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PoV Taddl

''Taddl...''
Ich sah ihn an. Er sah mich an.
Sekunden verstrichen und fühlten sich an wie Tage. Trotz dem Zeitraum schaffte es niemand von uns die Distanz zu überbrücken.
Vorsichtig, ganz vorsichtig stemmte ich mich von der Bank. Jetzt war ich wieder größer als er.
Also wieso, verdammt nochmal, fühlte ich mich so unterlegen?
Nun kam auch er auf mich zu. Nicht schnell. Gerade so das er mich nicht verschreckte.
Und ich stand hier mit zitternden Beinen.
Mal wieder drohte mich mein Gleichgewicht zu verlassen als mir bewusst wurde das er mich anschaute.
Er ging auf mich zu.
Er hat mich nicht vergessen.
Neugierig betrachtete ich jeden Part von ihm. Jede Strähne. Seine fast schon dünnen Arme. Sein schlanker Körper. Seine elegante Gangart.
Und genauso blieb er einen Meter vor mir stehen. Musterte mich wie ich ihn. Als wären wir zwei Fremde, die einander doch immer schon kannten.
Es war unlogisch. Nicht möglich. Ich wollte ihn berühren doch konnte es nicht. Zu groß war meine Angst er würde wieder verschwinden. Denn dann würde kein Dner mehr kommen um mich abzuhalten.
Doch ich lag falsch. Es war ein Fehler zu denken, tot wäre ich besser dran. Fehler waren menschlich. Ardy war menschlich.
Gott. Ich bedeutete ihm etwas.
Tränen stiegen in meine Augen. Sofort spiegelte sich Besorgnis in seinem Blick wieder.
Dann geschah es. Ich zog scharf die Luft ein.
Er zog mich in seine Arme. Ganz plötzlich.
Und dann stürzte alles um mich ein. All die Türme zu denen ich meine Probleme, Phobien und Schmerzen aufgestapelt hatte.
Sie begraben mich jedoch nicht. Nicht noch einmal. Denn er war da. Er hielt mich. Schützte meinen Kopf vor den Trümmern.
Schluchzend krallte ich mich in sein Shirt. Und auf einmal hörte ich auch von ihm ein Wimmern. Nun hielten wir uns an einander fest.
Doch eine Erkenntnis blieb: Es war lediglich eine freundschaftliche Geste.
Wir brauchten einander.
Doch liebten wir auch einander?
Langsam verebbten meine Tränen. Ich hielt nun nur noch ein kleines Häufchen Elend in meinen Armen. Er zitterte unkontrolliert. Ich schob meine Hand in sein Haar. Kraulte ihn leicht am Hinterkopf.
''Ich hab Angst...''
Ich löste mich wieder von ihm.
''Wieso?''
''Ach... Ich kann... Kann es nicht erklären... Nur bitte geh jetzt nicht!''
Panik schimmerte in seinen Augen. Bestimmend griff ich nach seiner Hand.
''Keine Sorge. Ich brauch es nicht verstehen.''
Nur akzeptieren.
''Können wir wieder nach Hause?''
Ich lächelte sanft. Nickte.

Dner hatte sich irgendwie davon gemacht und so gingen nur wir Beide nach Hause.
Wir hielten kein Händchen. Sahen uns noch nicht mal an. Wir schwiegen. Doch es war dieses Stille in der ich nur wieder merkte wie Nah er mir geistig war.
Ab und zu stießen unsere Schultern aneinander. Dann durchzog mich ein wohliger Schauer. Und mehr wollte ich nicht. Mehr verlangte ich nicht. Ich wünschte mir einfach das diese geistige Nähe immer beständig bleibt. Da war es mir egal wie es körperlich aussah.
Ich wusste nur.... Ja nur das ich mir nicht sicher war.
Liebte ich ihn? Oder wollte ich ihn nur als Brudi?
Ich seufzte. Wieder streifte er meine Schulter. Ich schloss kurz meine Augen. Versuchte das Kribbeln in mir zu ertragen.
''Du Taddl?''
''Mhm?''
''Wieso hast du die Augen geschlossen?''
''Weiß ich nicht...''
Stille.
Dann ein Kichern.
Und auf einmal legte Ardy seine Lippen auf die Meinen. Ich riss erschrocken meine Augen auf. Doch ich konnte mich nicht wehren.
Ketten von Landminen explodierten da wo er mich berührte. Hinterließen brennende Spuren. Atemlos erwiderte ich den Kuss. Er bewegte sanft seine Lippen. Ich legte zitternd meine Arme um seine Taille. Zog ihn noch ein Stückchen näher zu mir.
One Love. Two mouth. Just us, we find out.
Mein Herzschlag beschleunigte sich. Löste sich von irdischen Maßeinheiten. Zögerlich strich ich mit meiner Zunge über seine Unterlippe. Er öffnete seinen Mund bereitwillig. Ein heißer Kampf entfachte. Neugierig tastete ich durch das ungewohnte Territorium. Immer wieder versuchte der Kleinere die Dominanz an sich zu reißen doch das ließ ich nicht zu.
Irgendwann sahen wir uns nur noch benebelt in die Augen. Es schien als würden trotz der Distanz von ein paar Millimetern immer noch Funken sprühen.
''Scheiße Ardy...''
Er sah mich fragend an. Seine Lippen waren immer noch gerötet.
''Ich... Ich weiß nicht ob ich dich liebe...''
Er verzerrte verletzt das Gesicht.
''Also... Also ich will dich ja auch noch als Brudi und-''
''Schon okay... Ich versteh schon... L-Lass uns einfach nach Hause.''
Ich zog meinen Kopf ein und folgte ihm schleichend.
Diesmal berührten sich nicht unsere Arme. Wie auch unsere Hände nicht. Es war keine angenehme Ruhe.
Mir wurde kalt. Das Wetter wurde wieder dunkler. Passte sich wohl meiner Stimmung an. Ich sah die Gänsehaut auf Ardy. Ich seufzte.
Zog meine Jacke aus und legte sie ihm über die Schulter. Er lächelte mich matt an. Es war ein frostiges Lächeln.

Wir standen wieder auf der Brücke. An dem Platz.
''Hier war es...''
Ardy blieb stehen. Drehte sich zu mir.
''Hier war was?''
''Der Ort wo ich mir...''
Ich brach ab. Mein Leben nehmen wollte.
''Ach Taddl...''
Ich spürte wie er sanft über meine Wirbelsäule strich.
''Komm jetzt.''
Seine Stimme brummte beruhigend, warm. Ich folgte ihm.

Meine Finger waren eiskalt, gräulich, als ich versuchte die Tür aufzuschließen. Ungeduld brannte unangenehm. Dann sprang das Schloss mit einem Klicken auf.
Ich schlüpfte hindurch und auch Ardy folgte mir. Sofort flitzte er in die Küche.
Ich hörte das Surren vom Kühlschrank. Streifte meine Jacke ab.
''Eh. Brudi, wann warst du das letzte Mal einkaufen?''
Seufzend stellte ich mich hinter den Braunhaarigen. Lehnte mich zu seinem Ohr.
''Ich bestell eine Pizza.''
Er zuckte zusammen drehte sich zu mir. Belustigt betrachtete ich seine Nackenhaare. Sie haben sich aufgestellt.
''K-Klar...''
Doch wir rührten uns nicht.
Ich schob ihm eine Strähne zurück in den Pony. Meine Hand verweilte auf seiner Wange. Mit meinen Fingerspitzen strich ich über die weiche Haut. Der Braunhaarige wurde rot. Immer noch wagte keiner von uns den Blick zu lösen.
Ganz sachte hauchte ich einen Kuss auf seine leicht geöffneten Lippen.
Es war ein Test. Ein Experiment.
Nur mal probieren.
Es war wundervoll. Ich küsste ihn wieder. Diesmal länger mit mehr Druck. Langsam schloss er seine Augen. Erwiderte gierig den Kuss.

Jäh wurden wir von einem Knurren seines Magens unterbrochen. Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken.
''Penner...''
Liebevoll zwickte er mich in die Seite und ich löste mich nur ungern von ihm um den Pizzaboten anzurufen.
''Ey. Warte mal. Ich glaube ich hatte genug Pizza in letzter Zeit...''
''Hm. Was dann?''
''Such du doch was aus. Solange es nichts ist wogegen ich allergisch bin.''
Ich lächelte ihn an.
''Sushi?''
''Ich steh drauf.''
Flötend ging er ins Wohnzimmer. Damit war das wohl beschlossene Sache.

Schnell wählte ich die Nummer bestellte ein paar Maki, Uramaki und Nigiri-Sushi. Außerdem noch diese kleinen Würstchen, die aussahen wie kleine Kraken. Ich hoffte es gefiel ihm.
Aber was machte ich mir überhaupt Sorgen darüber ob es ihm schmeckt?
Wenn er Hunger hat isst er eh alles.
''Woran denkst du?''
Ich drehte mich zu dem Braunhaarigem um.
''Deine Essgewohnheiten.''
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
''Ich hoffe nur Gutes?''
''Natürlich. Lass uns doch irgendwas im TV schauen. Was hältst du von-...''
Doch er kam mir zuvor.
''Impact Wrestling! Bitte!!!''
Ich sah ihn verwirrt.
''Ardy das ist das dreckigste und ekelhafteste was du je in den Mund genommen hast. Das ist doch eh alles nur geschauspielert.''
Gespielt angeekelt sah ich ihn an.
''Lass mich raten du hast es noch nie geschaut?''
Ich erwiderte nichts.
''Wusst ichs doch!''
Und schon saß ich neben ihm auf dem Sofa und er schaltete auf die Serie. Ich glaube das würde heute noch ein sehr langer Abend werden...
Doch eine Frage ließ mich nicht zur Ruhe kommen.
Sind wir Freunde, oder sind wir mehr?  

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