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  PoV Dner

Interessiert betrachtete ich den bräunlichen Schaum auf der Oberfläche des Cappuccinos. Dann sah ich wieder zu Taddl und Ardy.
In ihren Augen glänzte so viel Freude, so viel Liebe. Und dieser Anblick machte mich unglaublich traurig.
Wieder dachte ich an meinen Izzi.
Es tat so weh. Es zerstörte mich.
Ich seufzte. Richtete mich auf und schlich mich an den Beiden vorbei. Hinaus in die Sonne.
Doch die Wärme erreichte mich schon lange nicht mehr.
Mein Blick auf den Boden geheftet wanderte ich durch die Stadt.
Die anderen Menschen waren wie einfach Schaufensterpuppen. Unerreichbar. Ich konnte mit ihnen reden. Doch würden sie mich dann für verrückt halten.
Wieder durchzuckte ein Schmerz mein Herz. Ich biss mir auf die Unterlippe. Meine Hand krallte sich in meine Brust.
Ich musste ein Schluchzen unterdrücken. Dunkles grau tastete sich an den Rand meines Sichtfeldes.
Wieso konnte er nicht einfach hier bei mir sein? Wieso tat er mir das an? Ohne ihn... Ohne ihn konnte ich nicht leben.
Die Erkenntnis sendete kalte Schauer über meinen Rücken.
Ohne ihn wollte ich nicht leben. Er war mein Herz. Mein Herz ist gegangen und mit ihm meine Seele. Zurück blieb ich als leere Hülle.
War es normal so? Trauerte jeder Mensch so?
Doch ich wollte nicht trauern. Ich wollte ihn einfach nur zurück.
Vielleicht musste ich ja zu ihm kommen und nicht umgekehrt. Vielleicht wartete oder suchte er gerade nach mir. Wo auch immer er sein mag. Vielleicht bekamen wir noch eine neue Chance. Vielleicht konnte ich ihn heiraten. Mit ihm eine Familie gründen. Und wenn nicht... dann konnte ich wenigstens vergessen. Sterben. Frei sein. Leer sein. Kühl. Schlafend. Allein...
Wir tun was wir tun müssen wenn wir uns verlieben.
Aber wann ist es schon genug? Wann muss man nicht mehr kämpfen? Wieso konnte man nicht einfach einmal glücklich sein?

Ich zog den Kragen meiner Jacke hoch. Stapfte über den belebten Platz. Wie ich Menschenmengen verabscheute. Ich drängte mich irgendwie unter den Bahnhof.
''Felix... Tu mir das nicht an...''
Doch ich ignorierte sie. Ich ignorierte seine Stimme.
Langsam lichtete sich der Platz.
Der nächste Zug nach Bochum hielt mit einem Quietschen. Leute strömten an mir vorbei. Emotionslose Maschinen. Fratzenähnliche Masken. Gemurmel. Telefon klingelte. Kinder schrien. Ab und zu wurde ich angerempelt. Geknurrte Entschuldigungen. Gezischtes 'Pass doch auf!'.
Doch alles zog an mir vorbei. Als wäre es ein Fluss und ich säße am Ufer. Beobachtete das Wellenspiel. Die schillernden Fische.
Nur eine Sache nahm ich ganz bewusst war.
Die Schienen.
Schimmernd. Kochend heiß. Zu bestimmten Zeiten tödlich.
Ein Blick auf die Anzeige reichte mir. Ein Blick in die Ferne warf meinen Körper aus seiner Starre.
''Felix! Verdammt! Ich bin sauer wenn du das tust!''
Ich schluckte trocken.
Einbildung. Alles Illusion.
Konzerntrier dich Felix.
Ruhig bleiben. Stramme Schritte. Zielgenau. Tunnelblick. Zischen in der Ferne. Kam immer näher. Ich blieb vor der weißen Linie stehen.
''Der Zug hält hier nicht. Geh weiter. Bitte Felix...''
Die Stimme klang jetzt aufgeregt, panisch. Doch es kam mir gerade recht, dass das hier keine Haltestation des Zuges war. Doch es war meine Endstation.
''Ich liebe dich Alex...''
Jetzt waren die Lichter ganz nah. Nur noch Sekundenbruchteile. Ich setzte zu Sprung an. Ohrenbetäubendes Rauschen. Ein Schrei.
Eine Hand an meinem Arm. Ich wurde zurück gerissen. Fiel perplex auf den Steinboden. Schweres Atmen meinerseits. Krampfhaftes Heulen von dem Jungen der neben mir kniete.

''Ich liebe dich doch auch Felix...''
Schluchzen. Perplex sah ich in seine geröteten Augen.
''Izzi?''
Der Dunkelblonde nickte.
''Ist das ein Traum?''
Bin ich schon tot?
''N-Nein.''
Ich legte meine Arme um den Kleineren. Langsam beruhigte er sich. Ich hauchte sanft Küsse auf sein Haar.
''Lass uns gehen...''
''Wohin?''
Ich stand auf. Folgte Alex.
''Wirst du schon sehen.''
Ich erwartete die ganze Zeit etwas. Ein Licht. Ein Schlag. Ein Schmerz. Oder wie auch immer das Leben endete.
Doch es geschah nichts.

Wir spazierten durch einen Wald. Nur eine Sache fiel mir auf. Wir begegneten niemandem Anders.
Ich blinzelte. Die Sonne blendete.
Urplötzlich griff Izzi nach meiner Hand. Ich schmunzelte. Verschränkte noch einmal unsere Finger. Langsam kam mir der Ort hier bekannt vor.
Es war die Lichtung von damals. Diesmal war ich nicht allein. Diesmal musste ich nicht schreien. Heulen. Zusammenbrechen. Denn er war bei mir.
''Dner ich kann nicht immer bei dir sein...''
Verwundert drehte ich mich zu ihm um.
''Wie meinst du das? Du bist und bleibst immer ein Teil von mir! Und natürlich bleiben wir zusammen und-''
Sanft unterbrach er mich mit einem Kuss.
''Du musst mich vergessen... Ich nehme einen zu großen Teil in deinem Leben ein...''
''Aber-....''
''Nicht das ich dich nicht lieben würde... nur... Ich will das du lebst. Das du kämpfst. Okay? Tue es für mich. Verliebe dich neu. Gründe eine Familie. Werde alt mit dieser Person...''
Ich lachte auf.
''Alex ich liebe dich, ich will mit dir eine Familie gründen und mit dir alt werden.''
''Felix verdammt! Ich bin tot. Nicht mehr existent. Nicht mehr als eine Einbildung deines Kopfes.''
Ich merkte wie sich meine Augen mit Tränen füllten und ganz tief in mir drin sagte eine Stimme: Recht hat er schon. Von diesem Gedanken gingen Wellen aus. Überschwemmten meine Liebe. Wut blitzte in den Augen des Kleineren.
''Also ist jetzt die Zeit des Abschieds gekommen?''
Irgendwas stach in meinem Herzen zu.
''Ja...''
Ich schloss für einen Moment meine Augen. Atmete tief durch.
''Ich liebe dich Alex.''
Er lehnte seine Stirn an meine.
''Ich dich auch...''
''Bleibst du in meiner Erinnerung?''
Ich spürte wie er nickte. Mit schwitzigen Händen fummelte ich den Brief aus meiner Hosentasche. Izzi lächelte mich aufmunternd an. Doch mir war zum kotzen zumute.
Dann zündete ich mein Zippo.
''Aufwiedersehen...''
''Auf jeden Fall... Ich warte auf dich...''

Die orangene Flamme fraß sich in das schwarze Papier. Die Gestalt von Alex verblasste. Doch ich sah noch die Träne die seine Wange hinunterlief.
Das war es. Unser Ende. Unser Abschied. Mein Neuanfang. Allein.
Die Asche wurde vom Wind weggetragen.
Ein warmes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht.
Es ging ihm jetzt gut.
Vorsichtig legte ich meine Hand auf mein Herz.
Und er war hier. Genau hier.
Die Gravur wurde hinausgearbeitet. Meinem Herzen ein neuer Anstrich verpasst. Und trotzdem war das noch ein Bild von ihm. Ausdrucksstark. Immer da wenn ich mal Unterstützung brauchte. Und irgendwann, in vielen Jahren. Werden wir uns wiedersehen.

Entspannt wanderte ich zurück. Meine Schritte waren leicht. Ich fühlte mich als wäre ein riesiger Stein von meinem Herzen gefallen.
Der Wind schlug mir entgegen. Ich wurde immer schneller. Rannte schon fast. Mein Blick auf den Horizont gerichtet. Am liebsten würde ich schreien. Doch es könnte mich jemand hören. Ich musste erneut schmunzeln.
Legte meinen Kopf in den Nacken. Starrte in den blauen Himmel.
Plötzlich flog ich jedoch im hohen Bogen über ein Objekt. Ich stöhnte auf als ich auf dem steinigen Untergrund aufkam. Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst.
Kopfschüttelnd rappelte ich mich wieder auf. Drehte mich zu dem auf dem Boden Liegenden.
''Hey alles okay?''
Keine Antwort.
Der Dunkelblonde hustete nur krampfhaft. Schnappte nach Luft. Sein Gesicht hatte eine unnormale blaue Farbe. Er murmelte etwas. Ich lehnte mich zu ihm. Musste ihn doch besser verstehen können.
''M-Mein Spray...''
Wieder zerriss sein Husten den Satz in Fetzen. Doch ich verstand.
Schnell fummelte ich die Spraydose aus seiner Hosentasche. Schüttelte sie und hielt sie an seinen Mund. Drückte ab. Verzweifelt japste er noch einmal nach Luft.
Ich hielt den Atem an. Seine Lider waren krampfhaft zusammengepresst. Ich zog seinen Kopf auf meinen Schoß. Seine Hände sanken schlaff neben seinen Körper. Langsam wurde er wieder ruhiger. Atmete tief ein und aus. Ich strich beruhigend durch seine Haare.
''Danke...''
Er öffnete seine Augen.
Für einen Moment verstummte mein Herz.

Grau-blau.
Mein grau-blau.  

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