10.

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Am nächsten Morgen brauchte ich eine Weile um zu realisieren, was passiert war und als mein Gehirn dann endlich im hier und jetzt ankam, hätte ich schon wieder losheulen können. Jedoch riss ich mich zusammen und begann erneut, darüber nachzudenken, wie sich Will gestern mir gegenüber verhalten hatte. Warum hatte er mich beschützt und vor allem warum war er so für mich da. Es war ja nicht so, dass ich mit ihm befreundet oder seine Schwester wäre. Ich versprach mir selbst, dass ich es noch herausfinden werde und mit dem Gedanken, hob ich meinen Oberkörper.

Das Bild, was sich mit bot, brachte mich leicht zum Lächeln. Mein Vater hatte tatsächlich alle Möbel, welche noch in meinem Zimmer fehlten aufgebaut und er hatte dabei nicht mal Chaos hinterlassen. Neben meinem nun aufgebautem Schrank standen sauber gestapelt meine mit Klamotten gefüllten Kartons. Sofort machte ich mich daran, sie ordentlich auf die Bretter und der Kleiderstange zu sortieren.

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Ich hatte gar nicht bemerkt, wie lange ich tatsächlich dafür brauchte, aber als ich Hunger bekam und auf die Uhr sah, war es tatsächlich schon fast Nachmittag. Meine Eltern waren heute bei meinem Großvater, weswegen ich selbst schauen musste, was ich mir zu essen machen konnte. Im Kühlschrank fand ich aber tatsächlich die Lasagne meiner Mutter und ich hätte sie abknutschen können. Ich machte sie in der Mikrowelle warm und setzte mich mit dem Teller in der Hand aufs Sofa.

Beim Einschalten des Fernsehers wusste ich sofort das nichts laufen würde. Ich war ein Mensch, der sehr eigen war was sowas anging. Im Prinzip bedeutete es, dass ich sämtliches Programm, was man geboten bekommt einfach nur schrecklich war. Ich liebte Dokumentation und wusste, dass das echt schräg war, aber genauso gerne wie ich über alles mögliche las, bildete ich mich auch gerne in Form von Bildern weiter. Jedoch war heute ein schlechter Tag, da die einzigen die liefen die waren eine über Bleistifte und die andere über Mathematiker der Zeit. Und wenn mich etwas noch weniger interessierte als Mathe, dann war es definitv aus welchem Holz ein Bleistift war. Ich seufzte und schaltete den Fernseher wieder aus. Immerhin hatte ich etwas zu essen und es schmeckte köstlich. Aber auch das war nach kurzer Zeit vorbei, weswegen ich den Teller abwusch und wieder im Küchenschrank.

Mit einem erneuten Seufzen schmiss ich mich wieder aufs Sofa und dachte nach. Was könnte ich jetzt tun? Aufgeräumt war alles, auch meine Sachen hatte ich nun endlich in meinen Zimmer einsortiert. Edwin konnte ich nicht fragen, da er erst spätabends wieder zuhause sein würde und meine Eltern bestimmt auch erst. Normalerweise hatte ich immer eine Idee, aber das Buch, welches ich mir gestern gekauft hatte, hatte ich wohl auch verloren.

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Ich wusste nicht, wie ich den Tag rumkriegte, aber tatsächlich schaffte ich es. Okay, ich war auf dem Sofa eingeschlafen und wurde durch das Aufschließen der Tür wach, aber immerhin war es abends. Völlig verschlafen guckte ich in die verdutzten Gesichter meiner Eltern. "Liebling, was machst du denn hier unten?" Fragte dann schließlich mein Vater, worauf ich nur mit den Schultern zuckte. Wir fingen an zu lachen und beide küssten mich zur Begrüßung auf die Wange. "Deinem Großvater geht es gut und wir sollen dich von ihm grüßen" erwähnte meine Mutter gespielt nebenbei, was ich aber bewusst ignorierte.

Er hasste mich. Von klein auf hatteich gemerkt, dass etwas nichts stimmte und das er nur was mit mir unternahm, geschweige denn mit mir redete, weil ihm sonst Oma ein paar Takte erzählt hätte. Als sie dann vor ein paar Jahren verstarb, machte er sich nicht mal mehr die Mühe und ließ es ganz. Bis heute verstand ich nicht, wieso er so zu mir war und was ich getan hatte, damit wir so eine Art von Beziehung hatten. Mittlerweile aber war es mir egal, da ich es nicht einsah, mich um Menschen zu bemühen, die es ganz offensichtlich nicht wollte.

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Der Abend gestern war noch relativ entspannt und endete damit, das wir uns beim 'Mensch-ärgere-dich-nicht' Spielen, fast die Spielfiguren an den Kopf warfen. Aber so war meine Familie und ich liebte sie. Was ich nicht so liebte, waren die Blicke die ich bekam, als ich den Schulflur betrat. Es war, als wäre ich irgendeine Berühmtheit und hätte die Nacht über eine Schlagzeile nach der anderen fabriziert.

"Ja Prinzessin, das ist jetzt dein Leben" ich merkte einen Arm um meiner Schulter und einen Kuss auf meiner Wange. Ich sah nach rechts und sah meinen besten, gut meinen einzigen Freund hier. "Na Edwin, wie war das Wochenende?" Fragte ich ihn und ignorierte seine Aussage, woraufhin er sofort anfing zu schwärmen und mir alles zu erzählen. Und auch wenn ich versuchte, aufmerksam zuzuhören, so vergaß ich alles um mich herum, als wir an Will vorbeiliefen.

Die Art, wie er mir direkt in die Augen sah und wie sich mein Puls erhöhte, erschrak mich. Es war ein merkwürdiges Gefühl, welches ich jedoch nicht ablegen konnte. Ich versuchte, den Blick abzuwenden, schaffte es jedoch nicht und hoffte, dass es keiner bemerkte. Es würde immerhin schon etwas merkwürdig aussehen, wenn das neue Mädchen den gefährlichsten Jungen der Stadt in den Boden starrte.

Aber irgendwas an seinem Blick war anders. Er schaute nicht mehr so kalt und desinteressiert, da irgendwas in seinen Augen aufblitzte, was ich nicht deuten konnte. Als sein Blick aber von meinem Gesicht zu meiner Schulter glitt, wo Edwin seinen Arm breit gemacht hatte, verdüsterte sich dieser wieder und er drehte sofort seinen Kopf weg.

Wie nach einer Trance aufgewacht, kam ich wieder zu mit und schüttelte meinen Kopf.

Was war das denn?

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt