36. Kapitel

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Fassungslos starre ich Scömìche an, die einen Millimeter vor dem Kuss doch ausgewichen sind.
Und jetzt schon seit einer Weile lachend nebeneinander liegen.
„Sorry, aber das musste sein", grinst Mitch noch etwas außer Atem.
Ich sage darauf gar nichts mehr, sondern schmolle nur vor mich hin.


Scott ist es, der mich auch wieder zurück in mein Zimmer begleitet.
Einfach, weil er ein Gentleman ist, wie er behauptet.
Dass er Mitch mit dem Set alleine zurücklässt, ist ihm entweder egal oder nicht bewusst.
„Okay, raus mit der Sprache", überwinde ich mich ein zweites Mal, ihn auf Scömìche anzusprechen, als wir vor der Tür stehen.
Scott versucht nur für wenige Sekunden, so auszusehen, als wüsste er nicht, wovon ich spreche.
„Da ist nichts."
„Scott."
„Ne, ernsthaft."
Sein Gesichtsausdruck spricht zwar für sich - und sagt etwas ganz anderes als Scott selbst - aber dennoch wende ich mich geschlagen ab.
Sie werden es mir sagen, wenn sie denken, dass die Zeit dafür reif ist.
Oder?
„Wieso so deprimiert?", begrüßt mich Phips.
Sie sitzt unglaublich verrenkt auf ihrem Bett, ihr Handy in der einen Hand, den Kalender aufgeschlagen in der anderen, einen Stift hinters Ohr geklemmt.
Was sie da tut, sieht so unbequem und multitaskingfähig aus, dass ich Scömìche für einen Moment ganz vergesse.
Bis mir ihre Frage wieder einfällt.
„Sie sind zusammen", sage ich schnaubend, bevor ich meinen Laptop schnappe und die Bilder von eben speichere und aussortiere.
Den Blick von Phips bemerke ich erst fünf Minuten später, als ich kurz auf mein Handy schauen will.
„Hast du mich seit eben gerade angestarrt?", frage ich mit hochgezogenen Augenbrauen, meine Hand ein paar Zentimeter entfernt vom Handy.
„Ja."
Ich nicke langsam, bis sie seufzend nachgibt.
„Das ist nicht dein Ernst, oder?", fragt sie.
„Scömìche? Doch. Laut ihnen nicht, aber meiner Meinung nach eindeutig", antworte ich mit einem schiefen Grinsen.
„Siehst du! Hey, wenn wir gerade schon davon sprechen: Kirstie und ich wollen sie bis Silvester zusammen bekommen. Dass sie offiziell ein Paar sind, du weißt schon. Bist du dabei?"
Phips grinst mich schelmisch an.
„Hört sich sehr verlockend an", antworte ich lachend.
„Erzähle das bloß nicht den anderen. Esther steht dem so schon skeptisch gegenüber, wahrscheinlich, weil sie selbst nicht wirklich weiß, was da eigentlich Sache ist. Und so was kann man schlecht vermarkten", warnt sie mich dann mit gesenkter Stimme, aber der Schelm ist ihr immer noch anzusehen.
„Komm mal kurz her, ich muss dir das zeigen, bevor ich es lösche", seufze ich, als ich das Beinahe-Kuss-Foto sehe.
Ja, ich habe die Chance ergriffen und sie fotografiert, aber jetzt fühlt es sich irgendwie falsch an.
„Oh mein Gott, bitte lösche das nicht!"
Phips starrt das Bild fasziniert und eindeutig von Scömìche überzeugt an, doch ich drücke auf den einen Knopf, der das Foto für immer verschwinden lässt.
Sonst behalte ich es wirklich noch, und ich weiß nicht, ob ich das überleben würde, ohne es irgendwann zu veröffentlichen.
Außerdem existiert noch genug Filmmaterial davon.
Phips seufzt, meint dann aber doch, dass sie stolz auf mich ist.
„Wo sind eigentlich die anderen?", frage ich nach einer Weile.
„Esther und Avi sind irgendwo essen gegangen, und Kirvin sind auch unterwegs", antwortet Phips, schon wieder ein wenig in ihre Arbeit vertieft.
Diesmal bin ich es, die sie für einige Minuten anstarrt.
Kirvin?


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