"Manchmal geht es im Leben darum, alles für einen Traum zu riskieren, den außer dir niemand sehen kann ."
Geistesabwesend starre ich auf die kleine Postkarte, auf der dieser Spruch in verschnörkelter Schrift abgedruckt ist. Vielleicht hat sie Recht...
Eigentlich müsste Jin schon lange hier sein und auch, wenn ich weiß, dass es unnötig ist sich Sorgen zu machen, checke alle 30 Sekunden mein Handy mit der Hoffnung auf irgendein Zeichen von ihm.
Grade als meine Geduld zu Ende ist und ich ihn anrufen will, klingelt es an meiner Tür. Wie anstochen springe ich auf, muss mich aber auch direkt wieder auf meiner Sofalehne abstützen, da das für meinen Kreislauf eindeutig zu schnell war und schwarze Pünktchen sofort meine Sicht versperrt hatten.
Etwas langsamer mache ich mich also auf den Weg zu meiner Wohnungstür.
Wenn das jetzt wieder nur der Postbote ist, der mir nur irgendwelche Rechnungen bringt, dann fress ich wirklich einen Besen.
Zu meiner Erleichterung bleibt mir der Besen aber erspart, denn als ich die Tür öffne, steht nicht mein alter, grummeliger Postbote vor mir, sondern Jin, welcher, auch wenn ich es kaum für möglich gehalten hätte, echt fertig aussieht.
"Sorry, dass ich so lange gebraucht hab. Ich hab noch Tee gemacht.", entschuldigt er sich sofort und deutet auf die Thermoskanne in seiner Hand, "Das Ding war nur, dass mein Wasserkocher Kabelbruch oder so hat und somit nicht funktioniert. Bis ich das bemerkt erstmal hatte, ist ja schonmal eine kleine Ewigkeit verstrichen und als ich das Problem dann endlich erkannt hatte, wollte ich auch nicht mit leeren Händen kommen, also hab ich das Wasser im Topf aufgekocht. Und-"
"Komm erstmal rein.", unterbreche ich seinen Redefluss grinsend und trete einen Schritt zur Seite, sodass er an mir vorbei kann, "Sonst holen wir uns hier draußen noch die nächste Unterkühlung."
"Hast Recht.", stimmt mir Jin zu und streift sich seinen Mantel von den Schultern.
Wie kann man allein beim Jackeausziehen so verdammt heiß aussehen? Okay nein, meine Gedanken gehen schon wieder vollkommen in die falsche Richtung. Statt hier weiter sinnlos rumzustehen und Jin anzuschmachten, sollte ich lieber etwas sinnvolles machen.
"Ich hol' mal schnell zwei Tassen.", setze ich meinen Gedankengang auch direkt in die Tat um und verschwinde in meiner Küche.
Als ich zurückkomme, hat es sich Jin, entgegen meiner Erwartungen, noch nicht auf der Couch bequem gemacht, sondern steht immer noch etwas hilflos in meinem Flur herum.
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"Na, komm! Du kannst dich hier ruhig wie zu Hause fühlen.", fodere ich ihn auf und greife nach seiner Hand, um ihn mit auf mein Sofa zu ziehen, wo ich ihm sofort seinen Tee einschenke und uns beide in meine große Kuscheldecke wickle.
Auch wenn es mir wirklich gegen den Strich geht, dass er mir ständig irgendwelche Gefallen tut und ich ihm gefühlt nichts zurückgebe, kann ich trotzdem nicht leugnen, dass Jin in der Decke eingekuschelt mit einer Tasse Tee in der Hand und einer von der Erkältung roten Nase, extrem niedlich aussieht und ich echt froh bin ihn bei mir zu haben. Und damit meine ich nicht nur, dass ich froh bin ihn jetzt bei mir zu haben, sondern, dass ich insgesamt froh bin ihn bei mir zu haben.
"Hab ich was im Gesicht? Oder gibt es einen anderen Grund, warum du mich so anstarrst?", werde ich von Jin aus meinen Gedanken gerissen.
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"Ich schau' dich einfach nur gerne an."
Für manche würde diese Begründung jetzt vielleicht komisch klingen, aber ich hatte Jin ja auch schon meine Liebe gestanden und ihn geküsst, also sollte dieser Satz auch nichts grundlegendes mehr verändern.
"Achja, es gibt noch einen anderen Grund, wegen dem ich hierhergekommen bin.", wechselt er plötzlich das Thema und stellt seine Teetasse auf meinem Wohnzimmertisch ab, "Was genau ist das jetzt eigentlich zwischen uns beiden?"
