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60. Kapitel

„Für das nächste Lied müsst ihr ganz leise sein", kündigt Avi an und erntet sofort Jubel.
Er könnte wahrscheinlich auch über das Wetter reden, seine Stimme würde trotzdem Begeisterung hervorrufen.
Das Mikrofon wird auf die Bühne getragen, und Avi, Kirstie, Kevin, Scott und Mitch stellen sich im Halbkreis um es.
Ich setzte mich wieder auf den Boden, mache mich möglichst klein, um niemandem die Sicht zu versperren.
Die ersten Töne setzen ein, und ich muss tief durchatmen, um weiterhin klar denken zu können.
„Close your eyes, lay your head down
Now it's time to sleep
May you find great adventure
As you lie and dream
If you're scared of the darkness
I will calm your fear
There's a light in the hallway
So you know I'm here."
Avis Stimme treibt Tränen in meine Augen.
Obwohl ich mir fest vorgenommen habe, heute die besten Fotos überhaupt zu machen, muss ich meine Kamera kurz absetzen und blinzeln, um klar sehen zu können.
Es fühlt sich so an, als würde er die Worte an mich richten, obwohl er die Augen geschlossen hat.
Ich habe ihn noch nie so gesehen, und als mir der Grund bewusst wird, schlucke ich ein paar Mal.
Es könnte sein letztes Konzert sein.
Das würde er nicht machen, oder?
Ohne es anzukündigen.
Und doch fühlt es sich so an, als würde er sich verabschieden.
„You won't need me forever
But I'll still be here."
Ich kann das nicht.
Etwas in mir will einfach wegrennen, runter von der Bühne, nach Hause.
Aber es gibt keinen Ort mehr, an welchem ich zuhause bin.
Die Tour mit Pentatonix hat mich zu jemand Neuem gemacht, und ich würde nie wieder behaupten, dass ich Deutsche bin.
Viel mehr bin ich inzwischen ein Weltbürger.
Und vor allem Pentaholic.
Lächelnd öffne ich die Augen.
Die Worte geben mir neue Kraft, die Stille um mich herum, gefüllt mit Pentatonix' Stimmen, der Teppich aus geflüsterten, vorsichtigen Zeilen hinter mir.
„You are not alone
You are right at home", singt Avi und mein Lächeln verwandelt sich in ein breites Grinsen.
Ich fühle mich glücklich, zuhause, geliebt.
Möglichst leise und vorsichtig stehe ich auf, um jeden Sänger einzeln in einem Portrait festzuhalten.
Mitch ist der erste, seine Augen geschlossen, sein Make-Up ausgefallen und wunderschön wie noch nie. Das Licht der Scheinwerfer umhüllt ihn, und ich verstehe wieder einmal, wieso er so oft als Engel bezeichnet wird.
Ich brauche nur einen einzigen Versuch, um das perfekte Foto zu schießen.
Scott steht neben ihm, eine blonde Strähne fällt ihm ins Gesicht, auch er hat die Augen geschlossen, ist tief in der Melodie versunken, sodass er nicht mal bemerkt, dass ich ihn fotografiere.
Kevin steht in der Mitte, als Einziger mit offenen Augen, und er sieht mich so offen und ehrlich an, dass ich Gänsehaut bekomme. Ich habe noch nie realisiert, wie sehr sie ihren Job wirklich lieben, und jetzt komme ich mir komisch deswegen vor, denn es ist ihnen so deutlich anzusehen.
Kirstie steht dicht neben ihm, und als ich genauer hinsehe, bemerke ich, dass sie hinter ihren Rücken Händchen halten.
Schmunzelnd fange ich ihr schiefes Lächeln ein.
Ihre Haare verdecken geheimnisvoll die eine Hälfte ihres Gesichts, und das Licht bricht sich unglaublich schön in ihnen.
Doch bevor ich mich Avi widmen kann, ertönt der Knall.
Die Kamera rutscht mir aus der Hand und der Bildschirm zersplittert auf dem Boden.
Vor mir öffnen Pentatonix schockiert die Augen.
Schreie erheben sich in der Stille.
Ich bin wie gelähmt, kann mich nicht bewegen, höre alles nur noch durch Watte.
„You are not alone
You are right at home
Goodnight, goodnight."
Avis Stimme zittert, als er nach einer kurzen Pause wieder anfängt, zu singen.
Der nächste Knall ist nicht mehr weit entfernt wie alle anderen davor.
Er ertönt in mir.
Ich kann spüren, wie das Blut warm aus mir weicht, die Gesichter vor mir verblassen.
Das letzte, was ich höre, ist Avis drittes „Goodnight".

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Und damit wären wir wieder mal am Ende angelangt! Ich hoffe, dass ihr diese überhaupt nicht dramatische Geschichte bis jetzt genossen habt und ich euch am 05.11. im dritten Band, Portrait, wiedersehe! ;)

Liebe Grüße, Sunight