48.

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Ich war in einer Art Nebel gefangen. Ich sah nichts und verstand nur nebenbei ein paar Dinge. Es war wie eine Art Gefängnis, aus dem ich nicht ausbrechen konnte. Der einzige Grund, wieso ich wusste, dass ich nicht tot war, war die Tatsache das ich meine Gedanken klar vor Augen hatte und das ich ganz hinten etwas wie ein Gespräch wahrnehmen konnte. Ich spürte auch, dass mir kalt war und das ich wahnsinnige Kopfschmerzen hatte.

Aber wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht, was ich eigentlich wirklich wollte. Ich hatte Angst, meine Augen zu öffnen. Angst, mich zu bewegen oder einen Mucks von mir zu geben. Ich wusste, was das für Menschen und wie skrupellos sie waren, allerdings wusste ich nicht  was sie mit mir anstellen wollten. Ich hatte ja immerhin überhaupt nichts gemacht und wenn ich ehrlich war, nervte mich das einfach nur. Warum mussten solche Kriege immer so weit ausarten, dass es sogar nicht Familienmitglieder betrifft? Warum musste ich so blöd sein und nicht mit Will darüber reden, dass ich mich unwohl fühlte? Es gab so viele Vorwürfe, die ich mir, meinem Freund oder seiner Familie an den Kopf werfen wollte. Aber ich hatte viel zu viel Angst. Angst vor ihm, was er mir vielleicht antun wird oder Angst davor, wie lange ich bleiben muss. Dass niemand mich finden wird. Ich hatte fast darüber nachgedacht, die Augen einfach geschlossen zu lassen und so zu tun  als wäre ich schon tot. Vielleicht würden sie mich dann einfach liegen lassen oder mich in irgendeine Ecke werfen. Jedoch glaubte ich nicht, dass Jemand wie er nicht wüsste, wie man das überprüfen konnte. 

Außerdem war da etwas in mir, was dagegen ankämpfen wollte. Ich war zwar ein absoluter Schisser und würde mich niemals gegen ihn aufstellen, aber alleine wegen meiner Eltern und Will wollte ich mich nicht tot stellen und die ganze Zeit heulen. Ich wusste nicht, ob ich wegen Will ein wenig stärker geworden war oder ob es einfach daran lag, dass ich so verdammt sauer war, aber auf jeden Fall war ich irgendwie stolz auf mich. Nach dieser Erkenntnis, wurden die Sinne stärker und ich erlebte alle Dinge auf einmal.

Mein Kopf pochte und ich spürte den Schmerz immer stärker. Ich hörte, wie schwere Türen zugeschlagen wurden und wie mehrere Menschen miteinander sprachen. Es waren, soweit wie ich es hören konnte nur Männer und das machte mich wieder nervöser. Es roch sehr nach alten Holz und Schimmel, was mich denken ließ, dass ich vielleicht in einer alten Lagerhalle war oder in einem alten Fachwerkhaus. Sobald ich mich bewegte, knackten alle meine Gelenke und jedes meiner Körperteile wurde von einem ziehendem Schmerz durchzogen. Ich bemerkte auch, dass ich mein Bein nicht so gut bewegen konnte und nahm anhand des kalten Streifen an meinem Fußgelenk direkt an, dass ich wohl festgekettet war. Ich nahm mir viel Zeit, erst einmal alles genau mit meinen Sinnen zu inspizieren. Erst, als ich mir sicher war, öffnete ich langsam meine Augen und wurde, ganz anders wie erwartet von der Dunkelheit überrascht. Nicht so, dass ich nichts mehr sehen könnte, aber schon wieder so weit, dass ich Schwierigkeiten hatte. Ich hob meinen Kopf an, stützte mit meinen Armen meinen Oberkörper auf und betrachtete den Raum.

Ich lag auf dem Boden und als ich die Hände mit diesem absuchte, bemerkte ich das ich direkt an der Wand lag und auch, dass ich mit der Vermutung über meinem angeketteten Fuß recht hatte. Ich seufzte und versuchte weitere Dinge zu erkennen, gab es aber nach einigen Sekunden seufzend auf. Ich fühlte mich wie ein Hund. Nicht nur, wegen des Fußes, sondern auch weil ich einfach in die Ecke geschmissen wurde ohne Rücksicht auf Verluste. Ich wusste nicht wo ich war, wie lange ich schon hier war und wer da draußen nach mir suchte. Mein Körper und meine Kleidung waren eiskalt, mir wurde alles abgenommen, was ich wertvolles an meinem Körper hatte oder vielleicht lag es noch auf der Straße. Mittlerweile war alles ein wenig stiller geworden. Auf der einen Seite fand ich das schön, auf der anderen jedoch ließ es mich über Dinge nachdenken, die ich nicht in meinen Kopf lassen wollte.

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Ich wusste nicht, wie lange ich da so lag und über mein Leben nachdachte. Wie lange ich mir Geschichten ausdachte, wo Will war oder was gerade meine Eltern machten. Ich dachte auch viel über den Tot nach, nicht das ich mir das wünschte, aber ich schloss es nicht aus. Würde man mich finden? Wie würden meine Eltern sich nach dem Tod ihres letzten Kindes fühlen? Ich war ein paar mal kurz davor zu weinen, konnte mich aber Gott sei dank noch zusammenreißen. Ich wollte nicht schwach wirken, nicht zerbrechlich. Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, zu gewinnen und ihm zeigen, dass er das mit mir machen konnte. Auch wusste ich natürlich nicht, wie oder wo Will gerade war, was er machte. Aber sein Vater wäre echt ein Narr gewesen, wenn er wirklich dachte, dass Will ruhig zu Hause sitzt und es einfach akzeptiert.

Ich konnte mir natürlich nicht zu 100% sicher sein, was genau er machte oder wie weit er war.

Aber er wird mich holen kommen. William Carter wird mich retten.

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt