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  PoV Ardy

Ich schluckte. Wollte mich nicht umdrehen. Meine Finger krallten sich um das schwitzige Metall. Die Knöchel stachen wie Marmor hervor.
''Hast du mich denn nicht vermisst?''
Eine Stimme. Schmerzhaft vertraut. Mein Herz zog sich zusammen.
Doch da war etwas Neues. Etwas bedrohlicheres.
Sie kam näher.
Mit jeder Sekunde wurde das Röcheln lauter. Der beißende Gestank von Rauch stärker.
Hinter mir. Direkt. Gänsehaut.
Ich rüttelte verzweifelt an der Tür.
Fehlschlag.
Eine frostige Hand packte mein Handgelenk und riss mich herum.

Er war schwarz. Fast nur ein Schatten. Und doch undurchsichtig.
Je näher er kam desto schwerer konnte ich atmen.
Stoppte wenige Zentimeter vor meinen Lippen.
Pandora hauchte mit violinengleicher Stimme eine unverständlich Melodie, leise drang der Gesang drei-dimensional an meine Ohren.
Bildete eine Fantasie des Schreckens.
''Schlafe mein Ardy, hoch oben im Baum
der Wind schüttelt die Äste, wie im süßesten Traum
wenn die Äste dann brechen fällt die Sonne hinab
und landet samt Ardian im finsteren Grab"
Ich wich zurück. Mein Herz pochte bedrohlich laut in meinen Ohren.
Hinter mir stoppte mich eine Wand. Ich tastete verzweifelt über das glatte Plastik. Suchte nach einem Ausweg.
Die Augen Pandoras waren leer, rot funkelten sie mich an.
Wie die Augen einer Puppe sahen sie starr gerade aus. Sein weißes Haar hing ihm verfilzt ins Gesicht. Rasselnder Atem ließ mich erschaudern.
Er wartete.
Worauf?
Er wollte mich leiden sehen. Ich zerbrach an meiner Panik.
Ich sah perplex auf seine verkrüppelte, rabenschwarze Hand. Er strich über meine Wange. An den Stellen wo er mich berührte spürte ich ein Brennen.
''Ach Ardylein. Mein Ardylein. Hab keine Angst. Ich verlasse dich nicht...''

Urplötzlich schnellte seine andere Hand mit den bestialischen Krallen voran in meinen Bauch.
Ich krümmt mich. Keuchte. Umschloss meinen Oberkörper mit meinen Armen.
Ein Fehler wie sich spätestens einen Faustschlag später herausstellte. Denn dieser landete in meinem Gesicht.
Wehrlos fiel mein Kopf zur Seite. Ich schmeckte Blut. Mir wurde schwindelig. Der Schmerz schien mich zu übermannen.
Als ich eine meiner Hände zu meiner Lippe führte war sie rot. Auch mein Shirt hatte sich komplett mit Blut vollgesogen. Vier Löcher stellte die Stellen zur Schau wo er mich mit den Krallen gezeichnet hatte.
Einen Moment ließ er mich noch einmal allein leiden, dann wurde ich plötzlich an meinem Kragen hochgerissen. Mit einem Bein fuchtelte ich haltsuchend herum.
Zu schnell fand ich den Boden dann auch wieder als ich mit einem bedrohlichen Knacken gegen die Bettkante geschleudert wurde.
Ein stechender Schmerz durchzuckte mein Bein. Ich hielt es fest. Biss meine Zähne aufeinander.
''Oh hab ich dich verletzt?''
Mein Peiniger legte den Kopf schief.

''Ardy?''
Ich riss meine Augen auf.
Taddl.
Doch anstatt zu schreien konnte ich nur stumme Laute von mir geben als Pandora seine Hand auf meinen Mund presste und mir etwas ins Ohr zischte.
''Keine Sorge wir werden noch viel Spaß zusammen haben Ardian.''
Und dann war er weg. Einfach verschwunden.
Kraftlos sackte ich vor dem Bett zusammen. Jemand rüttelte an der Tür.
''Ardy bist du hier?''
Wortlos richtete ich mich auf und griff nach meinen, bei dem Kampf im Zimmer verstreuten, Krücken.
Drehte den Schlüssel um.
Sofort sprang die Tür auf.
''Scheiße du blutest Ja!''
Ich packte mir perplex an die Wange.
''Ach das ist nichts.''
Nein. Nicht wieder. Nicht noch einmal.
Mal wieder waren es nicht meine Worte. Mal wieder schien ich die Kontrolle verloren zu haben. Doch ich war zu schwach.
Ich hatte Angst mich zu wehren. Es wäre doch so oder so sinnlos. Ich konnte nur hoffen dass Pandora kein Chaos anrichtete.
Und selbst wenn, würde ich mich mit dem Gedanken beruhigen ich könnte nichts ändern. Es wäre nicht meine Schuld gewesen.
Vielleicht war es ja doch ganz angenehm der Zuschauer zu sein.

Zu spät bemerkte ich dass ich wieder allein im Zimmer war. Ich beobachtete müde jede meiner Bewegungen.
Ab und zu setzte ich zum Schreien an. Doch Pandora unterband es. Ab und zu lief mir eine Träne über die Wange. Viel zu schnell wurde diese weggewischt.
Meine andere Seite verband fast schon liebevoll meinen Bauch.
Ging ins Bad. Würdigte dem Spiegel keinen Blick. Wischte sich aus reinem Instinkt das Blut vom Mund.

Ich sah aus erster Reihe wie ich nach meinem vibrierenden Handy griff.
'Rose'.
Der Name meiner Schwester. Ich drückte auf die grüne Taste.
''Ardy? Gott sei dank. Seit wann haben wir nicht mehr geredet? Ich habe mir ja fast schon Sorgen gemacht! Und melde dich auch mal wieder bei deiner Mutter. Ich musste sie schon besänftigen. Weil du kennst sie ja sie dachte schon du wärst ein Drogen-Junkie geworden. Sie übertreibt. Aber egal. Wie geht es dir mein Lieber?...Ardy...? Hallo...?''
Ich stockte. Atmete scharf ein.
''Hi...''
''Alles okay bei dir?''
Sie klang besorgt.
''Klar. Was willst du von mir??''
''Wie was will ich von dir? Ich bin deine Schwester darf ich nicht mit dir reden?''
Rose Stimme klang eine Oktave zu hoch.
''Ich habe keine Schwester.''
''Ist das jetzt ein mieser Scherz Ardy?''
''Nenn mich nicht Ardy.''
Scheiße...
''Na gut wenn sich der werte Herr zu fein ist zu telefonieren komme ich dich und Taddl halt Morgen mal besuchen...''
''Das glaube ich nicht. Halte dich in Zukunft fern von Ardian.''
Nun redete Pandora wieder in seiner normalen Stimme. Im imitieren war er echt gut.
''Was zum-?''
Pandora lächelte zufrieden und legte auf.

Ein Problem weniger. Jetzt fehlt nur noch eine Person.
'Das kannst du mir nicht antun!'
Mein Herz drohte zu zerbersten.
'Alles! Nimm alles nur nicht meinen Engel!'
Aber Ardian, wir gehören zusammen. Er versucht uns nur auseinander zu bringen. Verstehst du denn nicht?
'Wie meinst du das?'
Hat er dich denn nicht verletzt? Tut es nicht weh daran zu denken dass er dich früher oder später betrügen oder belügen wird?
'Das wird er nie...'
In mir drehte sich alles.
Töricht mein Ardian. Selbst wenn er das nicht wagt wird die Flamme irgendwann erloschen sein. Akzeptiere es. Wenn er geht. Wenn alle gehen bin ich noch da. Und es ist nicht so als könntest du mich aufhalten. Ich lasse dir nur obligatorisch die Wahl. Damit sich dein Gewissen besser fühlt.
Ich dachte nach.
Bilder schossen mir durch den Kopf. Von Ihm und Mir. Erinnerungen zerflossen wie Sand. Rieselten hinab auf den Boden der Sanduhr die sich Bewusstsein nannte.
Es wäre auch besser für ihn...
Schweren Herzens musste ich zugeben das Pandora Recht hatte.
Also?
Ich seufzte.
Kläglich versuchte ich wenigstens noch sein Lächeln in Erinnerung zu behalten.
'Na gut...'
Schließe deine Augen mein geliebter Ardian. So musst du seinen Anblick nicht ertragen.
Ich tat wie mir hieß. Spürte wie sich mein Körper in Bewegung setzte.
Zaghaft klopfte ich an seine Zimmertür.
''Ja?''
Ich trat hinein.
Noch einmal sein glückliches Gesicht sehen. Innerlich öffnete ich meine Augen. Sah den Blonden an.
Er hatte sich wieder seinem PC Bildschirm zu gewandt.
''Taddl?''
''Hm?''
Er drehte sich um lächelte mich erst liebevoll an doch als er meine ernste Miene sah verging ihm sein Lachen.
''Wir müssen reden.''
Ich setzte mich auf die Bettkante. Er sich verwirrt neben mich. Zögerlich griff er nach meiner Hand doch ich wich kühl aus.
Und dann sprach ich diese schrecklichen Worte.
''Das mit uns funktioniert nicht.''
Er sah mich mit weit aufgerissen Augen an.
''Wie?''
''Ich liebe dich nicht.''
Natürlich musste Pandora noch einen daraufsetzen.
''Und habe dich auch nie geliebt. Schon witzig wie du mir verfallen bist. Ach ja... Und in der Zeit wo ich weg war habe ich als Hure gearbeitet. War angenehmer mit denen rumzumachen als mit dir.''
Schlagartig füllten sich seine so wunderschönen blauen Augen mit Tränen.
Doch seine Schönheit war nicht für mich bestimmt...
Ich spürte einen Klos in meinem Hals.

''Geh!''
Er deutete auf die Tür. Funkelnde Tränen flossen seine Wangen hinunter.
Ich stand wortlos auf. Sah ihn an. Etwas in ihm war zerbrochen. Sein sonst so selbstbewusster Körper wirkte schwach.
Wir könnten ihm nun leicht das Leben aushauchen...
'Nein! Verschwinde einfach...'
Langsam stieg wieder Angst in mir auf.
Angst um ihn.
Doch einmal schien Pandora auf mich zu hören. Taddl hatte sein Gesicht bereits in seinen Händen vergraben.
Hätte nicht gedacht dass er so eine Pussy sein kann.

Ich drehte ihm den Rücken zu.
Schloss die Tür hinter mir.
Eine endgültige Tat?
Immer noch drang sein Schluchzen hinter dem Holz an meine pochenden Ohren. Ich griff ohne noch einmal zu Zögern nach meiner Jacke und kam im Flur zum Stillstand.
'Wo sollen wir nun hin?'
Vielleicht zu Felix?
Den hatte ich lange nicht mehr gesehen. Diesmal mit meinen eigenen Schritten erklomm ich die paar Stufen bis ins nächste Stockwerk und drückte mit verkanteten Fingern auf die Klingel.
Ich hatte ihm sein Herz gebrochen...  

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