traurig an. "Von hier mein Schatz" Ich starrte sie verwirrt an. Sie schien es zu merken, denn sie meinte noch "wir ziehen um, Papa hat uns verlassen." 

Mein Mund klappte auf. Das konnte doch nicht ihr ernst sein? Ich drehte den Kopf. Tatsächlich lagen im Auto viele Koffer und andere Gepäckstücke, sowie meine Gitarre.

Ich wollte gerade fragen was das sollte, als ich die Tränen in den Augen meiner Mutter sah. Ich beschloss sie in Ruhe zu lassen. 

Doch meine Gedanken drehten sich nur um die Dinge die sie gesagt hatte...

Wir ziehen um?... Wo ziehen wir hin?...

Was soll das, wie Papa hat uns verlassen?... Was war mit meiner Schule...

Plötzlich wurde mir etwas schrecklich bewusst... Was war mit Jason würde ich ihn wiedersehen?!

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