Kapitel (41)

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; "Was sind schon alte, hässliche, verblasste Narben im Vergleich zu verletzten Gefühlen und einem gebrochenen Herzen?"

「27. Februar, 1862

"Du bist so ein Dummerchen, Jimin."

Vorsichtig, um ja nicht meinen verbrannten Zeigefinger zu streifen, umgriff Jungkook mein Handgelenk und wickelte ein kaltes, angefeuchtetes Tuch über dieses. Ich zischte leise bei dem unangenehmen Gefühl auf.

"Ich habe dir doch gesagt, dass der Tee noch brennend heiß ist. Und was tust du? Nickst völlig neben der Spur und setzt die Tasse letztendlich doch an deinen Mund an!"

"Tut mir Leid", nuschelte ich mit gesenktem Kopf. "Ich war in Gedanken."

Der Jüngere gesellte sich zu mir, legte einen Arm um meine Schulter und schenkte mir einen besorgten Blick. "Berichte mir von deinem Erschwernis."

"Nein", ich schüttelte lachend den Kopf. "Ich bin gekommen um mehr von dir zu erfahren. Mir stehen noch sämtliche Fragen offen."

Kaum wurde die Aufmerksamkeit wieder auf Jungkook gelenkt, wich er meinen Blicken, sowie meinen Annäherungsversuchen komplett aus. Dennoch fing er wenige Sekunden später an langsam zu nicken, seine dünnen Lippen fein zu spitzen, bevor er mir mit einem bekümmerten Lächeln entgegen kam.

"Bist du mir noch immer böse? Falls ja, kann ich dich in dem Aspekt absolut verstehen. Schließlich war ich naiv und habe die unüberlegte Entscheidung getroffen den Prinzen und dich zurückzulassen. Oder eher gesagt zurück gelassen zu werden."

Ich schnalzte mit meiner Zunge und musterte dabei intensiv meine sauberen, gebundenen Lackschuhe, welche unter dem Licht aus jedem Winkel erstrahlten und mit einem Male so unglaublich interessant auf mich wirkten.

"Ich bin dir nicht böse, nicht im geringsten", flüsterte ich sanft, meine Hände währenddessen nervös ineinander gefaltet. "Enttäuscht trifft es wohl eher."

Beschämt kaute mein Freund auf seiner Lippe herum, wusste sichtlich nicht, wie er darauf antworten sollte, wohlmöglich da ihn Schuldgefühle plagten. Insgeheim wollte ich auch genau diese in ihm hervorrufen, doch ihn leiden zu sehen, hatte ich nicht wirklich im Sinn.

"Ich habe Taehyung wirklich geliebt" hauchte er leise. "Zumindest glaube ich das."

"Habe, sagst du?" Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen, wobei der Braunhaarige nur schwach lächelte.

"Er ist nicht wirklich der Traumprinz, den ich mir erhofft hatte", gestand er mir peinlich berührt.

"Deswegen bist du abgehauen?"

"Nicht nur."

Eine lange Schweigeminute herrschte zwischen uns bis ich mich im Nachhinein räusperte und somit nun wieder die Beachtung des Jüngeren erhielt. Er seufzte, als wolle er mehr Zeit schinden, doch wir beide wussten genau, dass es dazu nicht kommen würde. Meine Neugierde siegte immer.

Ehe ich mich versah, erhob sich Jungkook von seinem Platz und stellte sich mir gegenüber, ein verunsicherter Ausdruck auf seinem Gesicht geziert. Ich legte meinen Kopf schief, da ich nicht ahnen konnte, was er mir zeigen wollte.

Zitternd umschloss er mit seinen Fingern den Saum seines weißen, gepflegten Hemdes, zog es ein wenig hoch, sodass nun der untere Bereich seines Oberkörpers entblößt werden konnte.

Aufgrund dem schockierenden Anblick, der sich mir bot, drohte meine Atmung zu versagen und mein Gehirn zu funktionieren.

Eine lange, große Blessur, welche sich vermutlich bereits entzündet hatte, schmückte die Brust des Jüngeren. Die Schramme glitt von seinem Schlüsselbein bis hinunter knapp an seinem Bauchnabel vorbei, wobei es eine Linkskurve in Richtung Rücken einlegte.

"Jungkook", wisperte ich entsetzt, purer Mitleid und Angst in meinen Augen.

Ich wollte meine Fingerkuppen über seine Verletzung wandern lassen, sie spüren, meinem Freund helfen, doch irgendetwas hielt mich davon ab. Es sah sehr schmerzvoll aus.

"War das Taehyung?", fragte ich bitterernst. Die Bestätigung lieferte er mir nicht, dennoch wirkte er gerissen, als würde er mir die Wahrheit nicht sagen wollen.

"Indirekt", meinte er knapp. "Wir wurden von den Hofwachen erwischt."

"Erwischt?"

"Verdammt, Jimin, ich kann überhaupt froh sein, dass Sie mich nicht auf den Scheiterhaufen geschleppt haben."

Jungkook wirkte verzweifelt, so zerstört und zerbrechlich, als er sein Gesicht jämmerlich in seine Hände vergrub und zu Boden sackte. Mein Herz splitterte bei dieser Sicht in tausend Teile, denn noch nie zuvor durfte ich eine dermaßen schwache Seite des sonst so immer perfekten Butlers sehen.

"Aber sie hätten es getan-"

"Wäre ich nicht geflohen", unterbrach der Größere mich nickend.

Lautlos betrachtete ich den mittlerweile tränenüberströmten Jungen vor mir, ehe ich mich zu ihm hinkniete und seinen schmalen, beschädigten Körper mit Vorsicht in meine Arme nahm. Als wäre er aus Glas, war eine behutsame Umgehungsweise zurzeit die oberste Priorität für mich, wenn es zu Jungkook kam.

"Wie hast du es hier her geschafft? Die zwei Königreiche liegen unendliche Meilen voneinander entfernt."

"Ich bin gerannt und gerannt, habe mich heimlich in die unterschiedlichsten Kutschen geschlichen, bis ich letztendlich an einem Ort angekommen war, indem ich mich auskannte und Kontakte besaß."

Ich nickte verständlich und fühlte mit einem Male mehr Barmherzigkeit als jemals zuvor. Wie viele grausame Nächte musste er in der tiefen Nacht, ohne Schutz und Schlaf, ohne Speis und Trank, unfreiwillig verbracht haben?

"Du bist nun in Sicherheit", versprach ich ihm flüsternd, rieb währenddessen seinen Rücken um ein angenehmes Gefühl auf seinem Körper zu hinterlassen. "Keiner kann dir hier etwas tun. Es ist vorbei."

Der Braunhaarige sagte nichts, sondern platzierte lediglich nur seinen Kopf auf meine Schulter, wobei seine Tränen auf meiner Jacke landeten und darin vertrockneten.

Völlig in Gedanken wanderten meine Augen zu seiner bedeckten Narbe. Mich traf der Schlag, als ich eine wahrheitsgetreue Tatsache begriff:

Diese Strafe hätte auch mir wiederfahren können.

"Jimin?", sprach der Größere leise. "Bitte versprich mir eins."

Ich stellte meine Ohren auf und lauschte den Anweisungen des Jüngeren ganz genau.

"Was auch immer das zwischen dir und Prinz Yoongi sein mag - bitte hört auf damit."




ㅡ「♡」ㅡ

Ich habe keine Ahnung, ob Homosexualität zu der Zeit noch immer verfolgt und bestraft wurde, aber lasst uns zu Liebe und der Richtigkeit des Buches einfach mal so tun, als ob es das wäre. 😂

Røyal Highness ㅡ; YoonminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt