2.

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Der Unterricht an dieser Schule war, soweit ich das mitkriegen sollte, das letzte woran die Schüler dachten.

Beliebt sein. Parties. Sex und "Liebe", stand viel weiter oben auf der Liste und das würde überall deutlich gezeigt. Sogar die etwas stilleren Menschen hier, ließen sich von der Masse mitreißen und wollten unbedingt dazugehören.

Aber ich nicht. Dazuzugehören bedeutet nämlich, sein eigenes Ich zu vergessen und ich mochte, wer ich bin.

Die Stunden bis zur Mittagspause verliefen  schleppend und obwohl ich von jedem anzustarren schien, machte sich keiner die Mühe, mich anzusprechen. Schien mir jedoch nur recht.
In der Pause gingen alle Richtung Cafeteria, um sich dort ihr Essen zu kaufen und sich über den neuesten Tratsch auszutauschen.
Da ich aber meist zu Schulzeiten keinen Hunger hatte, suchte ich mir draußen auf dem Hof einen leeren Platz, was nicht gerade einfach ist, wenn es alleine 1000 Schüler in meinem Jahrgang gibt.

Nach langem  Suchen, ich hatte das Gefühl die Pause wäre fast vorbei, fand ich dann einen etwas ruhiggelegenden Ort im hinteren Teil des Schulhofes. Warum hier kaum einer war, lag wahrscheinlich an den großen Mülltonnen, welche direkt hinter den Bänken zu sehen waren. Aber ich war noch nie besonders pingelig, weshalb ich mich einfach auf einer der Bänke hinsetzte und mein kleines Notizbuch herausholte.

Es beruhigte mich, wenn ich einfach drauflos zeichnen konnte und meine Eltern erzählten mir, dass ich das wohl schon immer getan hätte. Ich wusste zwar, dass ich nicht gerade ein Picasso war, aber das war mir relativ egal.

"Ey, haste Feuer?" Wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und wendete meinen Blick zu der Seite, wo die Stimme herkam.
Ich erblickte ein eher zierliches Mädchen, welches mich mit einer Zigarette im Mund fragend ansah. "Äh... Nein, tut mir leid" antworte ich nur und musterte sie.
Ihre schwarzen Haare waren kurzgeschnitten, eher abrasiert, was ihre großen rot geschminkten Lippen betonte.
Ihr Kleidungsstil war nichts, was ich selbst jemals tragen würde, aber an ihr sah es wirklich gut aus. Sie trug ein schlichtes weißes T-Shirt, darüber eine schwarze Lederjacke, eine Shorts und die Strumpfhose, welche sie darunter trug, war zerissen.
Schwarze Stiefel, die ihr bis zum Knie gingen, zierten ihre Beine und ihre langen Nägel waren ebenfalls rot.

Allem in allem musste ich sagen, dass sie ungewöhnlich und trotz dessen einfach wunderschön aussah.

Als sie merkte, dass ich sie regelrecht anstarrte, fing sie an zu kichern. "Was gibt's? Hab ich irgendwo Kekskrümel?" Ich wurde rot und schüttelte verlegen den Kopf, woraufhin sie kurz auflachte.
"Du bist neu hier, stimmt's ?" Fragte sie mich dann und als ich ihr ins Gesicht sah, konnte ich ehrliches Interesse feststellen, weshalb ich nickte.

"Cool, ich bin Kaila und chille hier öfter mit ein paar Leuten. Meist hier hinten, damit uns keiner von den Möchtegerns abfuckt und du bist?" Sie lächelte mich an und ich musste automatisch mitlächeln. Ich weiß nicht, obwohl ich das nicht gedacht hätte, wirkt sie viel sympathischer wie die anderen aus der Schule. Liegt vielleicht daran, dass sie mit mir redet oder dass sie einfach so ehrlich ist.

"Savannah" gab ich, dennoch ich schüchternd hervor. "Was ein geiler Name, hast du...." Sie wurde unterbrochen, weil ein Junge ihren Namen rief. Wir beide schauten zu ihm und sie stöhnte auf.
"Okay, wir sehen uns Little One" sie zwinkerte mir nochmal zu und verschwand dann, zu dem Jungen.

Naja, er sah ein bisschen älter aus wie ein Junge und er erwiderte meinen Blick. Er stand gut 20 Meter weiter weg, aber trotzdem durchbohrte mich sein Blick und ich konnte spüren, wie mir ein Schauer über den Rücken lief.

Ich schüttelte den Kopf und wandte meinen Blick ab, bevor es auch schon schellte und ich zurück in den Unterricht ging.

Was war denn das für ein Typ? Aber was noch viel schlimmer war, was war das für ein Gefühl, welches ich empfunden habe, als er mich anstarrte. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gespürt, was mich sehr beunruhigte.

Aber wahrscheinlich hab ich es mir nur eingebildet oder mich da in etwas reingesteigert. Außerdem werde ich diesen Jungen wahrscheinlich eh nie wieder sehen, weshalb ich den lächerlichen Gedanken aus meinem Kopf Strich und aufhörte, daran zu denken.

Der restliche Schultag verlief relativ ruhig und gegen Nachmittag konnte ich dann auch wieder nach Hause. Und als ich geradewegs aus dem Gebäude gehen, als ich hinter mir ein "Hey Du!" Hörte. Ich drehte mich um und sah einen Jungen vor mir, ungefähr so groß wie ich, der mich anlächelte. Er hatte wilde, lockige Haare und trug  so eine schwarze "Nerd-Brille", worunter ich grüne Augen erkennen konnte.

"Du bist Savannah oder ?" Lächelte er mich an, wodurch sein Grübchen hervorstach. Ich nickte und lächelte ebenfalls. "Wir sind zusammen im Biologiekurs und ich habe gesehen, dass du relativ gut bist " er scheint nervös zu sein, da er seine Hand in den Nacken legt und ein bisschen rot zu werden scheint.

"Nunja, ich komme gar nicht hinterher und wollte fragen, ob du es mir vielleicht erklären könntest" Ich war in Biologie wirklich gut und sagte deshalb zu.
"Das ist echt super, ich danke dir!" Hier ist meine Nummer, damit wir das besprechen können"

Er lächelte nochmal und ging dann. Er hatte mir einen kleinen Zettel gegeben, wo eine Nummer stand und der Name Edwin. Eigentlich ein schöner Name, aber schon ziemlich unmodern.

Als ich aufblickte, sah ich ihn. Er stand da, an der Wand gelehnt und starrte regelrecht in meine Richtung. Sein Blick verriet gar nichts, nur leere und ich bekam schon wieder dieses komische Gefühl.
Ich wurde rot, senkte den Blick und verließ schnell das Gebäude. Ich meinte, mir eingebildet zu haben, das er geschmunzelt hatte.
Aber aufjedenfall kam mir das alles sehr merkwürdig vor.

Im Auto war es sehr ruhig und auf die Frage, wie es so war, antwortete ich nur mit "Gut". War ja im Prinzip auch so. Sobald wir zuhause waren, speicherte ich Edwins Nummer ein und schrieb ihn erstmal, wer ich bin.

Edwin: "Hey. Nochmal vielen dank, dass du das machst. Wie wäre es gleich morgen, nach der Schule?"

Bekam ich gleich darauf zurück und bestätigte es. Da ich eh nie was zu tun hatte, kam mir das ganz gelegen.
Den restlichen Abend machte ich nichts besonderes, bereitete aber schon alles für den nächsten Schultag vor.

Irgendwas in mir war sehr aufgeregt und ich wusste nicht wieso. Als würde irgendwas spannendes passieren morgen.

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt