Kapitel 23: „Verrat"

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„Ich hatte sie gerade soweit, dass sie mit ihm reden wollte. Aber, nein, dieser dumme Prinz macht einem immer einen Strich durch die Rechnung!", fluchte Rapunzel und bemerkte nicht, wie Charlene hinter ihnen auftauchte. „Dürfte ich erfahren von wem hier die Rede ist?"
Erschrocken fuhr Rapunzel herum, doch als sie bemerkte, dass es nur die junge Dienerin war, winkte sie ab. „Nicht so wichtig! Aber... Könnten wir vielleicht erfahren, wieso Ihr uns belauscht?"
Charlene sah Rapunzel unberührt an und verbeugte sich anschließend. „Ich habe von Prinz Hans den Auftrag bekommen, den Hoheiten ihr neues Gemach zu zeigen."
Er zieht die Nummer also weiterhin durch, dachte Rapunzel und warf Flynn, welcher ebenfalls wenig begeistert aussah, einen Blick zu. „So, Prinz Hans teilt uns ein neues Gemach zu?"
Charlene, die sich nun aufgerichtet hatte, nickte. „Ja, im Westflügel, auf der anderen Seite des Schlosses. Das ist der Besucherflügel.", erklärte sie und fügte zwinkernd hinzu, „Dort haben die Hoheiten dann ihre Ruhe."
Rapunzel zog nur fragend die Augenbrauen hoch und bemerkte gar nicht, wie Charlene sich in Bewegung setzte. „Wenn die Herrschaften mir dann folgen würden!"
Charlene führte sie durch die langen Flure, bis in den Westflügel, wo sie vor einer relativ großen Tür hielt. „Eure Koffer befinden sich bereits im Zimmer, das Bett ist frisch bezogen und die Kissen ausgeschüttelt. Der Kronleuchter dürfte auch staubfrei sein. Gibt es noch etwas, was ich für die Herrschaften erledigen könnte?"
„Nein, nein, es ist alles in bester Ordnung... Oh, aber richtet Prinz Hans bitte schöne Grüße vom Paar aus Corona aus und besten Dank!" Sie wartete noch, bis Charlene sich entfernt hatte und zog Flynn dann mit ins Zimmer.
„Das stinkt zum Himmel!", rief sie entnervt und schlug die Tür zu. „Der will uns bloß fernhalten von... Was auch immer? Könnte es sein, dass er dir die Sache – Du weißt, was ich meine – übel nimmt und dir deshalb nicht mehr vertraut? Ich meine, wieso sonst sollte er uns ans andere Ende des Schloss ‚verbannen'? Was wenn wir Recht haben und er doch vorhat Königin Elsa... Na, du weißt schon...!" Ihre Stimme senkte sich für einen Moment, erhob sich dann jedoch wieder, „Dann wäre es unsere Schuld. Ich meine, wir müssen 'was tun! Stell' dir vor, wir wissen es und tun nichts, dann... das... das könnte ich mir nie verzeihen."
„Hey, uns wird schon 'was einfallen!", meinte Flynn ruhig und strich ihr eine Strähne aus der Stirn. „Ich wette, er hat uns nur in den Westflügel geschickt, damit wir so weit wie möglich von Prinzessin Anna getrennt sind, um sie wieder ganz auf seine Seite zu ziehen. Das ist so verdammt hinterhältig!" Er ließ sich auf die Bettkante sinken und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Außerdem hatte ich Kristoff auch gerade so weit, da tauchte dieses Geräusch auf und dann stand dieser verdammte Prinz vor uns." Flynn verdrehte die Augen, „Das ist doch zum verrückt werden. Warum taucht der immer auf, wenn man ihn nicht braucht?"
Er seufzte tief. „Es tut mir nur für Kristoff Leid, jetzt wird er wahrscheinlich keine große Gelegenheit mehr bekommen, ihr seine Gefühle zu gestehen. Er ist echt in Ordnung und dass er nun leidet, hat er wirklich nicht verdient. Wir müssen ihm helfen und Anna ein für alle Mal die Augen öffnen!" Er stand auf und grinste, „Also, wer hat Lust auf ein letztes Abenteuer?"

* * * *

Kristoff?!
Traurig berührt löste Anna sich von Hans und wollte gerade zur Tür eilen, doch da sprang ihr der Prinz entgegen. „Wo willst du denn hin?" Hans strich ihr sanft über die Wange und wischte ihr somit eine Träne fort.
„Ich muss mit Jemandem reden!", erwiderte Anna hartnäckig und drückte sich an Hans vorbei. Sie wollte gerade nach der Türklinke fassen, da griff Hans nach ihrem Arm.
„Lass mich los, Hans! Ich muss wirklich dringend Jemanden sprechen." Anna wehrte sich, aber vergeblich, Hans war nun mal stärker als sie.
„Ich möchte nicht, dass dir etwas geschieht. Also bleibst du besser hier!" Hans sah sie eindringlich an.
„Dann würdest du mir aber nicht den halben Arm abdrücken." Anna riss sich krampfhaft los und biss sich dabei auf die Unterlippe, denn Hans hatte wirklich einen festen Griff gehabt.
„Stimmt!" Auf Hans' Gesicht zeichnete sich ein hämisches Grinsen ab, „Das würde man nicht tun, wenn man Jemanden liebt, aber könnte es sein – Nur vielleicht? – dass ich dich nie geliebt habe?"
Anna sah ihn schockiert an. „Was? Aber ich dachte, du..."
„Ja, du dachtest! Du denkst so einiges, aber nicht daran, dass alles nur ein Schwindel sein könnte und deshalb warst du einfach perfekt." Hans grinste gehässig, „Natürlich wäre Elsa als Thronfolgerin vorzuziehen gewesen, doch sie ist so kalt wie Eis. Du jedoch nicht! Du sehnst dich so verzweifelt nach Liebe, dass du bereit warst, mich auf der Stelle zu heiraten. Ich dachte mir, dass Elsa nach unserer Hochzeit ein kleiner Unfall zustoßen sollte, aber dann wurde aus ihr dieser Eissturm und ich denke, ich weiß jetzt, was ich zu tun habe. Ich werde Elsa töten und den Sommer zurückbringen, dann werde ich der Retter und der König, den dieses Königreich verdient."
„Du wirst Elsa niemals aufhalten können!", unterbrach Anna ihn und sah Hans missbilligend an.
Doch dieser hob Annas Kinn nur mit seiner behandschuhten Hand in die Höhe und meinte mit einem fiesen Grinsen auf den schmalen Lippen: „Nein, du wirst sie niemals besiegen können!"
Er rammte ihr seine große Faust in den Bauch, sodass sie zusammensackte und danach band er ihre Hände mit einem Seil zusammen. „Und das ist für den Fall, dass du auf die Idee kommst, mich aufhalten zu wollen, was du ohnehin nicht schaffen würdest!"
Hans trat nun an die Tür und legte die Hand auf die Klinke. Anna wand sich am Boden und versuchte, sich aufzurichten, was jedoch nicht funktionierte. „D-damit kommst du nicht durch...", stieß sie hervor, wobei sie sich da selbst nicht ganz sicher war.
Hans drehte sich jedoch zu ihr um und blickte auf sie herab. „Oh, da täuscht du dich aber gewaltig!"
Damit öffnete er die Tür und schlug sie gleich darauf auch schon wieder hinter sich zu.

Ich war so naiv. Ich lag so falsch mit Hans. Und dabei habe ich andere Menschen auch noch verletzt. Kristoff...
und Elsa! Ich hoffe, sie können mir eines Tages vergeben.
Anna kauerte sich zusammen und fing an zu schluchzen.
Elsa! Sie ist stark. Hans wird sie bestimmt nicht aufhalten – Ganz bestimmt nicht!
Sie klammerte sich an diesen einen hoffnungsvollen Gedanken in dem leeren Raum, wo sie gefesselt auf dem Boden lag. Für sie war er nun ein Gefängnis und Anna konnte nur noch hoffen, denn die Hoffnung war das Einzige, was ihr blieb. Draußen toste derweil ein Schneesturm, wie Anna ihn noch nie erlebt hatte.
Die weißen Flocken wirbelten durcheinander und machten eine Durchsicht durch den Sturm völlig unmöglich, ähnlich wie bei Elsa, denn sie verbarg sich auch immer gut vor ihr.
Anna seufzte und sah aus dem Fenster. In ihrem Kopf sah es ganz genauso durcheinander aus.
Gedanken und Gefühle wirbelten hin und her, sodass sie diese nicht einordnen konnte. Sie war einfach nur noch verwirrt und am Boden zerstört, dass ihre Wünsche – ihre Hoffnungen – sich nicht erfüllt hatten. Alles, was sie sich je erträumt hatte, war eine Lüge gewesen.

"Wie der Schnee verweht mein Herz im Wind,
Verloren und vergessen, wer wir beide sind.
All' das hat doch keinen Sinn,
Der Weg, auf dem wir gehen, führt uns nirgends hin.
Zu wenig Zeit,
Mein Leben lang die Närrin zu sein,
Die stets das Gute in dir sieht.
Zu wenig Zeit,
Denn wahre Liebe gibt es nicht,
Ein Mythos, der dir lacht in dein Gesicht.
Hätt' ich die Wahrheit sehen können,
Wär' das Licht noch nicht verlöscht?
Doch jetzt weiß ich: Die Zeit reicht nicht!"

Der Schock sitzte Anna noch tief in den Knochen, genauwie der Schlag in den Bauch, den Hans ihr verpasst hatte. Schließlichübermannten sie jedoch die Schmerzen und Anna sackte in sich zusammen. IhreAugenlider schlossen sich langsam und die Trauer für diejenigen, die sieenttäuscht hatte, ließ sie endgültig verschwinden.

Frozen & Tangled I: Beware the frozen HeartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt