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PoV Dner

Ein Klopfen. Weit entfernt. Um mich nur Dunkelheit.
Es kam näher. In mir stieg die Panik an. Ein eiskalter Windhauch. Hinausgerissen aus der wohligen Wärme.
Erinnerungen. Schmerzen. Etwas das sich Glück nannte. Näher. Lauter. Bewusster. Zittern. Atmen. Beben.

Ich schreckte hoch. Mein Atem war schnell und unregelmäßig. In mir setzten sich langsam die eingerostete Organe wieder in Bewegung. Ich löste meinen Nacken aus einer Starre. Wellen von Hitze strömten durch meine Adern.
Ich sah mich um. Das Zimmer war in sanftes Morgenlicht getaucht. Ich strampelte die Decke von meinen Beinen. Realisierte was geschehen war.
Mir war als würde mir jemand immer wieder ins Gesicht schlagen.
Hoffnung.
Ein Licht durchzuckte meinen Körper.
Ich drehte mich zu dem Körper von Izzi. Legte zitternd und erwartungsvoll meine Finger auf seinen Hals.
Wartete. Zu lange.
Mit jeder Sekunde die verstrich spürte ich wie sich Tränen in mir hoch kämpften.
Kein Pochen. Kein Leben. Nur ein frostiger Farbton wo einst seine roten Wangen waren.
Benommen stand ich auf. Taumelte aus Reflex zu meinem Handy. Den Rest bekam ich kaum noch mit. Ich rief den Krankenwagen.

Vorsichtig schob ich meinen Hände in die Haare des Kleineren. Legte mich neben seinen zerbrochenen Körper. Seine Lider waren geschlossen.
Weiß und ruhig lag er da. Fast wie ein Engel.
Mein Engel.
Ich fuhr die Konturen seines Gesichts entlang.
Ich war wie eingefroren. Ich spürte nichts außer den freien Fall.
Du bist fort.
Ich schluchzte. Zog krampfhaft seinen schlaffen Körper an mich.
Sog noch einmal seinen wundervollen Geruch ein. Wissend dass ich ihn nie wieder vernehmen durfte.
Niemals wird es so werden wie es war.
All die Sterne bleiben oben.
In mir blieb nur seine Spur.
Was hab ich getan?
Wieso er?

Hinter mir nahm ich Stimmen war. Ignorierte sie. Ich wusste dass es nicht Alexs war. So kümmerten sie mich nicht.
Nur sein weiches Haar unter meinen Händen dem ich nun besonders viel Zuwendung schenkte.
Doch eine Sekunde später zogen mich zwei Arme von seinem kleinen Körper zurück. Ich schrie. Wollte nicht von ihm getrennt sein.
Jemand fühlte seinen Puls. Entdeckte die leere Tablettenpackung. Die beiden benutzten Gläser. Die leere Flasche Alkohol.
Meine Augen füllten sich mit Tränen.
Was würde ich dafür geben ihn noch einmal küssen zu dürfen. Doch es war mir verwehrt. Es hört nicht auf zu schlagen nur weil es blutet.

Vor ein paar Stunden war Izzi aus meiner Wohnung geholt worden. Ich saß im Wohnzimmer und starrte an die Decke. Meine Hände verkrampften. Krallte sich in die Polsterung.
Doch es interessierte mich nicht.
Ich war mit meinen Gedanken bei ihm.
Ja, schon stundenlang träumte ich von dem Braunhaarigen und die kurze Zeit die wir gemeinsam hatten.
Die Zeit die ich zerstört habe.
Unabsichtlich habe ich einen Kampf auf seinem Rücken ausgetragen. Einen für ihn tödlichen. Hätte ich ihn doch nur nie kennengelernt. Wäre ich doch nur alleine gestorben. Doch ich war zu feige gewesen.
Und nun war er tot... Ich schlug in das Kissen. Unterdrückte einen Schrei.
Wieso tat es so weh?
Wieso konnte der Schmerz nicht einfach stoppen?

Mein Leben hing am seidenen Faden. Ich vegetierte eher vor mich hin seit ich wieder aufgewacht bin. Ein Teil von mir schläft wohl immer noch. Wird niemals mehr aufwachen. Meine Liebe ist mit ihm gegangen.
Ich war Schuld.
Dies war der einzige Gedanke den ich hatte.
Ich hasste mich dafür. Dafür dass er nun nichts mehr erreichen kann. Dafür dass ich eine so wundervolle Person nicht dazu angetrieben hab weiter zu kämpfen. Niemals aufgeben. Ich hätte es ihm sagen sollen.
Stattdessen... Ja stattdessen ließ ich es einfach geschehen. Ich könnte es auf das Schicksal schieben, jedoch wäre es nicht wahr.
Eine Lüge, wie mein verficktes Leben.
Wieder ließ ich das Kissen auf meinen Beinen leiden.
Ich hatte noch nie in meinem Leben Liebeskummer. Verstand diese Menschen auch nie... Doch jetzt...
Er hatte mich verändert. Er hatte alles verändert.
Sein Lächeln spielte sich in meinem Kopf ab.
Ins Positive.
Wie konnte etwas so schönes nur so schrecklich werden?
Ich war ein Hund. Ein Straßenköter. Verriet meine Liebe für eine halbe Dose verschimmelter Bohnen.
Ich fühlte mich unterkühlt.
Wieso kann ich den Anderen immer vergeben und nur mir selbst nicht?
Achja. Ich war ein Penner. Ein Lügner.
Ich habe so viele enttäuscht.
Ob es so was wie einen Himmel gibt?
Ich wünschte es mir. Für Izzi. Für ihn würde ich eigenhändig die Tore zum Himmel einreißen.
Oh Gott was hätte ich nur alles für ihn gegeben...
Mein Leben... Tausende von Leben...
Und jetzt?
Jetzt war es zu spät.

An die Fensterscheiben prasselte der Regen. Nur dumpf nahm ich den Donner war. Ich krümmte mich auf dem Sofa zusammen.
Alles lief wie in einem Film vor mir vorbei.
Ich konnte seinen Duft nicht mehr wahrnehmen.
Werde nicht einschlafen.
Ein Kuss von ihm heute Nacht würde alles verändern.
Hilf mir... Das wird mir ohne dich zu viel...
Ich hätte ihm jeden Tag gesagt wie sehr ich ihn liebe. Hätte ihm jeden Tag so viele Küsse gegeben wie er wollte.
Ich schnappte nach Luft.
Ich brauchte ihn. Ohne ihn war ich nicht da. Ohne ihn war ich verloren.

Was wohl seine Lieblingsfarbe gewesen war? Sein Lieblingsessen? Sein liebster Film?
So viele Fragen die ich hätte stellen können.
Was wohl sein peinlichstes Erlebniss gewesen war?
Wie oft er rot geworden wäre... Wie oft er mir gesagt hätte dass er mich liebt...

Seufzend richtete ich mich auf.
Griff nach meinem blinkenden Handy.
Twitter.
Ich öffnete die App. Scrollte einmal durch die Tweets. Sekunden später lag mein Handy zersplittert auf dem Boden.
Sein letzter Tweet.

Ich Liebe dich Felix. @Dner

So viele Kommentare. Kein Interesse. Nur diese drei Worte.
Sie brannten sich auf mein verrottetes Herz.
Er hatte noch einmal an mich gedacht. Mir wurde schwindelig.
Halbtote Schmetterlinge flatterten in meinem Innern. Lösten Verbrennungen dritten Grades aus wenn sie mit ihren verstaubten Flügeln die Wände streiften.
Ich ließ sich neben dem Sofa auf den Boden gleiten.
Es klingelte. Ich ignorierte es.
Nach einiger Zeit verschwand das Geräusch.
Ich lächelte.
Verlor mich in meinen Erinnerungen.
Nie wieder wollte ich hier raus.
Nie wieder wollte ich jemanden Sehen.
Denn nie wieder wird er in meinen Armen liegen.  

CrystalisedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt