Im Schloss hockte David derweil in einem kleinen, beschaubaren Raum. Mit seinen vielen Regalen wirkte dieser wie eine Bibliothek. Jedoch handelte es sich hierbei viel mehr um eine Art Wohnzimmer.
David hockte vor dem Kamin, in dem ein kleines Feuer loderte. Seinen Kopf hatte er auf die Sitzfläche eines roten Ledersofas gelegt, während er sich ein paar Zeichnungen ansah, die Rapunzel ihm stolz überreicht hatte. Die Prinzessin selbst hockte auf dem Sofa, eingemummelt in eine lila Decke. In ihren Händen hielt sie ein Biologiebuch, das sie öfter zur Hand nahm, wenn sie Fragen hatte.
„Wonach suchst du eigentlich?", fragte David und musterte sie fragend. „Hm? Oh, äh... Männerkram!", wich sie aus und schlug das Buch zu, „Nicht so wichtig!"
„Männerkram?", hakte David nach und grinste, „Etwa...?"
„Wie gefallen sie dir?"
„Hä?"
„Die Zeichnungen!"
David warf den Bildern einen kurzen Blick zu und lächelte. „Sie sind wirklich schön, besonders die der Sonne."
„Die mach' ich immer im Sonnenzimmer!", lächelte Rapunzel. Sie erhob sich, schlang die Decke um ihren Körper und ging zur Tür. „Ich hol' kurz 'was zum Naschen. Bin gleich wieder da!"
Als die Prinzessin durch die Flure des Schlosses streifte, bildete sich hinter ihr eine rote Spur, die zunächst unbemerkt blieb. „Rapunzel!", ertönte plötzlich Fulvias Stimme von oberhalb. Rapunzel sah hinauf und entdeckte Fulvia eine Etage über sich. „Was ist?"
„Guck' hinter dich!" Rapunzel drehte sich verwirrt um. Doch dann wurde sie rot wie eine Tomate. „Ups...", murmelte sie und sah zu Fulvia, „Keine Sorge, ist nur meine Regel!"
„Soll ich dir die Kräuter fertig machen?"
„Äh... Ja!"
„Prinzessin, der Prinz ist wieder da!"
„Eugene!" Rapunzel stürmte die Treppe hinunter, geradewegs in die Eingangshalle und fiel ihrem Mann um den Hals. „Du bist endlich wieder da! Ich hab' dich vermisst..."
„Ich dich doch auch, mein Traum!", lachte er und fuhr über die goldene Haarpracht seiner Frau. Sie brachte ihn einfach immer wieder auf andere Gedanken, hob seine Laune und ließ die schmerzhaften Erinnerungen, die er eben erst vernommen hatte, verschwimmen.
„Und hat David dir ein wenig Gesellschaft leisten können, während ich beschäftigt war?" Langsam fuhren seine Finger von ihrem Schopf auf ihre Wange über und er umfasste nun ihr Gesicht mit beiden Händen. Sanft streichelte Eugene darüber, zog seine Hände dann aber schnell – zu schnell – von ihrem Gesicht weg.
Rasch nahm er ihre Hände in seine und sah Rapunzel tief in die Augen. In diesem einen Moment konnte nichts, rein gar nichts, zwischen sie treten.
„Ja, hat er...", lächelte Rapunzel und umfasste seine Hände fest, „Aber deine Gesellschaft ist viel schöner!" Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, lehnte sich vor und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. Jedoch erinnerte sie sich plötzlich an ihren Traum, an das Bild, das diesem so sehr glich und wich zurück. „Ähm...", murmelte sie und Stille machte sich breit. Sie überlegte, was sie nun sagen könnte.
Schließlich fiel ihr doch etwas ein. „Kommst du mit ins Atelier? Ich will dir 'was zeigen! Oh, und... Ich muss mit dir noch 'ne Bio-Hausaufgabe machen und... Ach so, vorher müssen wir noch bei uns im Zimmer vorbei – Frauenprobleme! Und von Fulvia brauch' ich noch die Kräuter gegen die Regelschmerzen. Danach können wir dann aber ins Atelier und..."
„Prinzessin?" Auf der Treppe stand Neela, die Dienerin war höchstens 1,48 groß, hatte kurze, lockige, braune Haare und freundliche, grüne Augen, „Verzeiht die Störung, nur..."
„Ah, Neela, hab' ich dich!" Alle Augenpaare richteten sich auf Manimus. Der alte Mann hatte seinen Gehstock erhoben wie ein Knüppel und stürmte damit auf die junge Dienerin zu. Verdutzt sprang diese zur Seite und hielt sich am Treppengeländer fest. „Du wolltest doch noch mit mir reden, nicht wahr?" Manimus wollte nur nicht, dass Neela das Wort ‚Beerdigung' erwähnte, deswegen hatte er ihr das Wort abgeschnitten. Nun sah er zu Rapunzel und Eugene hinüber und lächelte. „Na dann, viel Spaß euch Beiden!"
Rapunzel lief rot an, als ihr Mann sie fragend musterte. Dann ergriff sie jedoch sein Handgelenk und stürmte mit ihm die Treppe hinauf, zu ihrem Zimmer.
„Und wie war's im Dorf?", fragte die Blonde, während sie begann im Schrank nach einem der Leinentücher zu suchen, die sie sich immer umband wenn sie ihre Tage hatte.
„Naja, Rose hat sich für die Krönung echt ins Zeug gelegt. Du bekommst ein atemberaubend schönes Kleid und ich einen schicken, schneidigen Anzug. Deinen neuen Ring habe ich auch bestellt, der wird dann ungefähr in einer Woche hier im Schloss abgeliefert. Und die Beichte war, Adam zufolge, wohl auch sehr erfolgreich. Also eigentlich ist alles erstaunlich gut gelaufen!" Eugene hatte sich auf einem Stuhl niedergelassen, während Rapunzel ihren Schrank durchforstete, „Oh, und ich musste für Adam noch einen Blumenstrauß bei einer Freundin vorbeibringen, deshalb war ich erst etwas später wieder im Palast, aber jetzt bin ich schließlich hier, von daher macht das ja nichts!"
Die Begegnung mit Raymond ließ er wieder einmal außen vor, genauso auch, dass Adams Freundin schon gestorben war und die Erkenntnis darüber, dass seine Mutter auf dem Stadtfriedhof begraben lag.
„Also, was willst du mir denn in deinem Atelier zeigen? Eines von deinen neuen Bildern?", grinste er sie breit an, als sie sich rasch das Leinentuch unters Kleid in die Unterhose legte.
„Und was für eine Hausaufgabe kriegen wir beide denn auf? Ich dachte eigentlich, ich wäre schon längst aus der Schule raus...!", meinte Eugene witzelnd und fügte dann jedoch noch leise etwas hinzu, „Obwohl ich ja eigentlich nie eine besucht habe..."
Rapunzel schloss die Schranktüren und setzte sich dann aufs Bett. „Nein, kein Bild! Also doch, es soll mal eins werden, aber bis jetzt hab' ich es nur grob vorgezeichnet und wollte wissen, was du davon hältst."
Sie versuchte, die Sachen mit den Hausaufgaben zu umgehen, denn sie wollte es ihm nicht direkt ins Gesicht sagen. „Äh, na ja... Was... Schönes? Aber das zeig' ich dir nachher!" Sie stand auf und ging zur Tür hinüber. „Geh' schon mal vor ins Atelier, ich komm gleich nach!" Rapunzel winkte ihm noch zu und verschwand dann schnell auf dem Flur.
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Frozen & Tangled I: Beware the frozen Heart
FanfictionRapunzel und Flynn sind zur Krönung von Elsa eingeladen und reisen nach Arendelle. Dort werden die beiden in die sich überschlagenen Ereignisse verwickelt, besonders dadurch, dass Rapunzel sich mit Anna gemeinsam auf die Suche nach Elsa begibt. Doch...