Im Hafen legte derweil ein Schiff an. Lila Segel, die von jeweils einer gelben Sonne geschmückt wurden. Über die Planke verließ ein gutgebauter, junger Herr das Schiff.
„Hach, Arendelle! Welch'lange Zeit verstrich', seit..."
„Sir Raymond!"
Der Mann mit Federhut und Umhang drehte sich um und blickte den Kapitän an. „Was gibt's?"
„Lasst die geschwollenen Reden! Habt Ihr den Grund Eures Aufenthalts vergessen?"
„Gewiss' nicht, gewiss' nicht...", murmelte er leicht genervt, drehte sich zurück zum Schiff, verbeugte sich und nahm den Hut von seinem Kopf, „Sir Raymond, königlicher Berater Coronas, ist verpflichtet der Prinzessin und dem... Prinzen... die freudige Nachricht zu überbringen!"
Nun setzte er den Hut wieder auf und drehte sich um. Lächelnd rieb er die Hände aneinander und setzte sich in Bewegung. „Welch' Freude! Und dann an so einem wundervollen Abend."
Während der königliche Berater so durch Arendelle streifte, ging er seinen Plan noch einmal durch. „Sie hat dir alles erklärt! So musst du's machen." Er lachte kurz auf, „Die werden sich freuen!" Und er musste zugeben, er freute sich auch. Besonders freute er sich darauf, Rapunzel wiederzusehen.
Er hatte die Prinzessin wohl ziemlich liebgewonnen. Nicht so, wie ihr denkt! Aber er mochte sie. Sie war eine wahrhaftige Freundin. Ganz im Gegenteil zu ihrem Ehemann – Prinz Eugene. Dieser misstraute ihm gänzlich. Er fühlte sich, als würde der Prinz jeden seiner Schritte überwachen. Aber gut, wer wollte ihm das verübeln?
„Miese Vergangenheit halt...", murmelte Raymond und bemerkte gar nicht, wie er plötzlich vor dem Schlosstor stand.
„Name?", fragten die Wachen bloß und Raymond hörte die Routine in ihren Stimmen.
Arme Kerle..., dachte er und erinnerte sich daran, wie Rapunzel die Wachen Coronas immer bemitleidete. Sie hatte Recht. War schon ein langweiliger Job.
„Raymond Hawn, Königlicher Berater des Könighauses von Corona!"
Ja! Jawohl, sein Spruch war genauso routiniert geworden.
„Beweis?"
„Ihr seid anstrengend!", antwortete Raymond nur und musterte die Wachen. Diese schenkten ihm nur desinteressierte Blicke.
„Also schön, meinetwegen!", gab er sich geschlagen, warf die Hände in die Luft und streckte den Wachen wenig später eine Schriftrolle entgegen. „Sehen Sie, meine Herren? Königliche Unterschrift, Siegel des coronischen Königs – Alles da!"
Die Wachen schenkten sich gegenseitig misstrauische Blicke und Raymond verlor allmählig die Geduld. Er zappelte mit dem Fuß und verschränkte die Arme vor der Brust, während er vom einem zum anderen sah.
„Nun?", fragte er und zog die Augenbrauen hoch.
„Königlicher Berater also?", fragte einer der Wachen.
Von Raymond kam nun ein – ziemlich sarkastischer – Applaus. „Na, welch' ein Wunder! Die werten Herren haben es verstanden."
Die Wachen öffneten nur wiederwillig das Tor. „Prinzessin Anna und Mr. Kristoff werden Euch in Empfang nehmen."
„Entschuldigung?", ließ der Berater nur von sich hören.
„Dagegen werdet Ihr doch nichts haben, habe ich Recht?", fragte der andere Soldat.
„Gewiss' nicht, gewiss' nicht. Bester Dank gilt den Herren, die mich so wundervoll unterstützt haben!" Raymond wartete keine Antwort mehr ab und zwängte sich an den Wachen vorbei, die ihm nur einen verwirrten Blick schenkten.
„Komischer Kerl?", murmelte der größere der beiden.
„Corona halt, was erwartest du?", fragte der andere.
„Nicht viel! Mein Cousin wohnt dort. Ich sage nur eins: Die besten Freunde der Prinzessin sind ein Pferd und ein Chamäleon."
„Ein Pferd?"
„Ein Palastpferd!"
„Traurig..."
„...aber wahr!"
Die Blicke der beiden Wachen wanderten zum Westflügel, in dem sich besagte Prinzessin und ihr Ehemann befanden.
„Merkwürdiges Volk...", lachte der eine noch, bevor beide kopfschüttelnd die Tore schlossen.Dem königlichen Berater rumorten wiederum ganz andere Gedanken im Kopf.
Was sollte ich der Prinzessin erzählen? Sie kennt mich doch kaum, weiß nicht, wer ich bin und da soll ich sie jetzt bitten, mich einfach so ins Schloss zu Prinzessin Rapunzel und Prinz Eugene zu lassen. Ich denke nicht, dass sie das tun wird, aber, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, nicht?
Er sah sich nun wenige Minuten später den zwei Verliebten gegenüber.
Es ist nicht so, dass ich noch nie eine Geliebte gehabt hätte – Okay, doch, genau das ist es.
Raymond räusperte sich und versuchte nicht allzu unhöflich zu wirken, als er bemerkte, wie die beiden ihn verwundert anblickten.
„Prinzessin Anna und ihr Geliebter, nicht wahr?", fragte er höflich und verbeugte sich, „Raymond Hawn, königlicher Berater von Prinzessin Rapunzel und ihrem Gemahlen, Prinz Eugene!"
Anna trat vor und knickste höflich, dann sagte sie jedoch fröhlich: „Herzlich Willkommen in Arendelle, Sir Raymond!" Sie hielt kurz inne, um sich zu räuspern und fiel dann gleich darauf neugierig mit ein paar Fragen über Raymond her, „Sie sind also ebenfalls aus Corona. Wie ist es dort so? Rapunzel und Eugene haben uns noch nicht viel über ihr Königreich erzählt. Ist es ein sehr großes Königreich? Was gibt es dort so Schönes zu sehen? Wie sind die Menschen dort~", doch Kristoff unterbrach sie schnell, bevor sie noch weitere Fragen stellen konnte. „Anna, ich denke, das reicht erst mal! Er muss doch auch antworten können."
„Oh, du hast ja Recht!" Anna errötete leicht, wandte sich dann aber strahlend an Raymond und war ganz gespannt auf seine Antworten. Sie hatte sich schon immer sehr für die anderen Königreiche interessiert, da war sie einfach nicht zu stoppen gewesen.
Raymond lächelte und freute sich wirklich sehr, Anna von Corona berichten zu können. Schließlich lebte er schon sein ganzes Leben dort, die ganzen 20 Jahre, die er jung war.
„Also, es ist schön... Ziemlich schön, ja! Corona liegt ziemlich weit im Süden, dadurch haben wir kaum Schnee, nur wirklich selten. Aber unsere Sommer sind fantastisch – Ziemlich warm! Groß ist Corona nicht, zumindest die Stadt nicht – Das Festland ist schon ziemlich groß. Corona ist in etwa eine Insel, müsst Ihr wissen. Die Menschen sind allesamt unterschiedlich. Sonnige Gemüter wie Rapunzel, misstrauische Gemüter wie... äh..." Diesen Gedankengang führte er besser nicht laut aus, „Na ja, viele unterschiedliche Menschen halt. Und, Sehenswürdigkeiten? Hm, das Schloss ist wirklich schön, die Kirche auch... Oh, aber natürlich! Das Laternenfestival ist einfach großartig. Es findet jedes Jahr an Rapunzels Geburtstag statt. Es ist ein magischer Moment, wenn all' diese Lichter in den Himmel steigen." Raymonds Augen funkelten voller Vorfreude auf Rapunzels Geburtstag und darauf, sie endlich wiedersehen zu können.
„Das hört sich einfach toll an!", meinte Anna freudig erregt. Sie sah Raymond die Freude geradezu an, während er erzählt hatte und wusste dadurch, dass er auf seine Heimat mehr als stolz sein musste. „Wir sollten die Beiden unbedingt auch mal besuchen, findest du nicht auch, Kristoff?"
Lächelnd wandte sie sich an ihren Verlobten und blickte ihn glücklich an. „Ja, absolut! Das würde bestimmt fantastisch werden!", erwiderte Kristoff darauf nur ebenso glücklich. Gemeinsam blickten sie nun aber wieder zu Raymond, der immer noch etwas verträumt aussah.
Nun stellte Anna jedoch die Frage, auf die es Raymond abgesehen hatte, da er ja noch nicht weiß, wo sich Rapunzel und Eugene aufhalten. „Kann ich Ihnen denn auch behilflich sein? Es hat doch sicher einen Grund, dass Sie hier sind."
„Oh, ähm, ich hab' den Beiden etwas zu berichten. Und... naja, dafür wüsste ich ganz gerne, wo die Hoheiten sich befinden?", antwortete er und fing bei dem Gedanken an die Nachricht, die er überbringen sollte, unweigerlich an zu grinsen.
„Ah, nun Rapunzel und Eugene befinden sich in einem Zimmer im Westflügel des Schlosses. Wir können Sie gerne dorthin begleiten, wenn Sie dies möchten?", plapperte Anna freudig drauf los, vergas jedoch ihre Höflichkeiten dabei nicht. Kristoff eilte ihr unterstützend an die Seite und nickte nur zustimmend.
Raymond winkte ab und verbeugte sich. „Ich bitte vielmals um Vergebung, aber auf dem Weg würde ich mich gerne seelisch vorbereiten. Ich denke, Begleitung wäre da eher hinderlich. Aber vielen Dank, Prinzessin!" Er griff nach Annas Hand, drückte einen Kuss auf ihren Handrücken und verschwand dann im Schloss.
Anna blieb perplex stehen und sah dem ‚noch' recht Fremden, sogenanntem Raymond, verdattert nach.
„Naja, dann widmen wir uns eben wieder... Hm, lass mich kurz nachdenken? Uns?!" Sie schmachtete Kristoff förmlich an, doch dieser packte sie an der Hand und zog sie hinter sich her zum Eingang des Schlosses.
„Wir sollten, denke ich, dann eher langsam mal zum Speisesaal gehen. Das Abendessen wird schließlich bald serviert, nicht wahr?", meinte Kristoff fragend an Anna gewandt.
„Oh ja... Stimmt! Dann lass uns gehen!", murmelte Anna mit geröteten Wangen vor Scham.
Gerne hätte ich noch ein wenig Zeit mit Kristoff verbracht, aber wir haben ja schließlich das ganze Leben vor uns, da können wir die Zeit auch noch nachholen.
Dann verschwanden auch die beiden frisch Verlobten hinter den großen Flügeltüren des Palastes.
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Frozen & Tangled I: Beware the frozen Heart
FanfictionRapunzel und Flynn sind zur Krönung von Elsa eingeladen und reisen nach Arendelle. Dort werden die beiden in die sich überschlagenen Ereignisse verwickelt, besonders dadurch, dass Rapunzel sich mit Anna gemeinsam auf die Suche nach Elsa begibt. Doch...