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  PoV Taddl

Als ich wieder in der Station ankam, war das Chaos ausgebrochen. Überall rannten Ärzte und bullige Wachmänner von Raum zu Raum und eine Traube von Menschen hatte sich um einen Transportliege gesammelt.
Hektisches Gemurmel und als ich näher kam entdeckte ich auch den Grund für die Panik.
Denn auf dieser Liege lag der dunkelhaarige Doktor und hielt sich ein blutiges Tuch vor das Gesicht.
Geschockt taumelte ich ein paar Schritte zurück.
Mir wurde schwindelig.
Neben den aufgeregten Stimmen nahm man ab und zu ein Wimmern seinerseits war.
Nannte man so etwas Berufsrisiko?

Ein Älterer Herr zog mich von dem Geschehen weg, in einen Raum direkt neben Ardys Zelle.
Ich war nur froh von hier wegzukommen.
Komischerweise war dieser, im Gegensatz zu den anderen Zimmern, nicht beschriftet worden.
Der Raum war fensterlos. Und ein Rollo verbarg die Sicht auf etwas Unbekanntes.
Nur das Licht der Armaturen an den Wänden und auf dem Metalltisch tauchte den Raum ab und zu in ein finsteres rotes Leuchten. Vor dem Tisch standen noch zwei Drehstühle.
Auf einem von den Beiden setzte sich der Mann und deutete auf den Anderen. Wortlos ließ ich mich auf das Polster fallen.
''Also du bist Thaddeus oder?''
Ich nickte langsam.
Dr. Reynold, stand in sauberer Schrift auf dem Namensschild.
''Ich denke sie haben Everdeen gesehen...''
Wartete er überhaupt auf eine Antwort von mir?
''Und... Naja, Ardian hat ihm das angetan.''
Ardy?
Ardy hat ihn so verletzt?
''Nun mal es nicht wirklich der Ardian war, den sie kannten...''
Jetzt war ich eindeutig verwirrt.
''Der Teil der nun folgt wird etwas kompliziert. Also: Seine zweite Persönlichkeit, nennen wir sie mal Pandora, hat den Doktor attackiert. Seit dem Angriff ist Ardian in einem Schockzustand. Wir haben ihm zahlreiche Beruhigungsmittel verabreicht. Aber nun wieder zu dem Experiment. Wir nennen es das Pandora-Experiment. Durch verschiedene Medikamente und Therapien versuchen wir den Ausbruch von Pandora zu verhindern und ihn vielleicht sogar... auszulöschen.''
''Und das funktioniert?''
Reynold fuhr das Rollo hoch. Nun bemerkte ich die Glasscheibe die aus Ardys Sicht wie ein Spiegel wirkte.
Doch ich konnte ihn betrachten. Wie er da zusammengekauert in der Mitte, des auf einmal möbellosen Raumes, lag. Seine Augen starrten glasig auf einen fernen Punkt.
''Das wissen wir nicht.''
Ich wendete mich wieder dem Doktor zu.
''Aber kann das nicht gefährlich werden?''
Der Blick des Alten verdunkelte sich kaum merklich.
''Es ist nur zu seiner Sicherheit.''
Mit diesen Worten drückte er mir eine eigene Schlüsselkarte in die Hand und verließ den Raum.
Ich sah im nachdenklich hinter her.
Konnte ich riskieren dass an meinem Brudi herumexperimentiert wird?
Auf der anderen Seite...
Konnte ich ihn einfach mit nach Hause nehmen? Würde dabei nicht ein höheres Risiko bestehen?
Nein... Ich denke hier ist er am besten aufgehoben.
Und ich musste auch hier bleiben. Auch wenn das mehr für mein Wohl wäre als für seins...
Ich schüttelte meinen Kopf. Normalerweise gehörte ich nicht zu denen die sich so sehr um Andere sorgten.

Ich drehte mich zu den Bildschirmen. Auf einem flimmerte das rote REC Zeichen und der Clip war pausiert.
Meine Neugierde war geweckt. Auf dem Standbild sah ich Ardy und Dr. Everdeen, die voreinander saßen.
Ich nahm die Fernsteuerung und drückte auf Play.

Gespannt starrte ich auf die schwarz-weiße Aufnahme. Der Doktor holte ein Pendel heraus und ließ es vor dem Gesicht meines Brudis schwingen.
Minuten vergingen. Anscheinend redete er auf ihn ein.
Ardys Kopf knickte immer wieder ein.
Einen kurzen Moment fiel er in sich zusammen.

Plötzlich sprang er auf. Everdeen presste sich mindestens genauso erschrocken wie ich gegen die Stuhllehne und der Braunhaarige schlug um sich.
Stürzte sich auf den Mann vor ihm und kratzte durch sein Gesicht. Blut spritzte und verzweifelt versuchte mein Verstand meinem Körper zu vermitteln weg zu schauen.
Doch ich konnte einfach nicht.
Schweiß drang aus meinen Poren als ich sah wie sich der Fliesenboden rot färbte.
Der Doktor drückte panisch auf seinen Pieper.
Ardy richtete sich noch einmal vor seinem blutigen Werk auf und verlor anscheinend sein Gleichgewicht. Er taumelte unkontrolliert drei Schritte zurück und brauch auf den Fliesen zusammen.

Mein Herz pochte als das Band von Selbst stoppte.
Ich strich mir über das Gesicht. Hoffend es so aus seiner Starre zu lösen.
Bei dem Anblick von dem jungen Arzt wurde mir schlecht. Ich drehte mich von dem Fernseher weg und krallte meine verkrampften Finger in die Stuhllehne.
Jetzt sah ich mit anderen Augen auf den 'verängstigten' Jungen in der Zelle.
Er machte mir Angst. Jedes Mal wenn sein Körper erbebte zuckte ich zusammen.

Plötzlich wachte er aus seiner Starre auf und drehte seinen Kopf in meine Richtung.
Ich stieß einen undefinierbaren panischen Laut aus.

PoV Ardy

Ich trennte meine feuchte Wange von dem desinfizierten Boden.
Mein Blick fiel auf den Spiegel. Ich rümpfte meine Nase.
Was ist geschehen?
Verwirrt bemerkte ich das trockene Blut unter meinen Nägeln.
Ich versuchte mich aufzurichten. Fiel wieder zurück.
Erschöpft starrte ich gegen die Tür.
Auf was wartete ich? Auf Taddl?

Tatsächlich kam dann aber doch jemand in das Zimmer. Aus irgendeinem Grund war ich erleichtert dass es nicht der Blonde war.
Es war einer der Pfleger und er stellte mir in ein paar Meter Entfernung ein Tablett auf den Boden. Er sah mich aufmerksam an. Ich erhaschte einen Blick auf die Waffe unter seinem Hemd. Rückwärts und wortlos verließ er wieder den Raum.
Warum behandelte man mich wie ein wildes Tier?
'Weil sie keine Ahnung haben.'
Huh?
'Sie wissen nicht womit du zu kämpfen hast.'
Habe ich denn irgendwas verbrochen?
'Nicht du...'
Nicht ich?
Meine innere Stimme schwieg.
Ich seufzte.
Mein Magen knurrte
Hungrig robbte ich auf das Essen zu.
Urks. Nudeln. Durchgeweichte Nudeln.
Aber mein Appetit war größer als mein Ekel.
Ich griff schon nach dem Löffel doch meine andere Seite unterbrach mich.
'Stopp!'
Vor Schreck glitt der Löffel von meiner Hand in die Suppe.
'Sie wollen dich vergiften.'
V-Vergiften?
Ich sah mir die Suppe genauer an.
Kleine weiße Kügelchen bewiesen dass er Recht hatte.
Ich wich von dem Essen zurück.
Zog meine Beine an.
So leicht ließ ich mich nicht verarschen!

Unbemerkt von mir, bis er vor mir stand, kam Taddl in das Zimmer. Ich sah ihn kühl an.
Er kniete sich vor mich.
Hinter ihm kamen noch zwei Doktoren und der Pfleger von vorhin hinein.
''Willst du nicht etwas essen?''
Verkrampft schüttelte ich meinen Kopf.
Er seufzte.
''Verbietet Pandora es dir?''
'Pandora haben sie mich also genannt.'
''Bitte Ardy...''
Er griff nach meiner Hand. Doch ich spürte nichts.
Kein Kribbeln. Kein Pochen.
''Nein.''
Wollte er nicht oder konnte er es nicht begreifen?
Er rutschte näher zu mir. Packte mich an meinen Schultern. Ich wendete mich angesäuert unter den Blicken von ihm und den Anderen.
''Ardy!''
Genervt versuchte ich mich von ihm wegzudrehen.
''Hey!''
Diesmal schüttelte er mich. In mir brodelte es.
''Was?!''
Er zuckte zusammen. Doch sein Griff lockerte sich kein bisschen.
''Tu es mir zu liebe...''

Ganz langsam. Fast schon zu langsam lehnte ich mich zu seinem Ohr. Ich spürte seinen stockenden Atem und seine Panik. Roch seine Angst.
Doch je näher ich kam desto ruhiger wurde er.

''Ich hasse dich.''
Mechanisch presste ich diese Worte hervor und riss mich von Taddl los. Verwirrt presste ich meine Hände auf meinen Mund.
Worte die ich nicht kontrollieren konnte. Worte die nicht mir gehörten.
Ich sah durch die eisblauen Augen dass etwas zerbach.
Doch nicht nur in ihm ging etwas kaputt.
Geister wie scharfe Zahnräder bohrten sich durch meinen Kopf. Hinterließen nur leere Verwüstung wo einst Gefühle waren.

'Ich liebe dich doch Taddl!'  

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