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  PoV Ardy

Mit einem Seufzen löste ich mich von seinen Lippen. Zog meine Short wieder hoch und tapste barfuß zur Tür. Taddl folgte mir.
Ich öffnete die Tür und beobachtete den Rothaarigen verwundert.
''Ian?''
Er nickte. Es erschreckte mich. Seine Haut war fast grau. Er zitterte unaufhörlich und trug nur ein T-Shirt.
''Was machst du hier?''
Er sah müde auf den Boden. Noch ein paar Sekunden wartete ich auf eine Antwort. Als keine kam nahm ich in einfach in meine Arme. Sein Zittern stoppte. Er schluchzte leise.
''Willst du reinkommen?''
Diese Frage war überflüssig. Trotzdem nickte er erneut. Ich schloss hinter dem schlaksigen Jungen die Tür. Zeigte ihm den Weg ins Wohnzimmer. Ich lief hinter ihm.
Vorsichtig strich er über die Kommode die im Zimmer stand. Setzte sich etwas verloren auf die große Couch. Mit großen Augen sah er sich die Fotos von meinem Mitbewohner und mir an der Wand an.
''Also...''
Ian zuckte zusammen als ich mich neben ihn setzte. Ich biss mir auf die Unterlippe.
Er tat mir Leid.
''Was ist passiert?''
Stille.
Er sah auf den Blonden der in der Mitte des Raumes stand.
Ich seufzte.
''Taddl geh mal bitte.''
Er schnaubte.
Ich wusste dass er und Ian sich nicht verstanden.
Als er keine Anstalten machte sich zu bewegen, stand ich auf. Drückte ihm kurz einen Kuss auf den Mund.
''Nur kurz... Okay?''
Ich setzte meinen Welpenblick auf. Sah wie seine harte Miene langsam brach. Ich schenkte ihm noch ein liebevolles Lächeln.
''Na gut...''
Ich verharrte stumm bis er hinaus gegangen ist.
Dann ließ ich mich wieder auf das Sofa fallen.

''Ian...''
Ich sah ihn an.
''Was ist passiert?''
Ich sprach langsam, bedacht. Seine Augen bewegten sich hektisch von einer Ecke des Raumes in die Andere.
''Michael ist arbeiten...''
''Und?''
''I-Ich war allein... Und dann habe ich plötzlich Panik bekommen.''
Seine Augen füllten sich mit Tränen.
''Was ist geschehen?''
''Sie hat mich verletzt...''
''Wer?''
''Meine zweite Persönlichkeit...''
''Sie hat dich dazu gebracht dich zu verletzten?''
''Nein...''
Ich legte fragend meinen Kopf schief.
Er knetete seine Hände.
''Sie war real. Wie du jetzt vor mir sitzt. Und sie hatte ein Messer...''
Jetzt schluchzte er wieder. Ich nahm ihn in den Arm.
Der Arme...
Ich verstand seine Angst.
Meine Hand strich sanft über seinen Rücken.
''Wo hat sie dich verletzt?''
Er drückte sich von mir weg.
Schob seine Ärmel hoch. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter als ich seine roten Wunden sah. Manche bluteten sogar noch stark.
''Das müssen wir verbinden!''
Ich wollte aufspringen doch der Größere hielt mich fest.
''D-Darf ich nicht einfach schlafen?''
Seine müden Augen sprachen Bände.
''Wenn du denkst das hilft... Komm mit.''
Ich griff nach seiner eiskalten Hand. Wir gingen an der Küche vorbei.
Taddl warf mir einen gequälten Blick zu. Angepisst bemerkte er unsere Hände. Das musste ich ihm später wohl noch erklären.
''Hier kannst du schlafen.''
Ich deutete auf mein Bett.
''Ist das nicht dein Zimmer?''
''Ja und?''
''Wo schläfst du dann?''
Täuschte ich mich oder wich er meinem Blick aus.
''Bei Taddl.''
''Oh...''
Klang er enttäuscht?
''Ich weiß das ist viel verlangt aber... Kannst du vielleicht hier schlafen?''
Verwirrt betrachtete ich ihn. Er trat nervös von einem Fuß auf den Anderen.
''Eh...''
Mein Freund lehnte am Türrahmen. Kühl funkelte er den zitternden jungen Mann an.
''Klar.''
Man merkte wie es in Taddl brodelte doch jetzt hatte ich wirklich keine Zeit für ihn. Ich ging auf den Blonden zu. Beugte mich zu meinem Ohr.
''Sein nicht eingeschnappt, okay?''
Bissig gab er zurück
''Ich bin nicht beleidigt!''
''Ach nein?''
Ich küsste ihn sanft. Merkte wie sich seine angespannten Muskeln lösen.
''Ich liebe dich.''
Er legte seinen Kopf schief. Strich durch meine Haare.
''Ich dich auch.''

Der Rothaarige lag schon eingekuschelt auf meinem Bett. Seine Augen waren starr auf einen Punkt in der Ferne gerichtet.
Vorsichtig um ihn nicht zu erschrecken legte ich mich neben ihn. Verschränkte meine Arme hinter meinem Kopf. Betrachtete die Decke.
Der Regen wurde stärker. Ein Licht durchzuckte die Finsternis. Ian quiekte erschrocken auf.
Ich zog ihn an mich. Er verkrampfte. Doch ganz langsam beruhigte sich sein aufregender Atem wieder.
Und in dieser Position glitt ich in einen unruhigen Schlaf.

Kennt ihr das Gefühl wenn ihr Morgens aufsteht und ihr euch einfach total dreckig und allein fühlt?
So ging es mir im Moment.
Ian hatte sich wohl in der Nacht aus dem Staub gemacht. So hoffte ich jedenfalls ich meine er hätte ja immer noch Taddl in die Arme laufen können.
Appropos. Wo war mein Freund?
Ich streckte mich ausgiebig und gähnte.
Zuerst sah ich in seinem Zimmer nach.
Kein Taddl.
Dann die Küche.
Keine Spur von ihm
Auf dem Tisch stand ein halbes Brötchen mit Marmelade. Hungrig wie ich war griff ich danach. Doch plötzlich legten sich heiße Arme um mich.
Ich schrie panisch auf und das Brot fiel mit der Konfitüre voran auf den Fliesenboden.
''Nah mein Ardymon? Versuchst du etwa mein Essen zu klauen?''
Beleidigt drehte ich mich um.
''Ich hatte halt Hunger... Aber das ist noch lange kein Grund mich zu Tode zu erschrecken!''
Er grinste.
''Also für mich siehst du doch ziemlich lebendig aus.''
Ich zuckte. Ein Kribblen durchfuhr mich als er sanft seine Lippen auf meine legte.

''Ian ist schon wieder gegangen. Hast du mitbekommen wann? Und hat er wenigstens noch gefrühstückt?''
''Ja, er ist sogar erst vor ein paar Minuten verschwunden.''
Ich beugte mich vor und wischte mit einem Lappen die Marmelade vom Boden.
''Ist es okay wenn ich zu Freunden gehe? Nur bis heute Abend. Wir müssen noch was klären und aufnehmen.''
Gespielt desinteressiert zuckte ich mit den Schultern.
''Klar wieso nicht?''
Er lächelte mich sanft an.
''Na gut dann geh ich jetzt.''
Wieder meiner Erwartungen bewegte er sich kein bisschen.
Ich zog fragend die Augenbrauen hoch. Er seufzte.
''Bekomm ich keinen Abschiedskuss?''
Ich warf den dreckigen Lappen ins Spülbecken und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Wange. Er grinste.
''Dann bis später!''
Er ging aus der Küche.
''Nimm dein Handy mit!''
Doch das hörte er schon nicht mehr.
Die Tür fiel ins Schloss.

Ich entschied mich dazu die Küche aufzuräumen und danach ein wenig fern zu sehen.
Doch als ich auf meine Handyuhr sehen wollte stellte ich fest dass das Telefon wohl noch im Schlafzimmer lag.
Ich lief über den weichen Teppichboden.
Wieder schweiften meine Gedanken zu Ian.
Seine zweite Persönlichkeit hatte sich anscheinend ganz abgekapselt. Das musste schon extrem für ihn sein.
Trotzdem bereute ich es ihn nicht danach gefragt zu haben wie sie denn aussah.
So wie er?
So wie eine negative Version von ihm?
Ob sie mit ihm kommuniziert hat?
Ich schnappte mir mein Handy von dem Beistelltisch und wollte schon rausgehen. Doch irgendwas war anders.
Mit Schreck musste ich feststellen das die Tür nicht mehr aufging.
Shit.
Ich rüttelte.
Klemmte sie?
Aber sie hatte noch nie geklemmt.
Wieder zog ich an ihr. Zwecklos.
In diesem Moment ließ etwas mein Blut in meinen Adern gefrieren.
''Hallo Ardy... Lange nicht mehr gesprochen.''
Nun nicht mehr in mir. Hinter mir.
Alles so Monoton.  

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