8.

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Am nächsten morgen weckte mich kein nerviger Wecker, meine Eltern oder ein komischer Traum. Stattdessen wurde ich durch die Sonne geweckt, welche durch einen kleinen Spalt meiner Gardinen in mein Gesicht scheinen konnte. Tatsächlich war es schon nach elf Uhr und für einen generellen Frühaufsteher wie mich, fand ich das ziemlich ungewöhlich. Aber nach allen Ereignissen von den letzten tagen, hatte mein Körper dementsprechend vermutlich einfach nur Ruhe gebraucht. Mir ging es inzwischen sehr gut und ich merkte nichts mehr von meiner Eskapade gestern. 

Ich duschte sehr lange und überlegte mir auch gut, was ich anziehen wollte. Heute war es relativ kalt und da ich ja raus gehen wollte, zog ich mich etwas wärmer an. Eine enge High Waist Jeans in schwarz und darüber einen grauen Strickpullover. Meine Haare ließ ich offen und legte mir einen schwarzen Parka für später raus. Für die Füße entschied ich mich für einfache Boots, da meine Winterstiefel innen mit Kunstfell ausgekleidet waren und mir das trotz dessen noch zu warm werden würde. Beim Runtergehen, vernahm ich schon den Geruch von Mom's beinahe berühmten Waffeln. Sie versuchte, jedes Wochenende Frühstück zu machen, da sie laut ihrer eigenen Aussage "nie für uns da ist". Meine Mutter ist Ärztin und ich habe absolut Verständnis dafür, sie sieht das jedoch anders. 

Ich küsste meine Eltern zur Begrüßung auf die Wange. "Guten Morgen" trällerten beide fröhlich, wie aus einem Mund, sodass ich nur grinsen musste. Meine Eltern waren das perfekte Paar und ich konnte mich nicht daran satt sehen. Seit der High School kannten sie sich, sind dann zusammen auf das gleiche College, wo mein Dad sie dann endlich überreden konnte, mit ihr auszugehen. Und seitdem sind sie zusammen und es sei, wie man Vater es immer sagte, noch immer wie am ersten Tag und auch wenn ich nicht wusste, wie sie früher waren, so konnte man doch sagen, dass es wirkte, als wären sie gerade erst frisch verliebt. 

"Was hast du heute vor, Mäusschen?" fragte meine Mutter, während sie einen Teller mit warmen Waffeln vor mich stellte. Ich riss mich zusammen und erzählte ihr erst von meinen Plänen, bevor ich mich dann über mein Frühstück hermachte. Sie lächelte mich nur an und das war wie eine Art Erlaubnis. Ich musste meine Mutter eigentlich nach nichts fragen, da sie weiß, das ich sowieso keinen Mist bauen würde, deswegen sage ich ihr immer nur Bescheid und damit war es dann auch okay. "Gut, dann kann ich während du weg bist, auch die Möbel zu ende aufbauen", warf mein Vater ein und meine Augen strahlten noch mehr. Nicht nur, weil mein Zimmer dann endlich fertig sein würde, sondern weil er das auch noch machte, wenn ich weg war. Mein Vater ist ein ziemlicher Tollpatsch, weswegen ich, wenn er etwas handwerkliches tat, immer wegging, damit ich es mir nicht ansehen musste. 

Nach dem Essen half ich noch beim Abspülen und machte mich dann auf den Weg. Ich hatte mir in dieser Stadt eigentlich noch nichts angesehen, bis auf die Schule und war daher relativ unbeholfen. Ich wusste aber ungefähr, wo das Zentrum war, weswegen ich mich gleich in die Richtung begab. Um alles genau sehen zu können und wegen der frischen Luft, entschied ich mich, heute auf das Auto zu verzichten. 

Im Zentrum der Stadt musste ich erstmal staunen, da es sogar sehr hübsch hier war. Sämtliche Bäume, die den Weg zierten, waren mit Lichterketten bestückt und auch die Häuser waren noch altmodisch gehalten. Die Schaufenster, die sich in diesen befanden, passten sich an und strahlten in ihrer Eigenheit. Egal, wie modern die Kleidung oder Geräte waren, die sie dort ausstellten, so sah alles doch so schön altmodisch aus und das gefiel mir sehr gut. Ich sah mich eine ziemlich lange Weile um, ging auch in einige Geschäfte rein, fand jedoch nichts, was mich irgendwie begeisterte, bis ein kleiner Laden meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hunderte von Büchern zierten das Schaufenster und als ich hereinsah, blieb mir fast die Spucke weg. 

Es war eine sehr alte Buchhandlung, beziehungsweise wurde sie in dem Stil eingerichtet. Sofort betrat ich den Laden und es umhüllte mich der Geruch alter Bücher, ich liebte es. Ich schenkte der älter wirkenden Frau, welche gerade ein paar Bücher einsortierte, ein Lächeln und sah mir dann die zahlreichen Regale an. Die Regale selbst gingen bis zur Decke und waren aus einem dunklen Holzton, über welchen kleine Schilder mit dem Namen der Kategorie, welche Bücher man in diesem finden konnte. In einer kleinen Ecke, war so etwas wie eine Leseecke, da alles mit Kissen und Decken ausgelegt war. Alles in Allem war es einfach ein Traum eines jeden Bücherfans. Ich begab mich zu dem Regalen, welche mit "Historische Romane"  betitelt war und sah mich um. Viele dieser Bücher waren schon sehr alt und teilweise sogar mit Staub bedeckt. Je näher ich mir diese Bücher ansah, desto eher wurde mir bewusste, dass entweder keiner mehr Bücher las oder einfach nur diese Art nicht so beliebt waren. Irgendwann fand ich ein Buch, was sehr spannend aussah und setzte mich damit auf eins dieser Kissen. Völlig gespannt begann ich zu lesen und vergaß dabei alles um mich herum.

Erst, als es zu dunkel wurde und ich nichts mehr erkennen konnte, hob ich meinen Kopf. Tatsächlich hatte ich fast über drei Stunden damit verbracht, diese Buch zu verschlingen und war nicht mal fertig. Ich stand auf und streckte erstmal meine Beine durch, welche sich durch das viele Sitzen anfühlten, als würden sie nicht mehr existieren. Weil ich das Buch noch nicht fertig hatte, ging ich zu der Frau, welche hinter der Theke stand. "Möchtest du es kaufen?" ihre Stimme klang ein wenig brüchig, aber dennoch freundlich und ich konnte nicht anders, als grinsend zu nicken. "Hach ist das schön zu sehen, dass junge Leute sich noch für das geschriebene Wort beeindrucken", sagte sie noch, als ich ihr das Geld überreichte und ich konnte sie da tatsächlich verstehen. Ich verabschiedete mich und ging nach draußen. 

Sofort erschlug mich die Kälte und ich bekam Gänsehaut. Auf meinem Handy sah ich, dass es tatsächlich schon fast fünf Uhr Abends war. Ich erschrak. So spät hätte ich nicht gedacht, weswegen meinen Mantel zu machte und mich sofort auf den Weg begab. Ich hatte den Weg zurück kürzer in Erinnerung, aber irgendwas beunruhigte mich. Dank der Jahreszeit war es schon ziemlich dunkel draußen und ich musste aufpassen, wo ich hin trat. Irgendwann hörte ich ein Geräusch hinter mir, klang wie Schritte und ich beschleunigte meine. Ich war ja generell nicht so vorurteilshaft, aber ich war das erste Mal hier unterwegs und wüsste im Zweifelsfall nicht,  wo ich hinkönnte. Als dann noch ein Knacksen dazukam, drehte ich mich erschrocken um und sah, wie der Schatten von Jemandem über die Hauswände glitt. Mein Atmen beschleunigte sich und ich fühlte eine Art Blockade, als könnte ich mich nicht bewegen, denn keine zwei Sekunden, nachdem ich den Schatten sah, spürte ich jemanden direkt hinter mir. 

"Oh angelito. So ganz allein?" hörte ich dann direkt neben mir und ich vergaß zu atmen. Das war der gleiche Kosename, welchen ich von der mysteriösen Nummer erhalten habe, aber die Stimme war mir völlig unbekannt. Ich spürte eine Hand, welche leicht über meine Wange strich und sich dann fest auf meinen Mund legte. "Pass auf, ich mag es nicht, wenn man mir nicht antwortet, geschweige denn, wenn man mich blockiert" isch wollte schrien, aber seine Hand hinderte mich daran. Meine Augen waren vor Panik weit aufgerissen und ich hoffte, dass irgendjemand hier vorbeikommen würde, wurde aber enttäuscht. Seine andere Hand glitt die Seite meines Körpers runter und kniff dann leicht in meine Hüfte. In meinen Augen bildeten sich Tränen und meinem Kopf sah ich mich schon tot in einer Gasse liegen. 

"So heiß" knurrte er fast und zog mich enger an seiner Körper heran. Er roch stark nach Zigarettenrauch und das brachte mich fast zum Würgen. Die erste Träne rollte über meine Wange, als ich seine Lippen an meinem Hals spürte. Ich fragte mich, warum hier niemand war, bis ich sah, dass ich quasi in einer abgelegenen Gasse stand. Wie zum Teufel kam ich hier in?! Seine Hand glitt von meiner Hüfte noch weiter runter, doch bevor er etwas machen konnte, war er plötzlich weg. Die Hand von meinem Mund verschwand und ich spürte niemanden mehr hinter mir. Langsam drehte ich mich um, noch immer liefen mir die Tränen die Wange herunter und ich sag, wie ein Mann auf meinen Peiniger einschlug, bis dieser auf dem Boden liegen blieb. 

Als sich der Unbekannte umdrehte, erschrak ich. Er? 

With all my heartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt