Chris kam ebenfalls gerade aus den Katakomben der Bahn angerannt.
Etwas außer Atem grinste er: "Guten Morgen, Knut"Knut war nicht halb so gut gelaunt, wie er.
Es war zu früh, zu viele Menschen und er hatte gerade mal vier Lieder gehört! Trotzdem nicket er Chris freundlich zu: "Moin"Grinsend schloß er das Café auf.
Knut zog sich die Schürze über und brachte die Maschinen auf Temperatur, während Chris die Stühle von den Tischen nahm.Um Punkt sieben rockten sie los.
Kaffee, Latte, hot chocolate, mit Kuchen, frischen Brötchen oder einer Butterstulle to go.Die Jungs groovten am Tresen hin und her, doch auch diese Meute war einmal gebändigt und der Ansturm lies vorerst nach.
Knut atmete tief durch und trank einen großen Schluck Wasser.
Chris saß auf einem der Stühle, grinsend mit einem Espresso in der Hand.
" Mein erster Kaffee des Tages", resümierte er."Espresso, Chris", verbesserte Knut trocken.
Chris schmunzelte noch etwas mehr, Knut war einfach absolut sachlich.
Lächelte kaum, strahlte aber eine entspannende Ruhe aus, die auch den Kunden zu Gute kam.
Er war wie ein Leuchtturm, anwesend, direkt, klar kommunizierend.
Insgeheim fand Chris das auch für sich sehr hilfreich, heute morgen jedenfalls hatte das Wunder gewirkt und die Leute im Zaum gehalten.Knut öffnete seine Snackbox.
Victoria hatte kleine Häppchen geschnibbelt gehabt, damit er sie einfach zwischendurch in die Mund stecken konnte.
Feinstes Fingerfood aus Brot, Frischkäse und Gemüsesticks.
Er grinste vor sich hin, immerhin hatte er ihr lange genug Snackboxen fürs Internat und auch für die Arbeit im Modehaus gemacht gehabt.Doch auch die erholsamste Pause ging einmal zu Ende und eine Welle neuer Kunden schwappte in den Laden.
Chris nahm die Bestellungen entgegen, während Knut die Getränke frisch vor den Augen der Gäste zubereitete und sie diesen reichte.
Um kurz vor Zwei betrat eine junge Dame in einem eleganten dunklen Mantel den Laden.
Zielsicher schritt sie auf den schwarzen Stöckelschuhen zum Tresen, während ihr Zopf sanft im Takt mitschwang.Chris Zahpastalächeln zerbröckelte auf seinen Lippen.
Krampfhaft hielt er sich hinter dem Tresen fest.
Das war eine Halluzination!
Er hatte schon geahnt gehabt, daß seine Linie gestern zu stark gewesen war, verdammt.
Er hätte es besser wissen müssen, immerhin kannte er den Verkäufer lange genug, daß er ihm keinen Plunder andrehte.
Mühsam atmete er ruhig ein-und aus.
Der Trick half ihm selbst in einer solchen Chaossituation äußerlich ruhig zu bleiben.
Innerlich hingegen pumpte sein Herz wie ein zum Bersten übertakteter Motor .
So mußte es sich anfühlen, wenn man kurz vor einem Infarkt stünde, dacht er bei sich.Doch die junge Dame war keineswegs ein Hirngespinst seiner übermäßig beanspruchten Fantasie.
Freundlich lächelte sie ihn an:" Einen Caffé, bitte."
Knut angelte sich eine frische Espressotasse von der Maschine, da diese dort vorgewärmt wurden und bereitete ihr das gewünschte Getränk in sekundenschnelle zu.
Chris stand noch immer etwas verdutzt am Tresen, gerade erst realisierte er, daß sie ihm eine Bestellung erteilt hatte.
"Maus, dein Caffé", grinste Knut.
Victoria lächelte dankbar.
Der Tag im Modehaus war ein einziges Drama gewesen.
Die Cheffin rannte wie ein kopfloses Huhn herum und die Stellvertreterin hatte Gott gemimt.
Was war sie froh gewesen um halb Zwei endlich abhauen zu können."Entschuldige bitte, ich war etwas abwesend", murmelte Chris, bevor er eiligst in den Personalbereich verschwand.
Victoria schmunzelte.
Ok, sie hatte sich ein wenig aufgetakelt gehabt.
Das Outfit war ja vorgegeben worden, lediglich bei den Schuhen und den Accessoires hatte sie freie Hand.
Somit trug sie heute statt ihrer schwarzen Boots, feine Wildlederpumps.
Dazu hatte sie ihren rabenschwarzen Mantel gewählt, denn der betonte ihre Taille ganz ausgezeichnet.
Abgerundet wurde ihr lässig-eleganter Look von ihrer Laptoptasche.Knut schmunzelte , er hatte schon mit einer solchen Aktion gerechnet gehabt.
Dafür kannte er sie einfach zu gut und eine Gelegenheit, wie diese , lies sich die kleine Teufeline nun mal nicht wirklich entgehen.
"Ich geh mich umziehen und dann können wir los", erklärte er, während sie genüßlich ihren Caffé trank.Knut lief in den Personalbereich. Chris saß , wie festgenagelt, auf dem Stuhl. Irritiert blickte er auf, als Knut hereinkam. "Alles ok mit dir oder hast du nen Gespenst gesehen", fragte er unumwunden. Chris schüttelte den Kopf. "Kein Gespenst", presste er mühsam hervor.
Knut zog seine Schürze aus und stellte Chris ein Wasser hin.
Dieser nickte dankbar.
Er angelte sich einen Stuhl und setzte sich einen Moment.
Eiskalt, mit gedrosselter Stimme, die deshalb nicht minder schneidend war, sagte er:
"Chris, ich weiß die Kleene sieht verdammt gut aus und würde sich sicherlich als Betthäschen gut machen, aber ich schwöre dir, ich breche dir jeden deiner 206 Knochen im Leib, wenn du ihr weh tust. Einzeln."
Zur Bekräftigung, ließ er seine Gelenke hörbar knacken.Chris schrak auf, Knut hatte ihn bedroht!
Dann sank er matt in den Stuhl zurück.
Mehr zu sich selbst sagte er: "Vergeben."
Betrübt ließ er seine Schultern sinken.
Bevor er erneut in Selbstmitleid versinken konnte, bohrte sich Knuts eindringliche Stimme selbst in den allerletzten Winkel seiner hintersten Hirnwindung:
" Sie hat was Besseres, als ein dauergrinsenden Junkie verdient!"Chris schaute ihn erschrocken an.
In seiner gewohnt entspannt ruhigen Art wechselte Knut das Thema.
"Ich bin mit meiner Schicht durch und mache Feierabend. Packst du es allein?"Chris nickte.
Er rappelte sich vom Stuhl hoch und straffte die Schultern.
Dann eilte er mit seinem zähnebleckenden Grinsen in den Verkaufsraum, während Knut noch seine Sachen packte und ihm dann folgte.Victoria wartete in einer ruhigeren Ecke des Cafés bis Knut wiederkam.
Chris trat zu ihr an den zierlichen Tisch.
"Entschuldige bitte meine schnelle Flucht", bat er höflich, "darf ich dir eine kleine Wiedergutmachung offerieren?"Sie lächelte freundlich: "Danke, wenn es möglich wäre, einen weiteren Caffé, bitte."
Ihr fiel auf, daß Chris etwas unsortiert war, dann fiel ihr ein, weshalb.
"Entschuldige, hier heißt das ja Espresso", kicherte sie .Er nickte zuvorkommend und bereite ihr das Gewünschte zu.
Sie war bezaubernd, dachte er bei sich.
Ihre gepflegten Hände mit den modisch manikürten Fingern waren ihm besonders aufgefallen.
Er sah so häufig abgekaute Nägel oder diesen fürchterlichen do-it-yourself Plastiknägel, die man aufklebte, daß es ihn anekelte.
Ihre hingegen waren ordentlich gefeilt , ehe sie in einem hübschen Roséton lackiert worden waren.
Herrje, ihre ganze Erscheinung strahlte eine eigenwillige Mischung aus eleganter Dame und jungem Mädchen aus.
"Ein Espresso für die Dame", galant stellte er das Getränk auf den Tisch.Knut schmunzelte in sich hinein, gut, daß Chris seinen Profimodus wiedergefunden hatte, er hatte schon ernsthafte Bedenken, daß das böse hätte enden können.
Victoria hakte sich bei Knut unter, dann verließen sie das Café kurz vor dem nachmittäglichen Ansturm.
"Bis morgen", rief Chris ihnen vom Tresen aus nach.
Etwas leiser, fast zu sich selbst: "Lebwohl Prinzessin."
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Star Café
RomanceChris ist der Inbegriff des Sunnyboy und Inhaber des Star Café. Da er die Arbeit nicht alleine machen kann, sucht er eine Aushilfe. Knut mag soziale Interaktion ebenso gerne, wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt. Doch die Aussicht für das Üben...