Kapitel 10

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Chris sah ihnen nach. 

Noch immer war er von den Socken, daß das Mädchen so locker zwischen unverschämt heißem Vamp und Girlie switchen konnte. 

Sie war wie ein Chamäleon. 

Lange hatte er keine Zeit sich darüber seine Gedanken zu machen, denn Julia eilte in den Laden.Er hatte sie länger nicht gesehen und wusste nicht, ob das wirklich ein solcher Verlust war.Sie sah etwas mitgenommen aus seit ihrem letzten Aufeinandertreffen. Damals, es war bestimmt schon ein Jahr her, sah sie noch recht hübsch aus. Heute hingegen glich sie einem ausrangierten, abgefrackten Wischmop. Ihre Haare hingen in verrupft, fransigen Strähnen wirr am Kopf herunter. Das Rot war einem totblondierten Straßenköterblond gewichen.Statt einem eleganten Hosenanzug trug sie Leopardenleggins und ein sackartigen, neonpinken Pullover.Damals hatten sie manch netten Abend bei einer gemütlichen Linie verbracht.

"Ein Kaffee bitte", krächzte sie heiser. Vertrauensvoll lehnte sie sich über den Tresen und bot Chris einen Einblick, der ihn schauderte. "Gehen sie bitte etwas vom Tresen zurück", bat er sie professionell, während er ihr den gewünschten Kaffee zubereitete und ihn ihr gab. Gierig trank sie die heiße Flüssigkeit in einem Zug aus."Endlich kein Knastgesöff mehr", grinste sie zufrieden, "noch einen", orderte sie barsch, nachdem sie die Tasse auf den Tresen gepfeffert hatte.Es war ein Wunder, daß sie heil blieb, die Tasse, denn bei der Person hatte er so seine erheblichen Zweifel. 

Doch auch hier blieb er ruhig und professionell. 

Sie latschte zu dem kleinen Tisch in der Ecke, wo seine Prinzessin gesessen hatte. Unter großem Krach, ließ sie sich dort nieder.

Chris brachte ihr den nächsten Kaffee.

Der Tisch glich in diesen Minuten zwischen hinsetzen und dem Bringen des Kaffees einem Trümmerfeld,  überall lagen Papiere und Zettel. Freundlich bestimmt erklärte er ihr:" Julia, das hier ist ein Café, bitte räume hier zusammen." Ärgerlich schaute sie von ihrem Kreuzworträtsel hoch. "Willst du mir drohen, du verdammtes Würstchen", zischte sie.

Chris blieb äußerlich ruhig, innerlich brodelte Wut in ihm. Nicht wegen dem Würstchen, das hatte er geflissentlich überhört, nein , sie versaute den Tisch.  Auf seiner imaginären Einkaufsliste notierte er ein Desinfektionsmittel gegen allerlei Bazillen und Viren. 

Erneut hob er an:"Bitte räume hier auf."

Plötzlich sprang sie auf, daß die Tasse umfiel und sich der heiße Kaffee auf den Papierwust ergoss, was sie nur noch wütender machte. 

"Du Arschloch", schrie sie im schrillsten Falsett.

Hektisch raffte sie triefenden Papiere zusammen und stopfte sie in die Tasche zurück.

Die anwesenden Gäste drehten sich angewidert weg. 

Chris bemühte sich um einen sachlichen Ton, in seiner grollenden Stimme sprach er:"Es genügt jetzt."

Noch immer damit beschäftigt ihre Sachen in die Tasche zu stopfen, unterbrach sie abrupt ihr Tun und griff begierig nach dem Tütchen, daß unter all dem Chaos zu Tage trat.

Hysterisch begann sie zu lachen. 

Stolz hielt sie es ihm unter die Nase.

"Das ist wahre Liebe!"

Er wich etwas zurück und brachte einen gewissen Sicherheitsabstand zwischen sie.

Nein, das war keine Liebe in der Tüte, eher der Tod auf Raten!

Langsam dämmerte ihm, was sie vorhatte. 

Und das war absolut verboten, nicht im gesetzlichen Sinne, dort ohnehin, aber auch in seinem Lokal und das,aus gottverdammt gutem Grund!

"Julia", hob er erneut an"bitte verlasse augenblicklich das Café und komme nicht mehr her", er ballte langsam seine Hände zu Fäusten, noch in seiner Hosentasche.Durch jahrelanges Training wirkte er sehr stämmig, was viele fälschlicherweise für Fett hielten, doch war das Muskelmasse. Seine Schultern spannten sich an, während sein Herz in den Bergwerkmodus schaltete, war er bereit zur Not Gewalt anzuwenden.   

Glücklicherweise reichte hier jedoch seine schiere Größe von über 1,80 um Julia ansatzweise zur Vernunft zu bringen.

Hastig packte sie komplette zusammen und rannte aus dem Café. 

Mittlerweile was es etwas leerer geworden. Bevor sich noch jemand an den Tisch setzen konnte, sperrte er den Bereich ab. 

Der restliche Nachmittag verlief bedeutend unspektakulärer. Kurz vor Ladenschluß eilte Tanja herein.

Normalerweise hieß das ein heißer Abend zu Zweit, dem Chris nicht abgeneigt war. 

Heute jedoch war er noch etwas länger gebunden, denn er wischte mit dem Desinfektionsmittel das komplette Café , als wollte er nicht nur das Café, sondern auch seine Vergangenheit damit säubern. Tanja griente:"Na, heute so reinlich? Mach mir nen Matcha, ich geh schrubben."

Chris lachte:"Jawoll!"

Nach getaner Arbeit verzogen sie sich ins Personalzimmer und zogen eine Line, als verheißungsvollen Auftakt einer heißen Nacht.





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