42. Wer bin ich wirklich?

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Mein Herzschlag hallte mir in den Ohren wieder, ich hatte das Gefühl mir wurde die Luft zum atmen abgeschnitten. Aber dennoch konnte ich mich nicht gegen den Kuss wehren. Wieso, wusste ich nicht - und es war mir auch egal. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, ihn von mir zu stoßen.
Ich erwiederte nichts, naja ich versuchte es zumindest, aber es fiel mir immer schwerer, je mehr er begann seine Lippen zu bewegen. Gegen meinen Willen, begannen sich meine synchron zu seinen zu bewegen.

Eine zufallende Tür, ließ uns außeinander fahren. Ich ergriff meine Chance, dass Harry abgelengt war, griff schnell hinter mich, riss die Tür auf und stürmte die Treppe runter. Als ich fast unten angekommen war, geriet ich ins Stolpern und fiel die restlichen Stufen hinunter. Es waren nicht viele, aber sie reichten aus, dass ich halb auf die Nase fiel. Reflexartig kniff ich die Augen zusammen, doch öffnete sie wieder, als ich statt dem Boden gegen eine warme Brust fiel. Als mir sein Geruch in die Nase kroch, entspannte ich mich augenblicklich und sackte halb zusammen.
Erst überrascht legte Niall seine Arme um mich, hielt mich aber richtig fest, als ich zusammensackte. "Jessie alles Okay? Du zitterst."

Stumm schüttelte ich den Kopf, presste die Lippen zusammen, in der Hoffnung, das würde das Kribbeln eindemmen und krallte mich mit meinen Händen in den Seiten von Niall's T-Shirt fest. Beruhigend fing er an mir über den Rücken zu streicheln. "Atme erstmal tief durch, dann gehts gleich wieder." Ich tat, was er gesagt hatte und holte dreimal tief Luft. Als sich mein rasendes Herz etwas beruhigte und ich wieder befreiter atmen konnte, machte ich einen halben Schritt von ihm weg, öffnete meine Augen und sah ihn an. Blau traf blau.
"Ich will nach Hause", war das Einzige, was ich sagte. Verständlich nickte Niall und ging zusammen mit mir zurück in die Eingangshalle.
"Hey Nialler! Wo willst du hin? In zehn Minuten ist Neujahr!" kam ein halb betrunkender Zayn zu uns getaumelt. "Ich bring Jessica nach Hause. Feiert ihr ruhig schon ohne mich. Ich komm dann später dazu."

Ohne auf eine Antwort zu warten, schlüpfte ich in die herumstehenden Turnschuhe von Kate - fragt mich bitte nicht, wieso hier bereits fünf Paar von ihren Schuhen rumstanden - und schnappte mir meine Jacke. Ohne auf Niall zu warten, öffnete ich die Tür und lief durch den Regen hindurch zu seinem roten Audi. Wie ich ihn kannte, hatte er mal wieder nicht abgeschlossen, also öffnete ich einfach die Beifahrertür und setzte mich hin. Keine zwei Minuten später, kam auch Niall dazu und setzte sich neben mich ans Steuer.
Er wusste, wann er schweigen musste und sagte kein Wort, wofür ich ihm auch sehr dankbar war. Stumm startete er den Motor, öffnete das Tor und fuhr vom Grundstück. Ein paar Minuten fuhren wir schweigend vor uns hin, bis er vorsichtig die Stille durchbrach. "Ist irgendwas vorgefallen, dass du so schnell nach Hause wolltest? Hast du es ihm schon gesagt?" Schmerzlich presste ich erneut die Lippen zusammen, lehnte meinen Kopf gegen das Fenster und sah raus auf die dunkle Straße. Ich konnte Niall noch seufzen hören, dann brach wieder Stille über uns ein. Ich hätte es Harry sagen sollen. Dann wäre es bestimmt nicht so weit gekommen. Oder vielleicht, wäre es dann erst recht so weit gekommen? Das würde ich wohl nie herausfinden.

"Er hat mich geküsst", sagte ich irgendwann in die Stille hinein. "Wer?" kam sofort Niall's Gegenfrage. Seufzend meinte ich: "Harry." Mit gerunzelter Stirn, sah ich zu Niall. Sein Blick war noch immer neutral auf die Straße gerichtet, abgesehen von der Falte, die sich zwischen seinen Augen gebildet hatte. "Du wirkst nicht überrascht?"
Er seufzte und sah mich einmal kurz an, ehe seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße geheftet war. "Sollte ich?"
Schnaubend verschränkte ich die Arme. "Irgendwie schon."
"Sorry. Wäre ich ja, wenn ich nicht wüsste, dass er Gefühle für dich hat." Meine Augenbrauen rasten in die Höhe, als ich sarkastisch schnaubte. "Ja klar." Ein kleines Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. Ich seufzte und verschränkte die Hände im Schoß. "Wieso seit ihr eigentlich nach Hause gekommen? Ich dachte, ihr feiert mit den Anderen?"
"Wollten wir auch erst, aber irgendwie hatten wir ein schlechtes Gewissen. Wir feiern sonst auch immer zusammen und da du und Harry nicht mehr dabei waren, wollten wir euch nicht alleine lassen. Außerdem ist Zayn fast auf Chris losgegangen, nachdem er gefragt hat, wo du hingegeangen bist."

The Story of one Friendship // ✔✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt