Fels in der Brandung

Bonuskapitel 6 -Hochzeitsvorbereitungen (Zümra)

ZÜMRA

„Marriage is about becoming a team. You're going to spend the rest of your life learning about each other, and every now and then, things blow up. But the beauty of marriage is that if you picked the right person and you both love each other, you'll always figure out a way to get through it."

Nicholas Sparks — At First Sight

„Ich kann nicht mehr, Azad", wimmerte ich und ließ mich auf den Beifahrersitz seines Wagens fallen. „Azadîyamin, nur noch dein Hennaabendkleid, dann sind wir mit deinen Einkäufen fertig", versuchte er mich zu besänftigen, doch ich schüttelte mit dem Kopf. „Lass uns doch erst deinen Anzug aussuchen, ich will wirklich kein Kleid mehr anprobieren", ich verschränkte die Arme demonstrativ vor der Brust und hörte, wie Azad leise lachte. „Geht klar, Queen", seine Worte brachten mich unwillkürlich zum Grinsen. „Ez ji te hez dikim (Ich liebe dich)", flüsterte ich, während ich meinen Kopf seitlich anlehnte, um ihn betrachten zu können. Stumm griff er nach meiner Hand und führte sie zu seinem Mund, um mir einen sanften Kuss auf den Handrücken zu drücken. Eine schönere Liebeserklärung gab es vermutlich nicht.

„Frau Balta", er grinste mich kurz frech an — er musste ja irgendwie betonen, dass ich seit drei Wochen seine standesamtliche Frau war. „Ja, jîyanamin (mein Leben)?", fragte ich und legte den Kopf schief. „Nichts, wollte einfach nur wissen, ob du auf deinen neuen Nachnamen reagierst", sein Grinsen wurde — wenn das überhaupt möglich war — noch breiter. „Du Esel — Hülya Teyze hat jedes Mal recht, wenn sie euch so beschimpft", ich lachte kopfschüttelnd und wandte mich zu dem CD-Player seines — ich meinte natürlich unseres — Wagens und legte die CD, die ich für ihn zusammengestellt hatte, in den Player. Lächelnd sang Azad mit Müslüm Baba sein wahrscheinlich bekanntestes Lied — Hangimiz sevmedik (Wer von uns hat nicht geliebt) — mit.

„Herkesin acısı sevgisi kadar, Güzelmiş çirkinmiş ne farkeder? Deli gibi sevmek ruhumuzda var (Jedermanns Schmerz ist so groß, wie seine Liebe. Ganz egal ob schön oder hässlich, verliebt zu sein ist eingraviert in unseren Seelen)", ertönte Müslüm Babas Stimme, mit dem Azad gerade ein Duett performte.
„Sen çok güzel seviyorsun, Azad (Du liebst auf eine sehr schöne Art)", flüsterte ich und nahm seine rechte Hand, die auf dem Schaltknauf lag, zwischen meine Hände. Kurz grinste er mich an, wandte sich wieder der Straße zu und hielt einige Minuten später auf dem Parkplatz von Felix W an.

„Und du bist dir wirklich sicher, dass du keinen Anzug von Boss willst?", fragte ich Azad, während wir Hand in Hand über den Parkplatz liefen um zum Eingang des Geschäftes zu gelangen. „Ja, sehr sicher sogar, azadîyamin (meine Freiheit). Die Felix W. Anzüge sind auch sehr schön", er lächelte mich liebevoll an und führte dazu, dass ich vergaß zu atmen.

Herzlich wurden wir von den Mitarbeitern begrüßt und nach unserem Anliegen gefragt. Nachdem Azad unsere Situation geschildert hatte, wurden wir von einem der Mitarbeiter zu den Anzügen geführt, die in verschiedenen Farben und Ausführungen nebeneinander gereiht standen.
Ohne zu zögern deutete Azad auf einen braunen, einen schwarzen und einen marineblauen Anzug und nickend griff der Mitarbeiter nach den Exemplaren in seiner Größe und ebenso nach verschiedenen weißen Hemden. „Kommst du mit?", Azad deutete in die Richtung der Umkleidekabinen und ich nickte paralysiert. Ich hatte ihn bereits zweimal in Anzügen gesehen, aber das hier war eine ganz andere Liga — es war sein Anzug für unsere Hochzeit.

„Und?", einige Minuten hatte Azad hinter dem Vorhang verbracht und blieb nun vor mir stehen. Sein Anblick verschlug mir die Sprache, sodass ich es lediglich dabei beließ ihn breit anzulächeln und zu nicken. Der braune Anzug — bestehend aus einer Stoffhose, einer Weste und einem Jackett — schmeichelte seiner Statue und betonte besonders seine Brust. „Ich glaube Ihre Verlobte ist von Ihrem Anblick überrumpelt", der Mitarbeiter grinste mich breit an und brachte mich zu einem leichten Lachen. „Da haben Sie vollkommen recht!", bestätigte ich und nickte zustimmend, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Inzwischen hatte Azad mir den Rücken zugekehrt, um sich im Spiegel betrachten zu können. „Soll ich die anderen auch noch anprobieren, oder soll's der werden?", Azad blickte vom Spiegel in mein Gesicht. „Wie du möchtest, jiyanamîn (mein Leben)", ich zuckte mit den Achseln, weil es mir wirklich egal war. Wir hatten nämlich kein Konzept festgelegt. Er nickte verstehend und wandte den Blick auf seinen Körper. „Ich nehme den mit", er lächelte den Mitarbeiter breit an und verschwand schließlich wieder in der Umkleidekabine.