Chapter 43

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Yoongi P.o.V.

Dass der Kuss nur ein Versehen, ein Versuch, mich loszuwerden gewesen war, konnte ich mir nun beim besten Willen nicht mehr eintrichtern.
Wütend und verzweifelt kickte ich einen Stein, welcher vor mir auf dem Gehweg lag, beiseite.

So gerne ich ihn auch hatte, seine Geschichte, seine Taten verunsicherten mich. Er hatte oft schon Menschen ausgenutzt, schien oft nicht Herrscher über sich selbst zu sein, leichtgläubig. Wie er nun wirklich zu mir stand, ob er mir die ganze Wahrheit erzählt hatte, konnte ich nicht wissen und ich bezweifelte, dass ich ihm vollstes Vertrauen schenken konnte; dass er sich seinen Fehler, den zweiten Kuss eingestehen und alles gut werden würde.

Trotz allem mochte ich ihn. Ich hatte einfach das Gefühl, verbunden zu sein mit ihm, sehr stark sogar. Da ich noch nie wirklich Freunde gehabt hatte, ging ich fest davon aus, dass diese starken Gefühle, diese Verbundenheit auf eine gute, wenn nicht sogar beste Freundschaft hinführen würde.
Liebe zerstört Freundschaften nur, hatte ich gehört, also würde ich es gar nicht erst dazu kommen lassen. Sich darauf einzulassen, war höchstes Risiko. Also redete ich mir weiter ein, dass dies komplett falsch wäre, das Kribbeln in meinen Lippen, als ich daran dachte, wie sich Jimin's an diese geschmiegt hatten, vor mir selbst bestreitend. Mir einredend, dass er einfach nur verzweifelt und unsicher war.
Mir wieder bewusst machend, dass ich es sowieso nicht wert wäre, dass mich nie jemand mehr als einen Freund sehen würde.
Obwohl ich jeden Tag eine andere Seite, auch die unschönen von diesem Jungen erfuhr, obwohl wir uns öfters nicht verstanden, konnte man nicht leugnen, dass wir einander brauchten. Aber dass er so weit gehen würde?

Ich stieß die schwere Tür auf, sofort drang Musik und schwüle Luft an meinen Körper, umschloss mich, als die Tür hinter mir wieder ins Schloss fiel.
Müde schleppte ich mich an die Bar, ließ mich auf einen Barhocker sinken, mein Blick auf dem Tresen, bis ich die laute Stimme des Barkeepers durch die laute Musik wahrnahm. Ich sah auf in ein leicht lächelndes Gesicht eines jungen Mannes, welcher gerade einen Cocktail mixte. "Kein guter Tag, hm?", fragte er, so laut, dass ich ihn verstehen konnte. Ich bestätigte dies mit einem Brummen und legte mein Kinn in die Handfläche, versank schon wieder in Gedanken.

Ein Glas, das vor mich geschoben wurde, holte mich zurück in die Realität, verwirrt schaute ich darauf, dann auf, in das grinsende Gesicht des Keepers. "Geht auf's Haus", er zwinkerte mir zu, wandte sich dann wieder den anderen Leuten zu.
Seufzend nahm ich das Glas und ohne weitere Gedanken zu verschwenden, kippte ich den gesamten Inhalt herunter, nur um mir dann mit verzogenem Gesichtsausdruck ein weiteres zu bestellen.

So ging das dann ein paar Runden, an weiteres konnte ich mich nicht mehr erinnern, besser gesagt meine ganzen Erinnerungen an den Abend schienen sich durch den Alkohol auf die Reise gemacht zu haben.

Wenigstens hatte ich etwas gelernt aus seiner Geschichte: Vielleicht war Alkohol ein besseres Mittel, zu vergessen, seine Gedanken aushalten zu müssen, als sich selbst zu verletzten.

Jimin P.o.V.

Trotz meines schlechten Gewissens konnte ich nicht anders in Yoongi's Bett, als gut zu schlafen. Tatsächlich hatte ich bin 9 Uhr durchgeschlafen, was nicht sehr häufig für meine Verhältnisse passierte. Durch die wieder aufkommenden Sorgen wünschte ich mir jedoch, gleich wieder einzuschlafen, doch das konnte ich mir abschminken.
Wieder kam es mir so vor, als würde Yoongi direkt bei mir sein, hier in meiner Nähe. Alleine durch den Gedanken, dass es sein Zimmer war.

Mühsam setzte ich mich auf, meine Augen noch halb geschlossen.
Richtig, es war sein Zimmer und er musste es für mich opfern.

Plötzlich vernahm ich ein Rascheln hinter mir, welches mich fast nach vorne fallen gelassen hatte. "Wa-", ich drehte mich um und sprang diesmal freiwillig auf. Neben der Kuhle, in welcher ich gelegen hatte lag tatsächlich ein schwarzhaariger Junge, welcher sich jetzt, wahrscheinlich noch schlafend die Decke über den Körper zog und zufrieden vor sich hin brabbelte, dann wurde es wieder still.

"Was zum Teufel...", verwirrt raufte ich mir die Haare und sah mich im Raum um. Wo zur Hölle hatte dieser Idiot gesteckt, warum hatte er sich zu mir gelegt und WARUM ROCH ES SO VERDAMMT NACH ALKOHOL HIER?

Angewidert hob ich eine schwarze Stoffjacke, welche mitten im Zimmer auf dem Boden, wo sie sich gestern Abend noch nicht befand, lag, und sah den Fleck auf deren Vorderseite. Sie war es also, die so nach Alkohol, irgendeinem Gesöff stank.

Ich hatte dringend mit ihm zu sprechen, ich wollte nicht, dass er so endete. Natürlich wusste ich, dass ich kein Stück besser gewesen war, doch ich wollte nicht, dass er mit solchen Sachen seinen Körper zerstörte, wollte vorallem nicht der Grund dafür sein. Grummelnd verließ ich Yoongi's Zimmer, auf dem Weg zu einer Waschmaschine. Mitten im Flur blieb ich stehen.

Ich hatte keine Ahnung, wo sich eine befinden könnte.

Verzweifelt drehte ich mich in alle Richtungen, das Haus schien noch zu schlafen, Stille lag in dem Flur. In dem Flur eines fremden Hauses, in welchem ich stand und mehr oder weniger wohnte, da ich nicht wüsste, wohin ich gehen sollte, außer zu meinem 'Zuhause', in welchem es wahrscheinlich nur noch mehr bergab gehen würde.

Doch es konnte auch nicht ewig so weiter gehen. Das Wochenende näherte sich, danach begann wieder die Schule und ich müsste wohl oder übel wieder in meinen normalen Alltag starten, was mir schon jetzt Übelkeit herbeibrachte. Bis dahin müsste ich außerdem auch das mit Yoongi wieder geradegebogen haben.

Plötzlich riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. "Du?"
Erschrocken wirbelte ich herum, seufzte erleichtert auf, als nur Yoongi's Schwester vor mir stand. "Ja?", fragte ich, so unschuldig wie es ging. Es war doch nichts weiteres dabei, frühs einen nahezu fremden, seltsamen Jungen mitten im Flur stehen zu haben, welcher einfach nur gedankenverloren mit einer Jacke in der Hand herumsteht.

"Warum stehst du hier seit 3 Minuten?"
"Du hast die Zeit gezählt?", verwirrt zog ich eine Augenbraue nach oben.
"Ähm, vielleicht?", verlegen schaute sie zu ihren Füßen.
"Was ist?"
"Das habe ich doch dich gefragt", gab das Mädchen zurück, musterte mich kurz unauffällig.
"Na schön. Ich müsste etwas waschen. Habt ihr irgendwo eine Waschmaschine?"
"Warum musst du die Jacke meines Bruders waschen?" Skeptisch verschränkte sie die Arme. Ich verdrehte die Augen und wollte zu einer Antwort ansetzen, bis mir auffiel, dass ich wohl keine Antwort hatte. Dass ich erwartete, dass Yoongi's großer Bruder die Frau im Hause spielte und ich Yoongi die Erklärung über den Fleck ersparen wollte, konnte ich ihr wohl nicht erzählen.

"Jetzt mal ernsthaft. Wer bist du? Wie heißt du und was machst du hier?" Etwas überfordert klappte mein Kinnladen herunter. "Das sollte eigentlich nicht so gemein klingen, ich bin übrigens Minah", lächelte sie leicht lachend, während sie verlegen ihren Hinterkopf kratzte. "Schon gut", gab ich schnell zurück, überlegte dann, wie ich es ihr am besten sagen oder welche Lüge ich am besten auftischen konnte. Doch hatte ich nicht schon genug angestellt, war ich nicht schon zu oft durch eingegangene Risiken gescheitert?

"Ich bin Jimin. Park Jimin. Und warum ich hier bin... ist eine lange Geschichte, würde ich sagen", seufzte ich, worauf sie zu mir aufsah, ihre Augen weiteten sich kurz, sodass mein Herz einen Schlag aussetzte. Ich hätte ihr fen Namen doch nicht sagen dürfen!
"So ein Typ, der mich mal angeschrieben hat, heißt auch so", meinte sie, "Yoongi hat sich voll in den verschossen glaube ich", fügte sie hinzu, wodurch mir die Röte ins Gesicht stieg.

"Schön wär's", lachte ich leicht, selbtironisch. Bis ich bemerkt hatte, was ich gesagt hatte und mir auf Minah's verwirrten und sehr skeptischen Blick eine Hand vor's Gesicht schlug, spürte wie die Röte noch weiter in meine Wangen kroch.

"Naja, wie dem auch sei", seufzte sie schließlich, "ich glaube, er hat doch gemerkt, dass dieser Typ nur ein nerviger unreifer Junge ist."
"Unreif?", empört schaubte ich auf, verbesserte mich dann jedoch schnell, "ähm, du hast recht, ziemlich unreif, also von Yoongi's Erzählungen her. Und könntest du mir sagen wo euere Waschmaschine ist?" Zum Glück nickte sie nur skeptisch, führte mich dann zu einem Raum.

Er glich eher einer kleinen Abstellkammer, doch darin befand sich, was ich suchte. ich bedankte mich und wartete, bis sie die Tür hinter sich zuzog, doch sie blieb noch einmal kurz stehen. "Wir sind hier übrigens nicht in einem schlechten Film oder so. Also glaub nicht, dass ich dir das alles abkaufe." Und damit fiel die Tür ins Schloss.

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I Know Your Brother  || Yoonmin ||  Jimin schreibt...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt