6.

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Dunkelheit. Das war das, was ich wahrnahm und ein merkwürdiges Schaukeln meines Körpers. Ich brauchte eine Weile um zu realisieren, was gerade passiert war und es dauerte nochmal länger um herauszufinden, wie ich meine Augen öffnen konnte. Ich versuchte es mit aller Kraft, jedoch war es schwieriger als gedacht, weswegen ich es einfach noch für einen Moment sein ließ. Es war so friedlich, so ruhig und ich machte mir über nichts Gedanken. Ich glaube, wenn jeder mal so eine kurze Zeit hätte, wo man über nichts nachdenken muss, dann würde einiges auf der Welt ganz anders laufen, dann wären viele Menschen einfach friedlicher. 

"Ich bring sie dorthin, wo es ruhig ist" unterbrach mich eine tiefe Stimme bei meiner inneren Ruhe und sofort fing ich wieder an, mir Gedanken zu machen. Woher kommt diese Stimme, warum bewegte sich mein Körper so eigenartig und was war eigentlich passiert. Warum es mir so schwer fiel, die Augen zu öffnen verstand ich auch nicht wirklich. Aber weil diese Fragen meinen Kopf geradewegs überfluteten, fing ich an, mich anzustrengen und versuchte, meine Augen zu öffnen. Nach einiger Zeit gelang es mir dann auch endlich und ich öffnete meine Augen. Jedoch gelang es mir am Anfang nur notgedrungen und ich konnte nicht so viel sehen.  Mir bot sich ein sehr seltsames Bild, denn ich sah von unten auf einen Hals. Ich kniff nochmal meine Augen zusammen, da ich glaubte ich zu halluzinieren und öffnete sie diesmal vollständig. Ich halluzinierte nicht und das erschreckte mich umso mehr. Ich bemerkte eine starken Griff um meine  Beine und an meinem Rücken. Jetzt wusste ich auch, woher diese Schaukeln kam, denn ich lag in den Armen eines Jungens. Und zwar nicht irgendeinem Jungen, sondern ausgerechnet dem Jungen, der mich so oft anstarrte. Edwin sagte doch , dass er William hieße. 

Ich sah ihn mir genauer an. Er hatte ein markantes Gesicht und ein leichter drei Tage Bart zierte sein Gesicht. Dichte, schwarze Haare fielen ihm leicht vor die Augen und seine vollen Lippen waren zu einem Strich verzogen. Die Arme, welche mich fest im Griff hatten, waren muskulös und auch die Brust, an welche er mich herandrückte, zierten ausgeprägte Muskeln. Seine Augen konnte ich aus dem Winkel nicht erkenne, aber ich wusste das diese eisblau waren. man konnte schon sagen, dass er sehr gut aussah. Aber warum er mich trug und vorallem wohin, konnte ich mir aber immernoch nicht erklären. 

Plötzlich schoss ein stechender Schmerz durch meinen Kopf und ich stöhnte auf. Sofort blieb er stehen und sah mir direkt in die Augen, was mich direkt wieder in den Bann zog. Das Blau seiner Augen stach in das grün meiner und es war, als würde ich in irgendeinem raum stecken. Mein schmerzender Kopf jedoch zerstörte diesen, als ich wieder aufstöhnen musste. "Ich bring dich ins Krankenzimmer" sagte er ernst und sah mir intensiv in die Augen, woraufhin ich nur nicken konnte. Er fing wieder an zu gehen und ich versuchte durch das Schließen meiner Augen den schmerz zu lindern, was jedoch nicht wirklich zu funktionieren schien. 

Die Augen öffnete ich erst, als ich aus den Armen auf etwas hartes gelegt wurde. Ich erkannte, dass es eine Art Liege war, also war ich vermutlich im Krankenzimmer, welches er vorhin erwähnte. Jedoch sah ich hier keine Krankenschwester oder auch eine Lehrkraft, was bedeutet, dass er und ich allein im Zimmer waren. "Du bist ziemlich hart mit dem Kopf aufgeschlagen" unterbrach er mit einer rauen Stimme die Stille und ich sah ihn wohl ziemlich fragend an, da er direkt weiterredete. "Man hat schon gesehen das etwas nicht mit dir stimmt, als du angefangen hast, zu rennen. Kannst du mir mal sagen, was du dir dabei gedacht hast?" als er das sagte, fühlte ich mich leicht angegriffen, da er klang wie mein Vater. Als wäre er irgendwie sauer auf mich oder so, als würde es ihn etwas angehen. "Was kümmert es dich" fragte ich, schon ein bisschen angesäuert und wunderte mich, stark ich dies sagte. 

Auch er schien überrascht zu sein, da er eine Augenbraue hob und den Mund leicht öffnete. dann jedoch kniff er die Augen wieder zusammen und sagte, beinahe noch wütender wie ich war: " Ja, was kümmert es mich eigentlich?" Es schien mir so, als würde er das eher zu sich selbst sagen, wie zu mir, da er dann den Kopf schüttelte, sich durch die Haare fuhr und einmal tief ausatmete. Dann, als ob nichts gewesen wäre, stand er auf und ging zu einem kleinen Kühlschrank, der gegenüber von der Liege stand, öffnete ihn und holte ein Coolpack heraus. Dies legter er in ein paar Tücher und kam damit dann mit dem Stuhl in der anderen Hand zu mir. Er stellte den Stuhl direkt neben mich, setzte sich darauf und legte mir dann ganz sanft das kalte Pack an meinen Hinterkopf. Ich zischte auf, als es meinen Kopf berührte und bemerkte dann, dass er seine Hand beim zurückziehen über meine Wange streifen ließ.Dort, wo seine Hand meine Haut berührte, begann es zu kribbeln und sofort stellten sich alle Härchen an meinem Körper auf. 

Es dauerte eine ganze Weile, in der es einfach still war, bevor die Schulkrankenschwester zu uns stieß und mich für den Rest des Tages freistellte. Sie hatten meinen Eltern wohl schon Bescheid gesagt, dass sie alle zwei Stunden nach mir sehen sollten um die Gefahr einer Gehirnerschütterung auszuschließen. Sie sagte mir auch, dass ich jetzt am besten nicht mehr fahren sollte. Das war der Moment, wo Will wieder aufmerksam wurde. "Ich fahre sie!", sagte er bestimmend, sodass ich mich nicht traute, es abzulehnen. Am liebsten hätte ich ja Edwin gefragt, aber ihn jetzt aus dem Unterricht holen wollte ich auch nicht. 

Zusammen gingen wir aus dem Krankenzimmer und da ich noch meine Sachen holen musste, begleitete er mich noch zu den Umkleiden. Beim Betreten von dieser, blickte ich gleich in die Gesichter von mehreren Mädchen, welche sich wohl angeregt unterhielten, aber sofort verstummten, als sie mich sahen. Schüchtern lächelte ich sie an und sammelte dann meine Sachen zusammen. "Geht es dir gut?" fragte dann eine freundliche Stimme, jedoch kam sie nicht aus der Richtung der Mädchen, sondern von der Tür. Als ich hochguckte erkannte ich Kaila, welche mich aufrichtig ansah. Ich nickte und lächelte sie ebenfalls an, wodurch sie sofort entspannter aussah, Bis sie die anderen Mädchen sah. "Und ihr Weiber erzählt entweder, was so interessant ist oder zischt ab!" sie sagte das in einer viel tieferen Stimme und die Mädchen verschwanden sofort. Mir zwinkerte sie nochmal zu und tat es den anderen gleich. 

Wieder aus der Umkleide, begann Will sofort Richtung Ausgang zu gehen, aber bedacht darauf, dass er mich im Blickfeld hatte. Als ich bei meinem Auto stehen bleiben wollte, pfiff er und deutet dann auf ein anderes. "Wie fahren mit meinem!" antwortete er auf meine nicht gestellte Frage und da er sofort einstieg, konnte ich nicht mal protestieren. Wiederwillig stieg ich auf den Beifahrersitz und guckte ihn böse an, woraufhin er anfing zu grinsen. Ich habe ihn nie auch nur lächeln sehen, aber musste dann doch zugeben, dass er damit absolut umwerfend aussah. 

Ich wusste nicht wieso er das für mich tat oder warum er sich anscheinend Sorgen machte. Und was ich noch nicht wusste war, dass er noch eine viel größere Rolle in meinem Leben spielen wird, wie ich anfänglich dachte. 

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt