001

33.8K 853 120
                                    

Jessicas P.O.V.

Mal wieder konnte ich ahnen, dass mein Vater bald betrunken von der "Arbeit" zurückkehren würde.

Er sagte immer er käme von der Arbeit zurück, doch ich wusste nur zu gut, dass er sich in der Bar nebenan seinen Kummer mithilfe von Alkohol runterspülte. Mein Vater war früher mal Arzt. Jedoch hörte er mit der Tätigkeit auf, nachdem meine Mutter verstorben ist. Seitdem vergoss er seine Sorgen mit Alkohol, anstatt sich um seine eigene Tochter zu kümmern. Das gleiche hatte er auch mit meinem Bruder getan; er hatte ihn verjagt. Wegen ihm hatte ich meinen geliebten Bruder nicht mehr an meiner Seite. Ich war meinem Erzeuger schutzlos ausgeliefert. Meinem Bruder Logan war ich deswegen nicht böse. Er konnte es nicht mehr aushalten und haute ab.

Mein Vater neigte stark zu Stimmungsschwankungen, manchmal konnte er sehr nett sein, doch meistens war er eher der aggressive. Das ganze lag jedoch größtenteils am Alkohol. Wie man es in der Schule gelernt hat, neigen Menschen unter Alkoholeinfluss mehr zu Aggressionen, als nüchterne. Jedoch ist es von Mensch zu Mensch abhängig. Manche sind auch liebevoll und wollen jeden umarmen. Ich war zum Beispiel einer dieser netten Personen. Leider war mein Vater nicht einer dieser Menschen.

Aber jetzt genug, ich sollte anfangen zu kochen, damit mein Vater nicht ausrastet, wenn er nach Hause kommt und kein Essen auf dem Tisch steht. Einen weiteren Ausraster, seinerseits kann ich nicht ertragen.

Also schmiss ich schnell die Spaghetti in das, schon vorgeheizte, Wasser und lege den Deckel drauf. Dann machte ich mich an die Tomatensoße und dem Hackfleisch zu schaffen und mischte alles schnell zusammen. Schließlich schloss ich diesen Topf ebenfalls.

Puhhh geschafft. Und wie auf das Stichwort hörte ich meinen Vater die Haustür hinter sich zuknallen. Ich zuckte kurz zusammen, doch fing mich rasch wieder. Sei nicht schwach Jess! Nachdem er seine Schuhe und Jacke auf den Boden geschmissen hat, sah ich ihn schon in die Küche taumeln. Er musste sich oft an der Wand festhalten, um nicht zu fallen. Ich verkniff mir meine Tränen. Warum konnte ich nicht auch einen netten, normalen Vater haben, wie alle anderen Jugendlichen? Wiese hasste mich Gott so? Was hab ich ihm getan?

"Na? Wo bleibt mein essen?", zischte er mich aggressiv an.

"Es tut mir leid. Es ist bald fertig. Ich muss es nur noch ein bisschen in dem Topf kochen lassen", sagte ich zaghaft, um ihn nicht noch aggressiver zu machen.

Schon jetzt wusste ich, dass er austicken würde. Ich war schließlich, nach seiner Meinung, sowieso nicht am arbeiten und eine „faule Schlampe", die für nichts, als kochen, zu gebrauchen war.

"Du nutzloses Stück dreck! Komm sofort her!"

Wiederwillig ging ich ganz langsam zu ihm hinter die Kücheninsel und stellte mich mit zwei Schritten abstand zu ihm, neben ihn. Und schon spührte ich die Schellende Hand meines Vaters an meiner Wange. Daran war ich gewöhnt, doch aus reflex hielt ich mir meine Glühende Wange. Wenn ich Glück hatte, würde es keine blauen Flecken geben.

"Jessica, du bist so ein Nichtsnutz! Ich will dich nicht mehr sehen. Nie wieder. Hau ab!", seine Worte irritierten mich. Er hatte sowas bisher noch nie gesagt. Aber meinte er es auch wirklich ernst?

Ich konnte es nicht verhindern zu weinen. Meine Tränen bewegten sich, bei diesen Worten, wie von selbst aus meinen Augen. Sie tanzten meine Wangen runter, man könnte meinen sie würden ein Wettrennen veranstalten.

"Ich hasse dich" flüsterte ich meinem besoffenen Vater leise zu.

"Pack deine Sachen und geh!"

Das ließ ich mir kein zweites mal sagen! Auch, wenn er etwas übertrieben reagierte, waren es die besten Wörter, die ich jemals aus seinem Mund hören konnte. Eilig rannte ich nach oben in mein Zimmer. Ich musste aufpassen nicht über meine eigenen Füße zu stolpern, denn mein Blick war immer noch verschwommen. Mir war es in dem Moment egal wohin ich gehen würde. Mir war es egal ob die Spaghetti abfackeln würden und er mit. Mir war alles egal. Ich wollte einfach nur weg. Weg von dem ganzen Zirkus, in dem ich der Clown und mein Vater der Löwe war. Nun könnte ich endlich der Löwe sein. Warum hab ich mich nie gegen ihn gewehrt ? Warum hab ich nichts gegen seine Schläge und seinen Worten getan? Weil in diesem Zirkus die Rolle, des Löwen schon besetzt war und nur noch der Clown frei war. Doch nun wechselten wir unsre Rollen.

Alphas Sister Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt