Star Café

Kapitel 70

"Hungrig", fragte Chris, als sie wieder im Festsaal ankamen. Prinzessin nickte. 

Ausgerüstet mit lauter delikaten Fingerfoodhäppchen verzogen sie sich zum Rest der  Gruppe, die sich wieder um Dragan versammelt hatte. Stians Hand lag auf Kjells Po, während Laleh sich kichernd mit Tanja unterhielt.  

Prinzessins Telefon summte. Grinsend sah sie sich die Bilder der Anifair, die im Gamerchat aufliefen. "Stian, schau mal, das ist der Geist von heute Mittag", strahlte Kjell, als er ein Bild von Knut in Action sah."Darf ich auch mitschauen", fragte er Victoria schüchtern. Chris grinste zufrieden. "Das ist Knuti-San, als Animegeist." Daniela gab Chris ein Zeichen und sie zogen sich etwas zurück. 

"Sie hat noch einen Jungen", fragte sie irritiert. Chris schüttelte kichernd den Kopf:"Das ist Knut, ihr großer Bruder. Sie liebt ihn abgöttisch und er sie auch." Dragan gesellte sich hinzu"Ich würde auch gern jemanden lieb haben", murmelte er betrübt, "und vielleicht auch gemocht werden." Daniela entglitten zum zweiten Mal an diesem Abend die Gesichtszüge. Verflixt nochmal, dieser Bär von einem Mann war so höllisch feinfühlig! Irgendwie niedlich und auch verstörend. Wer kam schon auf die Idee, daß ein Kerl, der locker ein Auto hochheben konnte, eine so zarte Seele in sich barg? Sie beobachtete, wie Victoria kichernd ein paar Bilder ihres Bruders in merkwürdigen Kostümen herumzeigte. Chris bemerkte ihren Blick und erklärte:"Knut liebt Animes. Einmal im Monat ist Anifair, da treffen sie sich und zeigen ihre neuesten Kreationen." Zu Prinzessin gewandt rief er leise:"Hast du das Video von heute morgen?" Sie nickte und gab ihm ihr Telefon. Mit großen Augen starrten sie auf den kleinen Bildschirm. "Das hat Knut mit einem Kumpel entwickelt. Sieht in echt spektakulär aus." Laleh stand mit offenem Mund da, während Nabil anerkennend nickte:"Dein Bruder scheint ne coole Socke zu sein" Sie lachte:"Ist mein Knuti-San." Daniela blickte zu Dragan, der bei ihren Worten sichtlich gerührt war. Irgendwie war ihr sein Verhalten suspekt. Es schien nichts wirklich zusammenzupassen. Sonst kannte sie ihren Boss als kalten, rotzfrechen , harten Kerl, der klar bestimmte, wer , wann was zu tun hatte. Niemals bösartig, aber immer professionell. Heute hingegen war er ungemein sanft und fast etwas zerbrechlich. Mal euphorisch, dann wieder traurig. 

Als ein Großteil der Gäste allmählich nach Hause gegangen war, saßen sie noch etwas zusammen. Prinzessin trank einen Eistee, während Chris Kaffee bevorzugte. 

"Kommst du morgen ins Studio", fragte Dragan plötzlich. Chris schüttelte den Kopf:"Nein, habe Prinzessin versprochen, daß wir lesen und im Bett bleiben." Sie nickte:"Ich brauch Zeit zum Auftanken. Kommende Woche stehen zwei Tests an." Grinsend erklärte er:"Ich kenne das, sollte ich vielleicht auch wieder mal machen. Irgendwann." Ihr entfuhr ein:"Bist du verrückt? Das ist wichtig!" Lakonisch antwortete Dragan glucksend : "Technisch gesehen bin ich es. Ja. Sogar mit Zertifikat." Victoria lachte herzlich :"Du auch?" Verständnislos blickte Daniela zu Chris. Doch dieser zuckte auch nur die Schultern. Kichernd drehte sich Victoria zu ihm:"Du bist leider der einzige Erpel." 

Chris fing an herzlich zu lachen. Die arme Daniela hatte nur noch mehr Fragezeichen ber dem Kopf, während Dragan giggelte. Allmählich beruhigte sich Chris wieder und erklärte:"Die meisten Menschen haben im MRT ein bestimmtes Hirnmuster. Prinzessin, Knut und ich denke mal Dragan haben es nicht." "Aha", antwortete sie noch immer verständnislos. Er ergänzte:" Diese Normalos nennt der Fachmensch NT, neurotypisch." Sie nickte:"Ja sicher, eine Abweichung deutet auf eine schwere neurologische Störung hin." "Korrekt. Prinzessin und Knut haben diese Veränderungen." Ihr blieb der Mund offen stehen. Wenn sie ihre Unterlagen darüber korrekt in Erinnerung hatte, waren diese Menschen in höchsten Maße eingeschränkt, was sie bei Victoria nun wirklich nicht unterschreiben konnte! Dragan meldete sich, wie in der Schule und kommentierte:"Ich auch." Chris nickte verständnisvoll, er hatte es schon fast vermutet, waren seinen Handlungen doch ähnlich, wie die von Knut. Immer professionell, nie etwas persönliches, nie jemanden zu Nahe an sich heran lassen. "Naja, der Erpel beruht auf einem Hörfehler", kicherte er leise, "ich hatte statt NT, Ente verstanden und angemerkt, daß ich ja wohl ein Erpel wäre." Dragan fing lauthals herzlich an zu Lachen, er bekam sich kaum mehr ein, als ihm die Tränen übers Gesicht liefen, "Chris, der Erpel, wie geil ist das denn?" Victoria kicherte ebenfalls. 

Daniela nickte nachdenklich vor sich hin, plötzlich stand sie auf:"Ich brauch noch einen Snack, kommt wer mit?" Prinzessin blickte Chris an und nickte, dann stand er auch auf:"Ich hol und was. Sind gleich wieder da." 

Als sie etwas außer Hörweite waren, platzte Daniela heraus:"Wie schaffst du es mit ihr?" Er blieb stehen und dachte einen Moment nach. Erinnerte sich an die vielen irrwitzigen Momente, die sie bisher erlebt hatten. Grinsend fiel ihm ein, wie er Prinzessin beschreiben könnte:"Sie macht was sie will, wann sie es will und zu ihren Konditionen. Für sie ist Normal eine Einstellung am Wäschetrockner. Weißt du, sie hat in den letzten Monaten mein komplettes Leben auf den Kopf gestellt. Völlig über den Haufe geschmissen. Mich zum Heulen gebracht, mich herausgefordert und in den Wahnsinn getrieben."

Daniela schaute ihn erschrocken an. "Aber, aber, das ist doch verrückt! Wieso bist du mit ihr dann zusammen?"  

"Weil ich sie liebe, Daniela." 

"Weil du sie liebst", murmelte sie vor sich hin. "Ja, nachdem Prinzessin verstanden hat, daß sie mich ebenfalls liebt, kamen wir zusammen. Das war Freitag vor zwei Wochen." Sie nickte nachdenklich. "Hat sich das Kämpfen gelohnt", fragte sie unschlüssig. 

Chris strahlte sie herzlich an:"Ja, sie schenkt mir ihre Liebe. Ohne wenn und aber. Nimmt mich genau so, wie ich bin. Mit allen Ecken und Kanten. Ebenso, wie ich sie genau so nehme." 

Kurz darauf kamen sie einem Teller voller Köstlichkeiten zurück. 

Grinsend kommentierte Prinzessin:"Ich gewöhne mich langsam an den Abendsnack." 

Als sie aufbrachten, fragte Dragan schüchtern:"Darf ich dich nach Hause bringen, Dani?" Sie blickte ihn warmherzig an:"Gerne doch." Seine Augen leuchteten begeistert. 

Chris half Prinzessin in den Mantel und sie liefen gemächlich nach Hause.