Kapitel 61

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Auch wenn Chris gut gelaunt, wie jeden Tag um kurz vor Zwölf das Café betrat, konnte Knut sehen, daß es ihm erbärmlich ging. 

Nach dem Ansturm der Gäste gab er ihm ohne einen Piep zu sagen einen doppelten Espresso. Dankbar nickte ihm Chris zu. Traurig blickt er Knut an:"Prinzessin liebt mich nicht, hat sie mir heute gesagt." Er konnte sie selbst jetzt nicht mal bei ihrem Vornamen nennen, so unsagbar falsch klang es. 

Knut nahm es stoisch zur Kenntnis. Ihm waren die Hände gebunden. Es war ausschließlich eine Sache zwischen Maus und Chris. Auch wenn er Maus nicht verstehen konnte, aber das war nicht sein Zirkus und auch nicht seine Affen. 

Um kurz nach Zwei verabschiedete er sich ins Wochenende. 

Wie immer schloss er das Café gegen Zehn ab. Noch nie hatte sich Chris auf eine fette Line nach einem Scheißtag gefreut, wie heute! Selbst wenn es ihn endgültig umreißen würde, es war ihm sowas von egal.  

Gemächlich lief er in den Personalbereich. Sorgsam bereitet er seine Nasenspülung vor, ehe er sich dem Vergnügen des Pulver mörserns hingab. Je feiner das Pulver zerrieben wurde, desto besser war es für die Aufnahme und seine Nase. Ein Mörser war da das Mittel der Wahl. 

Victoria drehte bald durch! Sie hatte den ganzen Tag versucht auf einen Konsens zu kommen, vergeblich. Jetzt gab es wirklich nur noch eine einzige Person, die ihr helfen konnte!

Ohne lange zu fackeln stürmte sie durch die Hintertür ins Café. 

Chris klopfte gerade die letzten Krümel seiner Abendline auf den Tisch, als Victoria die Tür aufriss. Erschrocken blickte er sie an. Bevor sie noch etwas sagen konnte erklärte er ihr kühl:"Du bist gerade wirklich die letzte Person, die ich heute noch sehen will." 

Sie zuckte zusammen. Mit ohnehin schon hängenden Schultern stand sie da. Was hatte sie denn auch erwartet gehabt? Sie war ohne einen Piep zu sagen, einfach davon gelaufen!

"Außerdem würde ich mir gern meine Line gönnen", setzte er hinzu. Sie schaute ihn traurig an:"Tu' dir keinen Zwang an. Danach brauch ich deine Hilfe." Chris erstarrte! Sie hatte es bisher immer vermieden ihn dabei zu beobachten und auch das Thema selbst nur sehr ungern angesprochen. Lakonisch kommentierte sie:"Vielleicht sollte ich auch eine nehmen, damit ich wieder weiß, wo es langgeht." Er stürmte um den Tisch, packte sie fest bei den Schultern und schrie sie an:"NEIN!" 

War Prinzessin denn völlig verrückt geworden? Seine Entzugserscheinungen wurden heftiger, was der ganzen Situation keineswegs zuträglich war. Ärgerlich zerrte er  sie auf den Stuhl."Du bleibst jetzt genau hier sitzen", sein Befehlston ließ sie zu Eis erstarren, etwas sanfter erklärte er ihr, "wenn ich das Zeug nehme, trete ich für eine Weile weg. Das ist normal. Du bleibst so lange hier. Verstanden?" Sie nickte erschrocken. 

Worauf zum Teufel hatte sie sich eigentlich nur eingelassen? Chris würde vor ihr dieses Zeug nehmen! Und sie würde es sehen, live und in Farbe! War sie eigentlich noch ganz bei Trost? 

Er teilte die Line in zwei gleich große Portionen. Die eine wischte er sorgsam in ein Pergamintütchen und legte es weg. Dann nahm er sein feines Glasröhrchen und beugte sich damit über die noch auf dem Tisch befindliche. Gierig schnupfte er das Pulver bis auf den letzten Krümel. Abwesend lächelnd glitt er sich auf den Stuhl ihr gegenüber. 

Sie hätte am Liebsten los geschrien! Er saß völlig weggetreten da und grinste debil vor sich hin. Langsam ebbte der erste Rausch ab und Chris kam allmählich wieder zu sich. 

Victoria saß noch immer, wie festgenagelt, da. Mit dem ihr so verhassten Surferboylächeln grinste er sie an:"Was willst du?" 

"Hilfe. Antworten", presste sie zwischen den Zähnen hervor. Er blickte sie an, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. Zynisch kommentierte er:"Du basierst deine Liebe auf Onlinetests und fragst nen Junkie um Hilfe." Sie rutschte noch ein Stück mehr im Stuhl zusammen. Doch er war noch nicht fertig:"Ich habe die Schnauze gestrichen voll. Wenn ich dir nichts bedeute, kann ich prima damit leben. Aber das ewige Kämpfen bin ich leid. Ich will nicht mehr. Nicht mehr kämpfen."

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