Kapitel 55: „Die Hochzeitsfeier endet"

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Landon zog Eugene immer weiter den Flur entlang. Der Braunhaarige musste schon zugeben, dass er seiner Frau dankbar war, seinen Freund heute noch hierher bestellt zu haben. Er schmunzelte noch immer über die Worte des Blonden und verschnellte nun auch seine Schritte, sodass die beiden nicht länger im Kreis herumliefen. Daran merkte er, dass sich Landon im Palast nicht gut auskannte und irgendwie war es seltsam für ihn, dass er es tat. „So, wir sind da!", meinte Eugene jetzt und wies auf die offene Türpforte des Ballsaals, vor der die beiden Freunde gerade zum Stillstand kamen.
Dienstboten strömten an ihnen vorbei, als sie in den prächtigen Saal mit hoher, aus Glas bestehender Decke eintraten. Überhaupt bestanden viele Decken im Palast, die hoch gebaut waren, aus Glas, damit die Sonne ihren Weg hineinfand, immerhin war das Wappen von Corona ja ebenfalls eine Sonne.
„Na, was sagst du?", lachte der Braunhaarige und klopfte Landon erneut auf die Schulter, „Ganz schön pompös, für uns beide, was?" „Kannst du laut sagen, Kumpel!", staunte Landon und ließ seinen Blick durch den Ballsaal wandern, ehe er an seiner Hosen hängen blieb, „Hättest du mich nicht vorwarnen können? Jetzt komme ich mir vor wie ein totaler Idiot."
„Hey, Eugene!" Rose winkte den beiden von weitem zu und kam zu ihnen hinübergeeilt, „Hast du Fulvia gesehen?"
„Ich lass euch mal alleine...", zwitscherte Landon, „Du findest mich am Buffet."
Der Blonde klopfte Eugene auf die Schulter und bahnte sich einen Weg zum langen Buffettisch. Rose folgte ihm mit ihrem Blick, wandte sich dann aber rasch wieder dem Braunhaarigen zu. „Ich muss mal mit dir reden!", gestand sie, „Und zwar... unter vier Augen...? Geht das?" Da spürte die Schneiderin, wie jemand ihr eine Hand auf die Schulter legte. Überrascht schrie sie auf und sprang ein Stück zur Seite, nur um Raymond hinter sich zu entdecken. „Du Arsch, mach' das nochmal und ich hetz' dir Hunde auf den Hals!" Beschwichtigend hob der Schwarzhaarige die Hände und blickte dann zu Eugene. „Ich hab' sie schon mal aufgewärmt...", er deutete auf Rapunzel, die noch immer in ihrem Sessel hockte, „Viel Spaß!" Der Braunhaarige nickte nur seufzend und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich werde gleich nochmal mit ihr reden, danke!", murmelte Eugene und wandte sich dann an Rose, „Und was möchtest du?" Er fasste die Schneiderin am Arm und zerrte sie von dem Berater fort, in einen Seitengang des Ballsaals, wo sie von dicken Marmorsäulen verdeckt wurden.
Rose schluckte und leichte Röte zeichnete sich auf ihren Wangen ab. Sie hatte sich das Ganze wirklich deutlich leichter vorgestellt, jetzt, wo sie ihr Vorhaben noch einmal überdachte. „Ähm... Ich..."
Die Schneiderin schluckte und schüttelte den Kopf. „Ach, nein, vergiss es, das..." – Ihre braunroten Haare fielen ihr ins Gesicht und sie zog eine Haarsträhne zwischen die Lippen, um daran zu nagen. Dann brachte sie nur eine Frage hervor, bevor sie ihre Aufmerksamkeit der Säule zuwandte. –, „Ist Homosexualität in Corona strafbar?"
„Äh, was? Wieso fragst du?", meinte Eugene ungläubig und gleichzeitig etwas verwundert, denn er hätte nicht gedacht, dass Rose ihn so etwas fragen würde. Um ehrlich zu sein, dachte er ziemlich egoistisch, da es ihm eher in den Sinn gekommen war, dass die Schneiderin ihn nochmals zusammenstauchen wollte, für sein heutiges Benehmen; das hätte ihr zumindest ähnlich gesehen.
Der Braunhaarige überlegte ein wenig umher, wobei er sich ans Kinn fasste und nachdenklich über seinen Bart strich. „Ich weiß es nicht genau...?", gab er schließlich zu und schluckte ebenfalls, „Aber wenn... wenn man jemanden liebt, ist es doch egal, welches Geschlecht der- bzw. diejenige besitzt?! Dann zählt doch einfach, dass man denjenigen gerne hat und sein Leben mit diesem verbringen will, nicht? Oder was meinst du?" Rose nickte und seufzte, während sie sich gegen die Säule stützte. „Ja, schon..."
Zähneknirschend hob sie den Blick und sah den Braunhaarigen an. „Danke, jedenfalls!" Sie schob sich an der Säule wieder nach oben und wenige Sekunden später war von der verunsicherten Rose nichts mehr zu erkennen. Die Braunhaarige ballte ihre Hand zu einer Faust und schlug Eugene auf den Kopf, was aber nicht wirklich wehtat, zumindest hoffte Rose das, denn es war nur als Spaß gemeint. Sie versuchte, ein möglichst wütendes Gesicht zu machen und brummte: „Du hast jetzt Spaß!" Dann verschwand sie auch schon wieder im Ballsaal und half ein paar Dienerinnen beim Buffet.
Eugene sah ihr noch etwas verwundert nach, doch schließlich zuckte er nur mit den Achseln.
So ist nun mal unsere Rose, seufzte er hörbar auf.
Der Braunhaarige lief nun ebenfalls durch den Saal. Er steuerte die Ecke an, in der der Sessel stand, in dem Rapunzel hockte. Gegenüber von diesem war auch ein zweiter aufgestellt, auf den sich nun Eugene niederließ. Seine Hände fuhren über den violetten Samt des Stoffbezuges und fanden letztlich wieder seine Knie, auf denen sie sich abstützten. „Na... Ähm... Wie geht's dir?", fragte er und beugte sich zu seiner Frau vor. Sein Blick war dabei so besorgt, wie abermals zuvor am Tag ihrer Abreise in Arendelle.
Rapunzels Blick, der zuvor an ihren Knien geklebt hatte, schnellte nun in die Höhe und sie musterte eine Weile ihren Ehemann, bevor sie ihren Blick wieder sinken ließ. Ihre Finger fanden den Saum ihres lachsfarbenen Kleides und begannen mit einem losen Faden zu spielen. „Ganz gut...!", murmelte sie und riss sich zusammen, um ihm nicht all ihre Gefühle an den Kopf zu werfen. Stattdessen holte sie tief Luft und sagte das Erste, was ihr einfiel: „Die Dienerinnen sind gerade los, um dein Zimmer zu entstauben. Ich hab' ihnen gesagt, sie sollen ein paar Blumen mitnehmen, dann hast du's gemütlicher." Ihre Hände wanderten zur Armlehne, auf der sie das Buch abgelegt hatte. Sanft presste sie das Lederbuch gegen ihre kleine Brust und stellte rasch sicher, dass der linke Ärmel ihren gesamten Unterarm bedeckte. „Und Raymond hat mir gesagt...", machte sie nun, „Dass sie die Krönung verschieben wollen. Sie soll erst Anfang nächsten Monat sein."
Sie seufzte und fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen, um unsichtbare Tränen fortzuwischen. „Er hat es zwar nicht gesagt, aber ich weiß, dass sie das meinetwegen tun. Alle halten mich für schwach, ist doch so, oder? Keiner glaubt, dass ich damit fertig werde..."
Sie verstummte, nur um ihre Knie anzuwinkeln und ihren Blick zur Decke wandern zu lassen. „Die erste Jagd soll in der Woche davor stattfinden. Also in drei Wochen! Oh, und vorher wird von dir noch erwartet, dass du dich mit den Königen und Königinnen der südöstlichen und südwestlichen Inselketten triffst, das erklärt dir Johann aber später nochmal. Übrigens...", schluckte sie, sah auf, richtete sich auf, tat alles, um selbstbewusst zu wirken, aber dann kamen die Worte doch nicht und sie lenkte um, „Übrigens tut es mir leid, was ich über Raymond gesagt habe. Heute Morgen. Das kam falsch rüber, entschuldige! Ich... Ich will keine Schoßhündchen und Arschkriecher..." – Rapunzel lehnte sich so rasch vor, dass das Buch, welches auf ihrem Schoß gelegen hatte, zu Boden fiel. Die Blonde schlang ihre Arme um den Hals des Braunhaarigen und unbemerkt fing sie an zu schluchzen. –, „Ich will dich!"
Seine Mundwinkel hoben sich merkbar an und er umfasste ihre Hüften mit den Händen, nur um sie so noch weiter zu sich hinunter zu ziehen. Ehe er sich versah, war sein Mund auf dem ihren gelandet und sie versanken in einem kurzen, flüchtigen Kuss.
„Du bist nicht schwach!", gestand Eugene ihr dann, als er sich langsam von ihr löste, aber nun umschlossen seine Hände ihr Gesicht und wischten eine Träne ihrerseits davon, „Deine momentane Gefühlslage ist in deiner jetzigen Lage völlig normal, das ging mir auch so. Und deshalb bist du nicht schwach, Rapunzel! Wenn schon, nenn' mich schwach..."
Er bemerkte, wie die Blonde wiedersprechen wollte und legte ihr daraufhin nur sanft einen Finger auf die Lippen. „Bitte, frag' nicht, warum! Ich kann dir das jetzt nicht erklären. Irgendwann, aber nicht jetzt!", meinte der Braunhaarige beinahe flehentlich, wobei sich seine Augenbrauen in einem merkwürdigen Muster krauszogen.
Diese ganzen Pflichten, die auf sie beide zukamen, wenn sie erst mal König und Königin waren, lasteten schon jetzt schwer auf ihm. Er hatte das alles nie gewollt. Er wollte doch nur mit Rapunzel zusammen sein, ohne diese ganze Verantwortung des königlichen Lebens. Das war er nicht, und er würde es auch niemals sein.
„Sag mir lieber, warum du das wirklich tust? Dass du mich auf mein Zimmer verbannst, meine ich!", fragte Eugene nun, obwohl ihm nicht ganz wohl damit war, seine Frau so anzuprangern. Denn er wusste, sie würde ihm vermutlich nicht die Antwort geben, die der Wahrheit entsprach.
Doch Rapunzel schluckte nur und blickte zu Landon und Rose hinüber, die in einem tiefen Gespräch versunken waren. „Weil ich nicht bei dir sein kann!", erklärte sie und zog ihren linken Ärmel noch ein Stück runter, „Wenn du mich liebst, zwing mich nicht dir zu zeigen, was ich mir selbst antue. Denn ich will das nicht..."
Sie schluchzte und schlang ihre Arme wieder um ihn. „Ich will das nicht, Eugene...!" Er strich ihr sanft über den blonden Schopf. „Shh, ganz ruhig!", machte er und ging weiterhin seiner gewohnten Geste für seine Frau nach, „Ich will dich doch zu gar nichts zwingen. Ich wollte nur eine Erklärung wissen, aber ich verstehe, dass du mir zurzeit keine ‚Richtige' geben kannst."
Eugene hob sie auf seinen Schoß hinauf, unterbrach ihre gemeinsame Umarmung dabei jedoch nicht. „Das ist alles so ungerecht, habe ich Recht? Das alles, was dir momentan wiederfährt, wolltest du niemals kennenlernen, nicht? Aber ich sage dir jetzt etwas, was ich dir schon einmal gesagt habe: Du musst das nicht alleine durchstehen! Natürlich lasse ich dir deine Zeit alleine, aber du sollst wissen, dass meine Tür immer für dich offensteht, ja?" Der Braunhaarige hob Rapunzels Kinn sachte an und lächelte ihr gut zu. Und für einen Moment – nur für einen kurzen Augenblick –, war es so, als wäre das heute nicht zwischen ihnen passiert.
Warme Tränen flossen unaufhörlich ihre Wangen entlang und platschten auf seine Weste nieder. „Ja!", schluchzte sie, „Ungerecht, schrecklich ungerecht!!"
Sie schlang ihre Arme noch fester um ihn und genoss den vertrauten Geruch. „Du bist schön warm..."
Rapunzel summte eine leichte Melodie vor sich her, das Lied, mit dem sich beide ihre Liebe gestanden hatten. „Tief in mir, kenn' ich die Bedeutung, was ich seh', bist du...", vervollständigte Eugene die Melodie mit Text.
Er schmunzelte und wischte ihr ein paar Tränen fort. „Diese Wärme lebt auch in dir, glaub mir, mehr noch als sie in mir wohnt. Sie ist ein Teil von dir, bitte, werf' sie nicht einfach weg!", bat der Braunhaarige sie inständig, „Ich will nicht, dass du denselben Fehler durchleben musst, wie ich einst..."
Langsam nickte Rapunzel, nahm Eugenes Worte jedoch nicht richtig wahr. „Liebst du mich... Ich meine, hasst du mich? Ich weiß, dass ich noch keine Kinder will, aber ich wollte doch nur mit dir schlafen. Eugene, ich weiß nicht mehr, was ich noch tun darf? Sag schon!"
Der Braunhaarige war beinahe geschockt von den Worten, die er da hörte. Er hatte ja keine Ahnung gehabt, was er da getan hatte, als er immer wieder von ihr abgerückt war, während sie versucht hatten, miteinander zu schlafen. Aber er hatte doch nur Rapunzels Wohl im Auge gehabt, wie kann das denn schlecht gewesen sein?
„Ich...", begann er und schluckte, als er begriff, dass er darauf nicht antworten konnte; zumindest nicht ohne sie danach noch weiter zu verletzen. „Ich kann dir das jetzt nicht erklären!!", schrie Eugene und fuhr zusammen, denn jetzt bemerkte er plötzlich, wie sich einige Blicke, der Leute im Ballsaal, auf sie beide richteten. „Entschuldige...!", setzte er hinzu und seufzte schwer, während er sich die Stirn massierte.
Vor Schreck weiteten sich Rapunzels Augen und sie rückte von ihm ab. Sie sackte in ihrem Stuhl zusammen und hielt sich schützend das braune Lederbuch vors Gesicht, als könnte sie sich dahinter verkriechen. „Was hab' ich denn getan...?", schluchzte sie.
„Gar nichts! Du hast damit nichts zu tun, das betrifft eher mich...", gestand Eugene rasch, konnte sich dabei jedoch nicht so ganz beruhigen, „...meine scheiß' Vergangenheit!"
Der Braunhaarige rutschte auf seinem Sessel vor, nur um das Buch von Rapunzels Gesicht hinunter zu schieben. „Es tut mir leid. Mein Ausrasten von jetzt und vorhin! Ich hätte so viele Dinge nicht sagen sollen, nicht tun sollen, ich war einfach nicht richtig bei mir. Aber bitte zwing mich so wenig, wie ich dich zwinge!" Sein Blick wurde flehend, seine Augen fast schon glasig und dann umschloss er ganz sanft ihre Hand mit der seinen. „Ich bin noch nicht bereit dafür, diese Dinge schon vor dir auszusprechen – Auch wenn ich es gestern fast getan hätte, zugegeben. Doch hab' noch etwas Geduld, ja?", bat er sie, während er ihre Hand in seinem Schoß bettete. Rapunzels Herz raste noch immer und ihr Blick fiel auf ihre Hand in seinem Schoß. Doch langsam beruhigte sie sich und nickte. „Ja... I-Ist schon in Ordnung, ich will dich nicht zwingen!" Sie schluckte und unbehagliche Stille kehrte ein, denn sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Schließlich hob sie das Buch an und wies auf den Titel. ‚Flynnigan Rider und die holden Jungfern in Not' stand in Goldschrift auf dem ledernen Einband.
„Liest du mir vor? Nur... bis Anna und Kristoff da sind?", grinste sie, „Ich dachte mir, es passt, wenn du das vorliest." Eugene schmunzelte und setzte sich vor ihr auf den Sessel, um ihr dann das Buch abzunehmen und es vor ihnen aufzuschlagen. Dabei achtete er darauf, dass sie etwas sehen konnte, da die Bücher aus der Reihe desöfteren Bilder oder kleinere Illustrationen aufzuweisen hatten. Er gab Rapunzel jedoch auch die Gelegenheit sich bei ihm anzulehnen, um seiner Stimme zu lauschen.
Schließlich räusperte der Braunhaarige sich und begann zu lesen: „Eines Tages begegnete ich einem Mädchen, dessen Leben ich änderte. Sie war wunderschön. Wir unternahmen viel und wir verliebten uns. Ihr schwarzes Haar hat mir schon auf den ersten Blick gefallen, doch der Klang ihrer Stimme war noch dazu atemberaubend. Auf meiner Reise habe ich sehr viele Frauen getroffen und es war immer gleich. Ich rettete sie aus ihrem langweiligen Leben und zum Dank dafür schenken sie mir alles von sich. Aber für mich war das nicht genug, ich wollte mehr – So viel mehr! Und dann begegnete ich ihr." Eugene blätterte die Seite um und verlor sich in den Zeilen, „Dies ist nicht die Geschichte, wie ich der Mann wurde, der ich nun bin, sondern, wie ich der Mann wurde, den sie liebte. Und, ich sagte ja schon, auf meiner Reise begegnete ich weit mehr als nur einer liebreizenden Dame. Ich begegnete dutzenden, eine bezaubernder als die andere. Doch sie waren alle nicht genug, bis ich sie traf." Der Braunhaarige hob den Blick, ließ das Buch jedoch dabei offen auf seinem Schoß liegen. Das Paar auf dem Sessel sah jetzt verwirrt zu der Person auf, die vor ihnen zum Stillstand kam.
„Tut mir leid...", nuschelte Fulvia. Sie stand vor den beiden und zwirbelte eine rote Strähne zwischen ihren Fingern. „Ich wollte nicht stören, nur..." – Sie räusperte sich und wirkte, als wenn sie Angst davor hätte zu sprechen. Sie testete ihre Stimme kurz bevor sie hervorbrachte. –, „Ich entschuldige mich für heute. Ich glaube nicht, dass ich... z-zum Ball kommen werde."
Fulvias Augen wanderten zur Tür hinüber, wo ein Schwarm Wachen postiert war. Sie schluckte und zog den grünen Schal, der um ihre Schultern lag, enger. „Mir geht es nicht gut!", erklärte sie, „Ich lege mich hin und schlafe einfach ein wenig. Morgen früh werde ich erstmal in der Stadt sein..."
Sie nickte Eugene zu und wollte ihm eines sagen, in der Hoffnung, er verstand es: Komm dort hin!
Doch sie blieb stumm – sagte nichts. Hingegen knickste sie und trottete in Richtung Ausgang. Dabei bemerkte Rapunzel, dass sie ihr linkes Bein deutlich weniger zu belasten schien, als ihr Rechtes. „Sie humpelt...!" Dies bemerkte nun auch Eugene und wunderte sich ebenso wie Rapunzel darüber.
Er nickte nur unmerklich seiner Frau zu, antwortete jedoch nicht. Der Braunhaarige wusste einfach nicht was, denn er konnte die Italienerin gut verstehen; seine entzündete Schulter hatte er ja auch vorerst niemandem gezeigt, um nicht schwach zu wirken. Allerdings konnte er sich nicht vorstellen, dass Fulvia dieselben Ziele, wie er, damit verfolgte, indem sie ihre Wunden versteckte, daher fand er es eben seltsam. Doch er wusste, sie direkt danach zu fragen, war sinnlos; dazu hatte er sich selbst noch zu sehr als Beispiel vor Augen.
„Soll ich weiterlesen...?", fragte Eugene deshalb nur, um nicht weiter darauf einzugehen. Doch die Blonde hinter ihm konnte nichts erwidern, weil da schon das arendellische Brautpaar in den Ballsaal hineinspaziert kam, gefolgt von deren Königin. Diese drei rückten für die Leute im Saal jedoch in den Hintergrund, denn nun rollten den Arendellern lauter, große Steine hinterher, die mit Moos bewachsen waren.
Das war für die Bürger Coronas schon eine überraschende Tatsache und sogleich verfielen viele davon in aufgewecktes und neugieriges Getuschel.
Rapunzel kicherte und stand auf. Sie ergriff Eugenes Handgelenk und zog ihn so zu den Arendellern hinüber. Anstatt Anna, Elsa und Kristoff zu begrüßen, kniete sie sich hin und tippte einem der Trolle auf den Rücken. „Ich muss mich noch bedanken...", erklärte sie den anderen Vieren und kicherte. Dann erhob sie sich und hakte sich bei Eugene unter. „Keine miese Stimmung – Versprochen!"
Das ist meine Rapunzel, dachte Eugene schmunzelnd und wandte sich dann an das arendellische Brautpaar.
„Na, wie geht's?", fragte er zaghaft lächelnd. Doch die rothaarige Braut stemmte gleich darauf schon die Hände in die Hüften und fiel mit Fragen über ihn her: „Ich sollte wohl eher dich fragen, wie's dir geht? Müsstest du dich nicht ausruhen? Immerhin warst du verletzt. Eugene, ehrlich, was denkst du dir?"
„Ich dachte einfach, dass ich meiner Frau Gesellschaft leisten sollte. Und überhaupt, seid ihr nicht froh, dass ich zu eurer Feier gekommen bin? Wenn nicht, kann ich auch sofort wieder gehen...", brummelte der Braunhaarige, woraufhin sich Rapunzel ein wenig räusperte und er rasch mit einer Hand grinsend abwedelte. „Aber das werde ich selbstverständlich nicht, denn..."
Er suchte nach einer Begründung, doch schließlich fiel ihm keine geeignete ein, daher zuckte er nur leicht mit den Achseln und übergab der Blonden stattdessen das Wort.
„Die Trauung war übrigens richtig schön!", lächelte Rapunzel und deutete auf die Hände des frischvermählten Brautpaares, „Genauso wie eure Ringe." Über das Wort ‚Ringe' stolperte sie. Sie schluckte den Schmerz hinunter, der in ihr aufquoll, als sie ihren leeren Ringfinger betrachtete. Stattdessen wies sie mit dem Kopf zum Buffet hinüber. „Ich habe Muffins gemacht...", sagte Rapunzel und blickte entschuldigend drein, „Für mehr war keine Zeit. Aber sie schmecken echt gut! Naja, das sagt zumindest Raymond." Sie strich über Eugenes Arm und blickte nun ihn entschuldigend an, „Tut mir leid, dir hätte ich auch einen anbieten sollen. Möchtest du?"
„Gerne!", nickte Eugene ihr dankend zu und löste sich dann von ihr, um sich am Büfett anzustellen.
Währenddessen richtete Kristoff das Wort an Rapunzel: „Danke, wir sind froh, dass es euch gefallen konnte! Und was ist mit dir? Und Eugene?" Der Blonde wies mit seinen karamellbraunen Augen auf den Braunhaarigen, der sich am Büfett gerade einen Muffin stibitzte und neugierig hineinbiss. Landon trat dabei von hinten an ihn heran und erschreckte ihn, sodass Eugene beinahe den Muffin wieder hochgewürgt hätte. Das bemerkten auch Kristoff, Anna und Rapunzel aus der Ferne und mussten unwiderruflich grinsen.
„So wie es scheint, ist jetzt doch wieder alles soweit gut zwischen euch, oder?", fragte die Rothaarige lächelnd, blickte dennoch aber ein wenig besorgt drein. Elsa legte ihr dabei jedoch unmerklich eine Hand auf die Schulter und schüttelte nur mit dem Kopf. „Lass es für's Erste sein, Anna, ja? Das ist ihre Sache, nicht unsere! Sie müssen das unter sich klären, da können wir nicht helfen...", meinte ihre Schwester und nickte, um ihre Worte gleich nochmal zu bestätigen. Daraufhin nickte Anna ebenso. „Du hast Recht, Elsa!" Dann wandte sie sich an Rapunzel. „Lass uns jetzt einfach Spaß haben, in Ordnung? Dafür sind wir doch schließlich hier!"
„Ja, du... hast Recht!", murmelte Rapunzel und lächelte, „Also wie hat euch Corona gefallen?" Sie hakte sich bei Anna unter und schlenderte mit ihnen zu den Sesseln hinüber.
Die Dienerinnen brachten rasch noch zwei Stühle dazu, damit alle vier Platz fanden. Anna und Kristoff ließen sich auf den Stühlen nieder und verschränkten dabei die Hände ineinander. Währenddessen setzte sich Elsa auf den Sessel, auf dem vorhin Eugene gesessen hatte.
„Also...", begann die rothaarige Arendellerin ausschweifend, „Die Hauptstatt, durch die wir gerade eine Kutschfahrt gemacht haben, ist einfach wunderschön, so friedlich. Ich weiß, es war einmal anders, aber das ist doch vorbei. Lasst uns nach vorne schauen!" Sie seufzte und blickte hoffnungsvoll zu ihrem nun angetrauten Mann. „Ja, genau!", stimmte der ihr zu und sah seiner Frau jetzt auch glücklich entgegen.
„Aber was die beiden eigentlich sagen wollten...", unterbrach die arendellische Königin das verliebte Ehepaar, „Wir würden Euch gerne öfters besuchen, um so viel wie möglich über Corona zu erfahren. Schließlich sind wir ja auch irgendwie mit schuld an diesem Krieg... Naja, zumindest ich!"
„Elsa, das ist doch nicht wahr?!", protestierte Anna kopfschüttelnd und ergriff eine Hand ihrer Schwester. „Doch! Ich schätze schon...", gab Elsa leise zu und senkte betroffen den Blick.
„Daran glaube ich nicht. Und du solltest es auch nicht, Elsa!"
„Anna?"
„Keine Wiederrede! Ich bin mir absolut sicher, dass es dafür einen guten, anderen Grund gab. Na gut, vielleicht nicht unbedingt einen guten?!" Die Rothaarige kicherte leise, wenn sich dabei auch etwas verlegene Röte auf ihre Wangen legte. „Ich hoffe, das ist jetzt nicht missverständlich rübergekommen?", meinte sie und fuhr mit ihrer Hand in ihren Nacken, wo sich ein paar rote Strähnen aus dem kunstvollen Knoten gelöst hatten.
Rapunzel seufzte und begann eine ihrer blonden Strähnen zu flechten. „Wenn wer schuldig ist, dann ja wohl ich!" Sie sah auf, als sie bemerkte, dass Anna protestieren wollte. „Nein, ich meine... Schon klar, ich kann nichts dafür, dass Gothel mich damals entführt hat, aber hätte ich mich nicht früher aus dem dummen Turm trauen können? Wäre ich früher gegangen, dann wären nicht so viele Menschen gestorben. Wisst ihr, das Schlimmste ist, dass ich all' die Jahre nichts von dem Krieg wusste..."
Sie seufzte, wollte noch etwas hinzufügen, schüttelte aber den Kopf. „Egal, ich will nicht weiter darüber reden. Also... Bleibt ihr über Nacht?" Alle drei schüttelten gleichzeitig, fast wie auf Kommando, den Kopf und seufzten. Doch es war Anna, die eine Antwort gab: „Nein, wir gehen heute bei Sonnenuntergang an Bord unseres Schiffes und segeln zurück nach Arendelle. Es war ohnehin nicht leicht für Elsa das Königreich so ganz ohne Königin zu lassen, auch wegen der Sache mit Prinz Hans. Sie hat zwar erst einmal Gerda und Kai, unseren Beratern, die Verantwortung übertragen, aber es ist trotzdem nicht gut, wenn ein Königreich solange ohne seinen Herrscher bleibt... Aber das weißt du ja sicherlich!"
Kristoff legte ihr nun einen Arm um die von den weißen Puffärmeln umschmeichelten Schultern und küsste sie sanft auf die Stirn. „Keine Sorge, du kriegst das schon hin, Rapunzel. Wenn Eugene und ich das hinbekommen, dann du doch bestimmt auch!", lächelte er der Blonden nun gut zu.
Rapunzel schüttelte den Kopf und fixierte mit ihrem Blick den Boden. „Ihr versteht das nicht, das ist nicht so leicht...", murmelte sie und verstummte dann. Sie wollte darüber nicht weiter reden. Wieso konnten sie sie nicht alle mit ihrer Traurigkeit alleine lassen?

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