Kapitel 48

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Der nächste Morgen war etwas entspannter. Victoria weckte Chris vorsichtig gegen halb acht. Er hielt Pikachu , wie immer wenn er schlief, fest an sich gepresst. "Hi Chris, aufstehen." Er brummelte unwirsch. Sie zupfte vorsichtig am Pikachu, schon öffnete er die Augen. "Hallo Prinzessin", murmelte er noch vollkommen verschlafen, "komm kuscheln." Victoria schaute ihn irritiert an. Das hatte er nicht ernst gemeint! Suchend tastete seine Hand nach  ihr.  "Aufstehen, Chris", erinnerte sie ihn. Er blickte sie schläfrig an:"Kuscheln." Energisch stand sie auf:"Komm jetzt!"  Dann lief sie ins Wohnzimmer. 

Chris rappelte sich erschöpft aus den Federn. Er hätte für einen Moment mit ihr gemordet! Doch es half nichts, Prinzessin war streng wie ein General, wenn es um Termine ging!  Nach seiner Morgenroutine kam er auch ins Wohnzimmer. 

Sie saß am Tisch und trank Kakao. Er schnappte sich nur eine Tasse Kaffee , doch sie fragte:"Was magst du auf dein Brot?" Ohne lange zu überlegen sprudelte es aus ihm heraus:" Dich mit allem, zum mitnehmen und behalten!" Victoria lachte auf. "Ich liege dir zu schwer im Magen. Wie wäre es mit Erdbeermarmelade statt dessen?" "Wenn ich dich danach endlich mal in den Arm nehmen kann, ja." Sie bestrich ihm sein Brot . 

Nach dem Frühstück räumten sie den Tisch ab. Danach zog er sie endlich in seine Arme. Glücklich hielt er sie für einen Moment fest. 

Victoria versuchte den Moment bewusst solange herauszuzögern, Chris brachte sie fürchterlich durcheinander! Seine After Shave benebelte ihr die Sinne, sie fühlte sich unglaublich wohl bei ihm. Wenn er nicht Knuti-Sans Boss wäre....

"Ich zieh mich an, dann können wir los", damit entzog sie sich ihm," heute steht Mathe auf dem Plan. Muß ich dringend machen. " Chris nickte ergeben. Prinzessin war nebenberuflich General, dachte er im Stillen. 

Kurz darauf stand sie in einem schwarzen Jeansrock mit smaragdgrünem Top und Lederjacke vor ihm:" Auf geht's zum Doc." Sie wollte sich gerade zur Tür wenden, als ihr noch etwas einfiel:" Hast du dir die Nase gepudert?" "Bevor ich zum Frühstück kam, ja." Sie nickte.  Dann lief sie zur Tür. 

Da sie recht früh waren, sehr zur Überraschung von Dr. Avicenna, der das gar nicht von Chris kannte, waren sie schnell bei der Kontrolle durch. Morgen könnten die Fäden gezogen werden, was bedeutete, daß Chris am Freitag schon ein paar Stunden ins Café gehen dürfte. Glücklich grinsend verließen sie die Praxis. Victoria hatte sich bei ihm untergehakt, wie sie es meist tat, wenn sie unterwegs waren. 

Sie liefen gerade durch den Klinikpark, als sie fürchterliches Gebrüll hörten. Chris stellten sich bei dem schrillen Gekreische die Nackenhaare hoch. Selbst Victoria, die sonst wenig zart besaitet war, griff nach seiner Hand. Bruchteile von Sekunden später stürmte eine völlig hysterische Person aus dem Gebüsch in Richtung der beiden!  Chris spannte seine Muskeln für einen Kampf ein. Victoria ließ seine Hand los und machte sich ebenfalls angriffsbereit. 

Die Person blieb abrupt vor ihnen stehen. Ein wahnsinniges Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während sie schwankend auf sie zuging: "Chris, wie gut. Die sind hier verrückt. Du mußt mir helfen!" Je näher sie kam, desto mehr ging er bewusst zurück. Er hatte nicht das leiseste Bedürfnis ihr zu Nahe zu kommen. Gierig strich sie sich über ihre rot verschmierten Lippen :" Ich brauch was, du hast was dabei, gell?" Victoria schaute dem Treiben fasziniert zu. Wie Chris äußerlich gelassen, aber bis zu den Haarspitzen angespannt jede Regung dieser Person beobachtete. Betont sachlich antwortete er:" Leider nein." Ein übler Schrei war die einzige Antwort. Als hätte man einen Schalter umgelegt zischte sie bösartig:"Du lügst!" Sie stürmte auf ihn zu, doch bevor sie ihn erreichen konnte, ging Victoria dazwischen und stellte ihr ein Bein! 

Zwei Pfleger rannten herbei und kümmerten sich um die Frau. "Frau Isenburg, bitte kommen Sie." Victoria erstarrte zur Salzsäule, dieses verhärmte Etwas da, war Sarah! Die gleiche Sarah, die vor wenigen Monaten eine Razzia bei Chris angezettelt hatte! "Was ist denn mit dir passiert", rutschte ihr raus. Einer der Pfleger schaute sie an:" Sie kennen Frau Isenburg?" Verlegen antwortete sie:"Kennen nicht wirklich, sie war Stammgast bei Chris im Café."  

Der andere Pfleger, er hielt Sarah fest , nachdem er ihr Handschellen angelegt hatte,  erklärte:"Frau Isenburg ist bei uns zum Entzug von Chrystal und Heroin. " Sie nickten ihnen noch einmal zu und schleppten eine zeternde Sarah mit sich mit. 

Chris stand unbeweglich, bis zum Zerreißen angespannt auf dem Weg. Victoria eilte zu ihm und nahm seine Hand. Behutsam verflocht sie ihre Finger mit seinen.  Es dauerte einen Moment, bis er sich begann zu entspannen. Bis sie zu Hause abgekommen waren, lies sie seine Hand nicht los. 

Beklommen ging er schweigend in sein Zimmer. Victoria sah im besorgt nach. Die Begegnung mit Sarah hatte ihn zutiefst erschüttert. Sie zog sich erstmal bequemere Klamotten an, dann ging sie , anders als sie geplant hatte nicht an ihr Schulzeug, sondern zu Chris. 

Leise klopfte sie an seine Tür. Vorsichtig drückte sie die Klinke hinunter und trat ein. Er lag leise wimmernd , Pikachu fest an sich gedrückt, auf dem Bett.  Spontan lupfte sie seine Decke und schlüpfte zu ihm. Er drehte sich zu ihr um:"Prinzessin..." Als sei sie auch ein Pikachu zog er sie fest an sich. Sein Herz schlug noch immer, als stünde er im Trommelfeuer von Maschinengewehrsalven. Zärtlich streichelte sie ihn über seinen Rücken, behutsam an seiner Wirbelsäule entlang. 

Chris schnurrte , ihre sanften Streicheleinheiten lösten ein Feuerwerk der Gefühle in ihm aus. Als hätten seine Synapsen nur darauf gewartet in der buntesten Farben zu explodieren! Vorsichtig drückte sie ihre Nägel in Rücken.  Chris stöhnte gierig. Sie hörte sofort damit auf. Unwirsch bat er:"Mehr." Statt erneut ihre Nägel ins Spiel zu bringen , kraulte sie seinen Kopf und seinen Nacken. Allmählich wurde seine Atmung ruhiger , auch sein Herzschlag normalisierte sich wieder. Er zog sie noch ein Stückchen näher an sich. 

Victoria erschrak, wie schnell sie Chris anmachen konnte! So war das nämlich nicht geplant! Sie wollte ihn nur trösten und ihm etwas Ruhe geben. Und jetzt? Lag sie angekuschelt in seinen Armen! Obwohl, es fühlte sich schön an. Er atmete ruhig und gleichmäßig, ein beruhigende Abfolge von leisen Atemgeräuschen. Sie schloss die Augen und hörte ihm zu. Kurz darauf waren sie beide eingeschlafen.

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